Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

DOI issue:
1. Septemberheft
DOI article:
Donath, Adolph: Die Eröffnung des Berliner Schloßmuseum
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0013

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Herausgeber: Adolph Donatii

7ahrgang t£)2l ü Sepixzmberh.eft

Die 6cöffnung des Bedlnec Sd) toßmufeums

uon

Adolpf)

Otto von Falke, der Generaldirektor der Preu-
ßischen Staatsmuseen, hat schon vor einem halben
Jahre, als es hieß, daß das Berliner Schloßmuseum im
Frühjahr eröffnet werden würde, im „Kunstwanderer“ *)
über die Aufstellung der Sammlungen im Schlüterbau
gesprochen. Nun da das Schloßmuseum erst mit dem
1. September für das große Publikum geöffnet wurde,
möchten wir einige Leitsätze Falkes wiederholen, weil sie
uns zur Rechtfertigung des Planes, das Schloß in
ein Schloßmuseum umzuwandeln, wichtig und wertvoll
erscheinen. „Der Plan eines Schloßmuseums“, schrieb
Falke an dieser Stelle, „war dem Wunsch entsprungen,
das glänzendste Denkmal unserer Raumkunst durch pfleg-
liche Behandlung zu erhalten und öffentlich zugänglich
zu machen. Die ganz irrtümliche Ansicht, daß diese
weiten und festlichen Prunkräume sich auch zu profanen
Nützlichkeitszwecken eignen würden, hatte unter dem
Druck der zunehmenden Behördeninflation und Raumnot
den Anspruch geweckt, das Schloß für Büros und der-
gleichen preiszugeben. Den besten Schutz gegen solchen
Mißbrauch eines dauernder Pflege bedüiftigen Kunst-
denkmals, der in kurzer Zeit dessen Ruin herbeiführen
mußte, bot die Umwandlung in ein Museum.“

Die Arbeit, die Falke hatte, war schwierig, oft un-
geheuer schwierig, denn es ging vor allem darum, die
Schätze des Kunstgewerbemuseums durch die Pracht der
Schloßräume, die bisweilen eine Überpracht ist, nicht
erdrücken zu lassen. Aber das schwierige Werk ist ge-
lungen: Wir dürfen ohne Einschränkung sagen, daß das
Berliner Schloßmuseum heute eine der größten
Sehenswürdigkeiten der Welt ist. Und die

*) „Der Kunstwanderer“ 1. Märzheft 1921.

Donatf)

internationale Museumswelt wird anerkennen müssen,
daß die Schaffung dieses Museums eine museale Tat
bedeutet, die von vorbildlicher Größe ist. Indem Otto
von Falke, der erfahrene Museumspraktiker, dem das
Kunstgewerbemuseum zu Berlin seinen Aufschwung ver-
dankt, aus den Sammlungen seines Kunstinstituts bloß jene
Qualitätsstücke hervorholte, die in dem Prunk der Schloß-
räume nicht unansehnlich wirken sollten und die er
trotzdem übersichtlich aufstellte, hat er manches Rätsel
des S c h a u - Sammlungssystems hervorragend gelöst.
Und für die noch zu schaffende S t u d i e n sammlung —
die Räume sind bereits vorbereitet — ist noch so viel-
fältiges Material vorhanden, daß alle Spezialisten auf
ihre Kosten kommen werden.

Falke mußte sich an die A r c h i t e k t u r der Räume
halten. Hätte er mit ihr nicht zu rechnen gehabt, dann
hätte man im Erdgeschoß mit dem Mittelalter beginnen
und im Obergeschoß mit dem Kunstgewerbe der Gegen-
wart schließen können. Da aber im Erdgeschoß (von
Haus aus) die sechs Bauvais-Teppiche aus der Folge
der „Götterliebschaften“ nach Boucher hängen, mußien
die (auch im Stil der Zeit entworfenen) Säle naturgemäß
das Kunstgewerbe jener Epoche aufnehmen: französische
und deutsche Möbel von 1750 bis gegen 1790, Bronzen
von Clodion und Thomire und Sevres-Porzellan. Alle
diese Räume sind, abgesehen von dem künstlerischen
Werk der Einzeldinge, bis ins Kleinste so harmonisch
auf den Ton der Zeit gestimmt, daß wir es nicht als
widernatürlich empfinden, wenn wir plötzlich aus dem
Rokoko um Jahrhunderte sozusagen zurückgeworfen
werden und uns zwei romanischen Räumen gegenüber-
sehen, in deren erstem das Karolingische Reliquiar aus
Enger, die frühen Kupferschmelzarbeiten und die früh-

3
 
Annotationen