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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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2. Aprilheft
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Aus der Museums- und Sammlerwelt / Kunstauktionen / Kunstausstellungen / Penell über Amerikas Sammlertum / Schweizerische Kunstchronik / Rothschild-Vermächtnis für das Louvre / Londoner Kunstschau / Jahrbuch für Kunstsammler / Alte und neue Graphik / Kleine Kunstchronik / Werbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0443

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Aus dec jvtufeumss und Samtulet’ioelh

Don don Sammlungen deü fefte Coburg.

Die \\ iederaufbauarbeiten aui der Feste Coburg nehmen
trotz der Not der Zeiten unter Aufsicht und mit Unterstützung
der Bayerischen Staatsregierung rüstigen Fortgang. So konnte
unlängst das Richtfest des an der Nordseite den Westhof ab-
schließenden sog. Kongreßbaues feierlich begangen werden. Mit
ihm wird der letzte, auch für Sammlungszwecke bestimmte, Bau
seiner Vollendung zugefiihrt. Inzwischen ist unter Leitung des
neuberufenen Direktors Prof. Dr. Ludwig Kaemmerer mit der
Neuordnung der durch den Umbau arg bedrängten Kunst- und
Altertumssammlungen begonnen worden. Im gewölbten Erd-
geschoß der steinernen Kemenate sind die Jagd- und Prunkwaffen,
Jagdtrophäen und Jagdbilder Wolfgang Birkners mit einer Aus-
wahl der wertvollsten Wagen und Schlitten zu einem
wirkungsvollen Bild von der prachtliebenden, herzoglichen Hof-
haltung zur Zeit Johann Casimirs (t 1633) vereinigt. Im Rüstsaal
des ersten Obergeschosses soll wie vordem die reiclie Sammlung
von Schutz-, Trutz- und Turnierwaffen unter dem sachverständigen
Beirat des Münchener Waftenforschers Dr. H. S t ö c k 1 e i n im
Laufe des Sommers ihre Aufstellung finden. Im Treppenhaus, das
die beiden Obergeschosse verbindet, kommen die sechs großen Ge-
mälde von Jan Cornelis Vermeyen, die Vorlagen fiir die Brüsseler
Gobelinfolge W illem Pannemakers (Karls V. Feldzug nach Tunis
1535. Wien, Madrid) bilden, zu wesentlich besserer Geltung
als bisher.

Von dem Flur des zweiten Geschosses der durch zwei Gobe-
lins im Groteskenstil Jean Berains (mit der Signatur „Peux ä
Schwobac“) farbig gestimmt und mit einigen Schnitzwerken des
XV. und XVI. Jahrhunderts ausgestattet ist, betritt man die beiden
Räume, die die bisher zersplitterte und unzulänglich magazinierte
Skulpturensammlung der Feste in übersichtlicher und eindrucks-
voller Gruppierung zum ersten Mal in ihrer vollen Bedeutung ans
Licht stellen. Das Vesperbild aus der Dorfkirche zu Scheuerfeld,
das mit der engverwandten Pietä aus dem Ursulinerkloster zu
Erfurt in neuester Zeit als Archetyp einer langen Denkmälerrei’ne
so lebhaft den Spürsinn der Forscher beschäftigt, bildet — in einer
farbigen Rundbogennische der Südwand, von zwei fränkisch-
böhmischen Altarflügeln aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts
eingerahmt, — die Dominante des ersten Raurnes. Daneben be-
ansprucht der aus der gleichen Kirche stammende, leider ver-
stümmelte, Cruzifixus (um 1420) durch seine herbe Großförmigkeit
allerdings die gleiche Beachtung. Eine Reihe von sitzenden Ton-
aposteln des 14. Jahrhunderts, die — einer coburgischen Dorf-
kirche entstammend — in einem Predellenkasten aufgestellt sind,
erweitert in erwünschter Wreise unsere Kenntnis von der spät-
mittelalterlichen Tonplastik Frankens, die sich bisher hauptsächlich
auf die bekannten Arbeiten in Kalcreuth, Landshut und dem Ger-
manischen Museum stiitzte. Gegenüber der Pietä aus Scheuerfeld
fand die Madonna aus der Coburger Heiligkreuzkirche, die hervor-
ragende Arbeit eines WVrkstattgenossen Tilman Riemenschneiders,
umrahmt von den zum gleichen Altar gehörigen Reliefs (deren
eines leider noch 1892 seinen Weg ins Germanische Museum ge-
funden hat) ihren Platz. Acht Reliefs eines Marienaltars aus
Mönchröden (um 1510) und zahlreiche andere Schnitzwerke des
XV. und XVI. Jahrhunderts vervollständigen den Bestand spät-
mittelalterlicher Kunstwerke dieses Raumes, in dem auch noch eine
Vitrine mit kirchlichem Cimelien (dem spätkarolingischen Evange-
liardeckel aus Gandersheim, dem Hedwigsglas aus Luthers Besitz,
einem byzantinischen Emailreliquiar u. a.) ihre Aufstellung
finden soll.

Der zweite, durch einen Korridor von diesem abgetrennte
Raum enthält als wirkungsvollsten Schmuck der südlichen Schmal-
wand einen sehr reichgeschnitzten Nürnberger Säulenschrank aus
der Hälfte des 17. Jahrhunderts, einen wahrscheinlich der Fest-
werkstatt in Nürnberg entstammenden, grünglasierten Ofen und
andere Hafnerarbeiten der Zeit. Daneben haben hier zahlreiche
Holzskulpturen der thüringisch-fränkischen Schule des XVI. Jahr-
hunderts, die im Florisstil ausgeführten Wangen eines Chorgestühls
aus der Coburger Burgkapelle und kleinere Gobelinwebereien

lhren Platz gefunden, sowie ein bemerkenswerter, gemalter Altar-
Tlngel des XVI, Jahrhunderts, dessen Vorderseite eine Darstellung
des jungsten Gerichts mit Nachklängen des späteren Schäuffelein-
stils zeigt, während die Malereien der Rückseite (h. Elisabeth und
h. Magdalena) offensichtlich aus der Werkstatt Cranachs hervor-
gegangen sind, dessen Schlangenzeichen mit der Jahreszahl 1519
aber wohl erst später hinzugefügt wurde. _

Der Anfang der Neuaufstellungsarbeiten berechtigt zu der
Hoffnung, daß nach Beendigung der einstweilen noch störenden
Bauarbeiten auf dem Burgelände der hier vereinigte Kunstbesitz
es sei nur der Kupferstich- und Zeichnungssammlung von un-
bestrittenem W’eltrang sowie der außerordentlich reichen Gläser-
und Fayencensammlung gedacht, die ebenfalls im Laufe des
Sommers ihr Risorgimento erleben soll — eine reiche Quelle der
Anregung und des Genusses nicht nur für die einheimischen Be-
sucher, sondern auch für ausw'ärtige Forscher und Kunstfreunde
bilden wird. ^

*

Die B i b 1 i o t h e k des Kunstgewerbe-Museums
zu Berlin hat für April und Mai 1922 in ihrem Lesesaal gemeinsam
mit der Bibliothek des Vereins Herold eine Ausstellung , A11 e
W a p p e n k u n s t eröffnet. Sie umfaßt Wappenhandschriften des
14.—18. Jahrhunderts, Wappen- und Adels-Diplome, Entwürfe zu
W appenscheiben aus dem 15.—17. Jahrhundert, ferner Druckwerke
des 15.—18. Jahrhunderts: W'appensammlungen, alte Vorlagen fiir
W appenschmuck, Wappen als Verleger- und Bücherzeichen.

Thomas Rowiandson,

Blick in ein englisches Auktionshaus (Aquatinta)

Auktion bei Amsler und Ruthardt, Berlm

KunffauKtionen.

Beültru

Die Auktion, die Max P e r 1 am 28. und 29. April veranstaltet,
bringt seltene illustrierte Bücher des 18. und 19. Jahr-
hunderts, ferner eine Chodowiecki-Sammlung und schöne Ein-
bände. Der Katalog führt 1250 Nummern auf.

*

Der Katalog der Graphiksammlung, die, wie mitgeteilt, im
Anschlusse an die Auktion der Lithographien-Sammlung Dr.
Politzer ei Amsler und Ruthardt (15.—18. Mai) verstei-
gert wird und auch Originalradierungen von Reinbrandt in
Doppelstücken der Staatlichen Museen zu Berlin
enthält, ist soeben erschienen. Unter den 951 Nummern sehen wir
125 Blätter von Rembrandt, darunter wohl als Hauptstück den
„Faust“ des II. Zustands, ferner die prachtvolle „Kreuznahme bei
Fackelschein“ (1. Zust.), „Rembrandts Mutter mit schw arzem
Schleier“ und zahlreiche andere von den geschätzten Radierungen
des Meisters in hervorragenden Drucken. Vorzüglich vertreten
sind daneben Dürer, H. S. Beham, Lucas van
Leyden, Ostade, Callot, Goltzius, Chodowiecki,
R o w 1 a n d s o n u. a.

*

Holstein und Puppel versteigern am 22. und 23. Mai
neben einer reichhaltigen Chodowiecki - Sammlung auch eine
sehr wertvolle Serie von Lithographien usw. Der KataiOg
wird hier noch angezeigt werden.

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