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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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1. Septemberheft
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Donath, Adolph: Die Eröffnung des Berliner Schloßmuseum
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Braun, Edmund Wilhelm: Die Oktober-Auktion deutscher Fayencen im Wiener Dorotheum
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0019

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Mitte Oktober kommt im Wiener staatlichen Ver-
steigerungsamt durch dessen Kunstabteilung neuer-
lich eine Abteilung des ehemaligen Kupstbesitzes aus
den beiden nahe an Salzburg gelegenen Schlössern zu
Klessheim zur Versteigerung. Es sind nur Fayencen,
gegen 600 Stück, und dreiviertel dieser stattlichen Anzahl
sind deutsche Arbeiten, in der Mehrzahl solche mit
Blaumalerei aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Daneben finden sich auch wertvolle bunte Fayencen
und zwar sowohl mit Scharffeuerdekor, wie mit Muffel-
farbenmalerei.

Was dieser Sammlung einen besonderen wissen-
schaftlichen Wert verleiht, ist der Umstand, daß von
einigen der führenden Fabriken ganze Serien von Fa-
yencen in allen möglichen Formen und Dekorationsweisen
vorhanden sind, die einen überaus lehrreichen Überblick
iiber alle die mannigfaltigen Typen der Bemalung und
der Modelle gewähren. In erster Linie gilt dies für die
beiden, zu den ältesten deutschen gehörenden Manufakturen
zu Frankfurt a. M. und Hanau, aus denen mehr als 100
der vorhandenen Fayencen herriihren. Auch unsere
Kenntnis der Maler- und Fabriksignaturen wird in er-
freulicher Weise erweitert und es erscheinen deshalb
auch im Katalog sämtliche Marken in Originalgröße re-
produziert. Wir können an der Hand des vorhandenen
Materials unschwer die verschiedenen Typen des Dekors
sowie die Eigenart der besten und besseren Maler er-
kennen, wodurch die kunstgeschichtliche Forschung auf
diesem Gebiete sicherlich gefördert wird, besonders wenn
außerdem noch wichtige Datierungen vorhanden sind.

Der Katalog wird eine eingehendere Würdigung
dieses reichhaltigen Bestandes im Vorwort geben; hier
sollen an der Hand von Abbildungen einige besonders
bemerkenswerte Stücke besprochen werden.

An der Spitze der Frankfurter Arbeiten stehen zwei
kleine runde Teller in Blaumalerei, die auf dem flachen
Rande Rankenwerk mit geflügeltem Engelsköpfchen und
stilisierten Putten tragen, während der eine im Fonde
einen auf dem Fasse reitenden Bacchusknaben zeigt
(Abb. 1), ein Motiv, das in der deutschen Keramik sowohl
in der Malerei wie in der Plastik, bis in die Mitte des
16. Jahrhunderts zurückgeht; das Miitelfeld des zweiten
Tellers zeigt die Anbetung der Schlange in der Wüste.
Diese „History-teller“, wie sie ein Fabriksinventar aus
dem Jahre 1693 nennt, sind also der Zeit zwischen ca.
1670 und dem obengenannten Jahre zuzuschreiben und
die Anzahl solcher erhaltenen Stücke mit figuralem Dekor
ist nicht groß. Dasselbe Inventar nennt auch „feine“
Krüge mit Purpurmalerei, denen wir einen Enghalskrug
mit einem durch eine Masche verbundenen Blumenstrauß
zuzählen dürfen. Überraschend reichhaltig sind in

der Sammlung Frankfurter Fayencen mit den figuralen
flott und sicher gezeichneten Chinoiserien in Landschaft
vertreten, Schüsseln von verschiedener Form, gestauchte
und birnförmige Krüge, Schalen usw. Auch hier können
wir mindestens zwei Malerpersönlichkeiten festlegen, von
denen der bessere eine der in der Fabrik sehr beliebten
neunfach gebuckelten Schüsseln bemalt hat (Abb. 2). Diese
außerordentlich charakteristisch wiedergegebenen leben-
digen Chinesengruppen, das landschaftliche und architek-
tonische Beiwerk sind so persönlich, daß die Malereien
dieserGruppe sicherlich alle demselben Pinsel entstammen.

Noch viel reichhaltiger ist das Material an Hanauer
Fayencen in allen Formen und Dekoren.

Eines der frühesten Stücke ist ein in Scharffeuerfarben
bemalter Enghalskrug mit der Darstellung einer Frau, die
ihren Gatten mit dem Kochlöffel prügelt; darüber stehen
als Inschrift die Worte, auf denen die Frau ihre Hand-
lung begleitet. Der Krug gehört sicherlich noch dem
Ende des 17. Jahrhunderts an. Ein weiterer Enghalskrug
mit der Standfigur des Apostels „S. Mathias“ findet seine
Analogien in anderen Hanauer Fayencen mit solchen
Apostelgestalten und gehört in’s erste Viertel des 18. Jahr-
hunderts.

Außerst reizvoll ist ein kleiner bauchiger Krug mit
schräg gewundener Wandung, die mit zierlich gezeich-
neten Streublümchen in Mangan bemalt ist; montiert ist
das Gefäß in vergoldeter gleichzeitiger Bronzemontierung
mit fein gepunztem Deckeldekor.

Daneben finden wir zahlreiche Fayencen in Blau-
malerei, Krüge und Schüsseln in allen möglichen Formen
mit figuralen Chinoiserien, mit stilisierten Blumen, so-
wohl ostasiatischen wie „deutschen“, mit Tieren, mit
Vögeln auf Zweigen, Bären usw., dann Krtige mit
Wappen und solche mit figuralen, meist religiösen Dar-
stellungen, z. T. mit der öfters geübten Konturvorzeich-
nung in Mangan. Ich will nur ein charakteristisches
Beispiel herausheben (Abb. 3), eine runde Schüssel mit
gewelltem Rande, die über die ganze Fläche eine figurale
Chinoiserie in Landschaft mit architektonischer Staffage
trägt und außerdem sehr hübsch den Unterschied zwischen
den eleganten schwungvollen chinesischen Figuren der
Frankfurter und den mehr spießbürgerlich gezeichneten
der Hanauer Maler veranschaulicht. Eine zweite, dieser
Schüssel nahe verwandte, gibt uns auch die Möglichkeit
einer genauen Datierung dieser Gruppe, denn sie trägt rück-
seitig die ftir Hanau öfters nachweisbare Blaumaler-
signatur Sa, außerdem eine eingeritzte Formerbezeich-
nung SM und das Datum 1713; diese beiden Marken
sind in Spiegelschrift und vertieft angebracht, woraus wohl
zu schließen ist, daß sie im Modell erhaben aufgetragen
waren.

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