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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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2. Januarheft
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Rein, Erich: Düsseldorfer Bildnismalerei der Vergangenheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0267

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A uch heuer hat der Kunstverein für die Rheinlande
und Westfalen in Düsseldorf seine Tätigkeit im
neuen Jahre mit einer historischen Ausstellung be-
gonnen, der „Düsseldorfer Bildnismalerei
der Vergangenheit“. Dieser Versuch der Über-
sicht über eine malerische Sonderaufgabe ist zustande-
gekommen durch die Zusammenarbeit von Kunstverein
und den Düsseldorfer Städtischen Kunstsammlungen, vor
allem aber wird sein Gelingen dem Findergeschick und
Finderglück des Kustos Dr. Walter Cohen verdankt.
Die Mehrheit der Ausstellungsstücke — Gemälde und
Zeichnungen entstammt dem einheimischen Privat-
besitz, der Rest den Kunstsammlungen und der Akademie.
Die historische Linie selzt mit
den letzten Jahren des 18. Jahr-
hunderts ein und läuft durch
das ganze 19. Jahrhundert,
wenn auch der Nachdruck
sichtlich auf den frühen Jahr-
zehnten ruht. Im Verlaufe
dieser Linie treten eine ganze
Reihe Namen in die Erschei-
nung, die halb oder gänzlich
in Vergessenheit geraten sind,
andere tauchen hier mit-Werken
auf, die so ganz anders geartet
sind als die, mit denen sie
sonst in der Kunstgeschichte
verbunden werden. Es zeigt
sich in andeutenden Um-
rissen, daß neben der Abb. !.
typischen „Düsseldorferei“ mit
ihrem hohlen, theatralischen Pathos in der Historiendar-
stellung und der verlogenen Süßlichkeit in der Genre-
malerei eine intime Düsseldorfer Kunst gelebt hat, die
mit ihren wesentlichen Zügen — phrasenlose Sachlich-
keit, Ehrlichkeit dem Naturgtbilde gegenüber — auch
der Gegenwart noch voller Werte ist. Diese Erkenntnis
ist das hauptsächliche Ergebnis der Ausstellung, das auch
über den Düsseldorfer Kunstkreis hinaus die Allgemein-
heit angeht. Ein sehr erwünschter ergänzender Baustein
ist so beigebracht worden zur „Deutschen Jahrhundert-
ausstellung“, die bei der Repräsentation der westdeutschen
Kunst stark lückenhaft bleiben mußte.

Diese künstlerische Darbietung ist ähnlich wie die
vorjährige Ausstellung alter Kunst wieder sehr geschickt
in die ausgezeichneten Räume des Kunstvereins ein-
geordnet worden. Jedem einzelnen Raum ist eine be-
stimmte Atmosphäre gegeben worden. Der erste Raum
ist erfüllt von Werken des pathetischen, sich so oft zu
einer künstlichen Größe hochsteigernden Klassizismus.
Hier hängen die Porträts von Etienne Maria Kolbe
(1806—1835), dem Sohne des Goethe-Kolbe, Heinrich

Christoph (1772—1836), dessen Bildnis der Tochter so
aufschlußreich das Zusammenfließen des klassizistischen
Großheitsdranges (in dem abschließenden Vorhang) und
einer intimen Biedermeierstiinmung (in dem Stilleben des
Nähzeuges) aufweist. Weiterhin sind hier die Arbeiten
des koloristisch sehr bemerkenswerten Egidius Mengel-
berg (1770—1849), ein Frühwerk von Peter von Corne-
lius, ein Selbstbildnis von Wilhelm von Schadow, dem
eigentlichen Begründer der Düsseldorfer Schule und
schließlich die prachtvolle Familiengruppe Henoumont
von Wilhelm Krafft, repräsentabel und intim in Farbe
und Zeichnung, ein gegebener Übergang zum Hauptraum,
der sein Gepräge erhalten hat durch die prächtig ge-

malten, von wirklicher Größe
erfüllten Bildnisse der Damen
Böninger von Johann Peter
von Langer (1756 bis 1824),
dem zweiten Direktor der
Düsseldorfer Akademie als
Nachfolger Lambert Krahe’s,
durch das Bildnis der Mutter
von Alfred Rethel, durch das
lebendig gemalte Reiterbild des
Rittmeisters Barden (Abb. 1)
von Emanuel Leutze (1816—
1 868), dann durch zwei Damen-
bildnisse von Ludwig Knaus.
Damit sind wir mitten in der
intimen Malerei um die 50 er
Jahre des vergangenen Jahr-
hunderts herum. Sie ist der In-
halt des dritten Raumes mit den
stillen, sachlichen, feinen Arbeiten von Ludwig Holthausen
(1807—1890), von Friedrich Boser (1809— 1881), von
Peter Schwingen (1815—1863), von Louis Blanc (1810
bis 1885), von Gerhard von Reuteren (1794—1865), von
dem nachmals in Düsseldorf verstorbenen Schweden
Ferdinand Fagerlin (1825—1907) (Abb. 2), von Johann
Peter Hasenclever (1810 1853). Zeitlich gehören in

diesen Zusammenhang auch die Bleistiftzeichnungen von
Eduard Bendemann (1811—1889) (Abb. 3) und von An-
dreas Müller (1811 — 1890). Die Luft der 30 er Jahre
scheint dem Entstehen und der reifen Blüte einer ehrlich
phrasenlosen, intimen Bildniskunst sehr günstig gewesen
zu sein. Das bestätigt dieser kleine Biedermeierraum
nachdrücklichst. Der obere Hauptraum führt die histo-
rische Linie dann fort und gegen das Ende des Jahr-
hunderts hin. Das Bildnis der Maria Sohn von Wilhelm
Sohn (1829—1899) gemalt (Abb. 4), das feine Bildnis
der Mutter von Karl Hoff (1838—1890), die Frauenbild-
nisse von Louis Kolitz (1845 — 1914), das Bildnis der
Frau Euler von Benjamin Vautier (1829—1898), das Bild-
nis des Herrn Paffrath von Ludwig Bokelmann (1844

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