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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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1. Dezemberheft
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Engelmann, Max: Das Krippenwerk des Augsburgers Hans Schlottheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0181

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l. Dezemberheft

Das Ktnppeniüeck des Augsbucget’s Hans Scbtottbeim

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jvlax Sngetmann

\\/eihnachten durch dramatische oder figürliche Dar-
* * stellungen der Geburt des Heilands dem Gemüt
näher zu bringen, ist eine uralte Sitte. Schon Papst
Sixtus III. (432 — 40) verrichtete in der von ihm erneuerten
Basilika des Liberius auf dem Esquilin, an einem beson-
deren Krippenaltar, den Weihnachtsgottesdienst, wobei
eine Hostie als Chistkind in die Krippe gelegt wurde.
Seit dem 7. Jahrhundert ,,Kirche der Maria zur Krippe“
benannt, wurden in dieser Basilika die Überreste der ur-
sprünglichen Krippe aufbewahrt. Ein wichtiger Anstoß
zu ihrer späteren Entwicklung, mag in jener Weihnachts-
krippe gelegen haben, die Franz von Assisi 1223 im
Walde von Greccio errichtete. Ochse und Esel wurden
zu dieser mit Heu gefüllten Krippe geführt und des
Franziskus ins Waldesdunkel gesprochenen feurigen
Worte mögen bei dem zuströmenden Volk tiefe Weih-
nachtsstimmung ausgelöst haben. Seit dem Mittelalter,
bis auf den heutigen Tag, hat die katholische Kirche das
Aufstellen von Krippen zum Christfest, in der Kirche
selbst, gepflegt, wenn auch diesem poesievollen Gebrauch
aus den Reihen der eigenen Geistlichkeit schon sehr früh
Gegner entstanden. Dieser Brauch war aber schon um
die Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert in die nicht
kirchlichen und häuslichen Weihnachtsfeiern übergegangen
und die Krippe zur Wiege gewandelt. Luthers: ,,Vom
Himmel hoch, da komm ich her“ erinnert deutlich daran
und gibt sich in jener viel gepflegten dramatischen
Form des ,,Krippelspiels“ und ,,Kindelwiegens“, das zu
den figürlichen Krippen, wie diese zu den geschnitzten
Altären der Gotik, in engster Beziehung stand. Auf
italienischem, namentlich neapolitanischem und sizilia-

nischem Boden, in den Alpenländern, in Bayern, Schwaben,
Schlesien, in der Rheinpfalz, pflegte man besonders die
kirchlichen und häuslichen Krippenaufstellungen. Manch-
mal umfassen sie das ganze Leben Christi. Ebenso ist
im sächsischen Erzgebirge die meist selbstgefertigte
Hauskrippe neben der Lichterpyramide noch heute ein
Stück liebevollst gepflegter Volkskunst. Die große Zeit
der Krippe war das 18. Jahrhundert. Hier lebte sich
besonders ein vielfach mit trefflichem Sinn für Humor
gedrängter, gemütvoller Realismus, in oft weitgespannten
Rahmen und Szenerien aus. Die umfangreiche, vom
Kommerzienrat Schmederer gestiftete Krippensammlung
des bayrischen Nationalmuseums, zeigt namentlich die
Pracht die Krippe des 18. Jahrhunderts. Leider sind uns
von diesen kleinplastischen Volkskünsten aus der Früh-
zeit der Krippe nur archivalische Nachrichten, aus dem
15. und 16. Jahrhundert nur kümmerliche Überreste er-
halten. Erst die 1607 durch den Niederländer Friedrich
Sustris in der Michaelskirche zu München errichtete,
1866 völlig restaurierte Krippe, eröffnet eigentlich den
Reigen deruns erhaltenendeutschenKrippendarstellungen.ü
Schon aus diesem Grunde kommt der Dresdner auto-

0 Literatur über die Geschichte der Weihnachtskrippe:
G. Hager: Die Weihnachtskrippe, München 1902, mit vielen
Literaturnachweisen. Derselbe: Heimatkunst, Klosterstudien,
Denkmalspflege, Miinchen 1909, S. 179. Derselbe: Von der Poesie
der Weihnachtskrippe im St. Anna-Kaiender, München 1919. —
G. Rietschel: Weihnachten in Kirche, Kunst und Volksleben:
Bielefeld, Leipzig 1902. — F. von Ostini: Eine Krippensammlung,
Velhagen und Klasings Monatshefte 1900—1901 1. Bd., S. 371. —
G. Lill: Weihnachtskrippen, Westermanns Monatshefte, Bd. 113 II
(Dezember 1912) S. 605.

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