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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

DOI issue:
2. Maiheft
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Bange, Ernst Friedrich: Ein Schalenbodenentwurf des Jakob Koch II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0497

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Stn Sebalenbodenenttüucf des lakob Koeb II.

oon

6. fw ßatagc

jer imtenstehend abgebildete Bleiabstoß (aus dem
Besitz des Berliner Kaiser Friedrich Museums)
eines im Entwurf in das letzte Viertel des 16. Jahrhun-
derts zurückgehenden Schalenbodens ermöglicht einen
willkommenen und einflußreichen Einblick in die nocli
in mancher Beziehung unaufgeklärten Werkstattge-
wohnheiten der deutschen Goldschmiede dieser Zeit.

Die Darstellung mit Lot und seinen Töchtern im
Vordergrunde einer Landschaft und dem brennenden
Sodom auf einem Berge im Hintergrunde gibt mit nur
gauz geringen Abänderungen die Komposition eines
Schalenbodens wieder, der auf den Nürnberger Zinn-

verschiedene Hände, deren Anteil nicht mehr bestimmt
werden kann, tätig gewesen. Wichtig für die nähere
Bestimmung dieser Modells ist das auf dem von Hintze
notierten Abstoß angebrachte Meisterzeichen des St.
Christan, der 1596 als Meister in Nürnberg nachge-
wiesen werden kann und 1605 gestorben ist. Da der
zugrunde iiegende Kochschule Schaleuboden kaum vor
1580 entstanden ist, dürfte die Bestellung dieser Kopie
auf Christian übergehen.

Das Berliner Stück gewinnt dadurch an beson-
derem Interesse, daß es ein Meisterzeichen — Halb-
adler, zwei Querbalken mit Steg uud drei Kugeln —

gießer Jakob Koclr II. (1555/60—1619) zurückgeht. Über
diesen Entwurf des J. Koch, das Vorkommen J. K. sig-
nierter, init dem Meisterzeichen Kochs versehener
Stücke und die Abhängikeit der Komposition von einem
Holzschnitt des Virgil Solis hat Hintze letzthin in seinen
beiden Publikationen über Nürnberger Zinngießer:;:)
(Nr. 150) und Nürnberger Zinn *) **) (S. 3 ff.) ausführlich
gehandelt. Dies hier vorliegende Stück mit einem noch
näher zu besprechenden Meisterzeichen ist Hintze in
einem anderen, mit dem Meisterzeichen des Nürnberger
Zinngießers Steffen Christian versehenen Exemplar
gleichfalls bekannt. Beide Stücke sind Abstöße des-
selben Modells. Sie sind links ober- und rechts unter-
halb des Grasbüschels zwichen den Füßen Lots
M. S. F. (ecit) und I. P. gezeichnet. Offenbar sind zwei

*) Hintze: Niirnberger Zinngießer, Leipzig 1921.

**) Hintze: Nürnberger Zinn, Leipzig 1921.

trägt, das von Hintze a. a. 0. S. 68 u. 195 in seinem
Meisterzeichen Katalog vermutungsweise dem Baltha-
sar Keim zugeschrieben wird. Diese Vermutung er-
hält durch die vorliegende Plakette eine ganz wesent-
liche Stütze, da Keim im Jahre 1607 die Witwe des
Christan heiratete, dessen Werkstatt übernahm und
weiterführte. Er wird unter den Gußmodellen der
Werkstatt auch das Modell der Lotplakette gefunden ha-
ben, von dem er neue Abstöße anfertigte und nunmehr
mit dem eigenen Meisterzeichen versah. Die Berliner
Plakette ist denmach ein im 17. Jahrhundert gefertigter
Abstoß nach einem Modell des ausgehenden 16. Jahr-
hunderts und damit ein wichtiges Beispiel für die unbe-
kümmerte Verwendung von Modellen innerhalb einer
Werkstatt auch unter verschiedenen Meistern, die un-
geachtet der künstlerischen Autorschaft Abstöße vou
vorliegenden Modellen mit ihrem eigenen Meister-
zeichen versahen.

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