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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

DOI Heft:
2. Märzheft
DOI Artikel:
Cohn, Alfons Fedor: Die Entwicklung der modernen Norwegischen Malerei: Sammlung Skamarken in Kristiania
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0383

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Neben der norwegischen Nationalgalerie, die sich —
wie ich im Sommer feststellen konnte — immer
noch in einem bedauernswerten Übergangsstadium be-
findet, kannte man bisher zwei bemerkenswerte Privat-
sammlungen in Kristiania, die Langaardsche, die ältere
internationale Kunst enthält, und eine moderne franzö-
sische Kollektion. Außerdem aber hat sich in den letzten
fünfzehn Jahren eine weitere Privatsammlung zu beach-
tenswerter Bedeutung entwickelt, die sowohl in ihrem
vorwiegend nationalen Charakter, als auch in der Quali-
tät der Künstler und Werke liegt. Diese Gemäldesamm-
lung des Herrn Gustav Skamarken steht ebenbürtig neben
der norwegischen Malereiabteilung der Nationalgalerie
und besitzt mit ihren mehr als einhundert Nummern
gradezu Museumswert.

Die norwegische Malerei ist bekanntlich kaum älter als
die staatliche Selbständigkeit des Landes, also etwa
hundert jahre, und fiir mindestens die erste Hälfte dieses
Jahrhunderts hat Deutschland, Dresden, Düsseldorf und
München, später auch bis zu einem Grade Karlsruhe
und Berlin den Nährboden abgegeben. Diese Zusammen-
hänge können das Interesse für uns nur erhöhen, umso-
mehr, als die klassische Zeit der Dresdner und Diissel-
dorfer in der Sammlung Skamarken qualitativ wie
quantitativ am stärksten vertreten ist. Den Anfang macht
denn auch der Ahnherr J. C. Dahl (1788—1857) mit
elf Nummern. Seine Verbindung mit den Dresdnern
Romantikern und besonders mit Friedrich bedeutete in
erster Linie Abwendung vom Klassizismus, während er
sich gegenüber gewissen Verschwommenheiten und Ex-
altationen der deutschen Genossen einen heimatlichen
klaräugigen Realismus bewahrte. Seine Vorbilder sind
denn auch eher Ruysdael und Everdingen. Sein „Labro-
wasserfall“ — das großzügige Motiv, das sein Schüler
Fearnley später im Werk der Nationalgalerie ebenfalls
behandelte — ist ganz Ruysdael in Komposition und
Auffassung, zehn Jahre nach seiner Ankunft in Dresden
(1828) gemalt. Aus dem Vorjahre stammt das „Winter-
bild vom Sognefjord“, die erstarrte Einöde der be-
schneiten Bergriesen mit dem kahl aufragenden Bauta-
stein im Vordergrunde. Im großen ganzen gibt Norwegen
die Motive für seine zahlreichen Landschaften her, wenn
auch einmal ein Ausschnitt aus der Bastei als ein ver-
wandtes Thema gewählt wird. Hier — wie in der
„Norwegischen Landschaft“ von 1851 — in ihrer Größe
und Ursprünglichkeit, die sich wesentlich in Zeichnung
und Komposition ausdrücken, findet er sein eigentliches
Element.

Von Dahls nächsten Schülern erscheint Thomas
Fearnley (1802—42), einer der wenigen damaligen
norwegischen Künstler, die Italien besuchten und dem
das Reiseblut überhaupt einen weiteren Stoffkreis ver-

mittelte, mit einer Marine von Sorrent und der Studie
einer alten italienischen Steinbrücke in Ruinen, von Gras
und Blattwerk überrankt. Auch dänische und norwe-
gische Motive sehen wir von ihm behandelt, wobei
gleichzeitig die Einwirkung der Rottmannschen Linie
sichtbar wird. So behandelt Dahls zweiter Schüler
J. C. G. Frich (1810—1858), der bekanntlich das
Königsschloß Oscarshal bei Kristiania mit Landschaften
aus den verschiedensten Teilen des Landes dekorierte
und der als erster bodenständig blieb, eine dieser Land-
schaften ganz in Rottmanns dekorativer Art.

Mit Adolf Tidemand (1814—1876), dem ersten
Figurenmaler, wendet sich ein breiter Strom der nor-
wegischen Kunstjünger nach Düsseldorf. Hierher kommt
der 23 jährige, um Geschichtsmaler zu werden. So streng
bleibt aber noch die Spezialisierung, daß er jetzt wie
später die Landschaften seiner Genrebilder von seinem
Freunde Hans Gude malen läßt. Das demokratische
Ideal des Vormärz verweist auf das Volks- und Bauern-
leben des Landes und führt auf die Anekdote. Nicht
weniger als zwölf große Werke Tidemands, darunter
einige der kunstgeschichtlich bekanntesten, hat Herr Ska-
marken zusammengebracht. Er besitzt eine „Brautfahrt
in Hardanger“, die dritte Fassung des Sujets gegenüber
der ersten in der Nationalgalerie, sowie die „Leichenfahrt
auf dem Sognefjord“, beide von 1853 und beide mit ge-
meinsamen Landschaften von Tidemand und Gude. Wir
treffen die dritte Fassung der ebenso bekannten „Haugi-
aner“ von 1865 und eine Wiederholung der „Einsamen
Alten“ von 1859, die von der Fassung der National-
galerie hinsichtlich des Interieurs und der Figuren-
gruppierung sichtlich abweicht. Ein interessanterMädchen-
kopf, eine römische Studie zu einem Altarbilde von 1841,
deutet auf gelegentliche Frührenaissanceeinflüsse, nazare-
nisch gemodelt, und nachdem der Vierziger Idyll und
Elegie verlassen, sehen wir ihn auch in der Behandlung
leidenschaftlicherer Themen, wie in dem „Mord auf einer
Bauerhochzeit“.

Sein Mitarbeiter Hans Gude (1825—1903) lernte
bei Achenbach und Schirmer, doch ohne die ihm fremde
Koloristik des ersteren anzustreben oder gar den wirk-
lichkeitsfremden Klassizismus dieses nachzuahmen. Auch
von ihm besitzt die Sammlung ein volles Dutzend
charakteristischer Werke, die sich fast über sein ganzes
Leben erstrecken: Motive aus Rügen oder vom Chiem-
see, aus Schottland und von der Nordsee, und nicht
zum wenigsten auch wieder aus Norwegen, dessen Berge
und Fjorde doch sein eigentliches Gebiet bleiben. Recht
interessant ist die Art seines jung verstorbenen, eigen-
artigsten Schülers H. A. Cappelen (1827—1852),
dessen lyrisches warmes Naturgefühl sich romantisch
beschwingt erhebt, während der wenig ältere J o h. F r

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