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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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2. Maiheft
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Bock, Elfried: Die Versteigerung der Sammlung Julius Hofmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0489

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7ahrgang 7922

Herausgcber: /vdolptl DOHQtd

2. NlCLiriaft

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6tft’icd Bock

Über die Graphikauktion, die C. G. Boerner in Leipzig
vom 8. bis 12. Mai veranstaltet hat, geht uns von Pro-
fessor Dr. Elfried Bock vom Berliner Kupferstichkabinett,
der hierüber freundlichst das Referat für den ,,Kunst-
wanderer“ übernahm, nachstehender Bericht zu:

ler Wiener Arzt Dr. Hofmann hatte weder die per-
sönlichen Anlagen noch die Mittel dazu, ein Samm-
ler großen Stiles zu sein. Größte Kostbarkeiten zu
kaufen mußte er sich versagen, nur die eine oder andere
führte ihm das Glück zu — vollständige Reihen oder
Ktats zu sammeln, war er nicht fanatisch genug. Kluge
Beratung und eigener Gesclnnack haben seiner nach-
gelassenen Sammlung, die nun durch die Auktion
wieder zerstreut wurde (bis auf sein berühmtes Goya-
werk, das im Besitz der Erben verblieb), ein eigenes
Gesicht gegeben. Er hatte das Recht, auf so manchen
guten Druck großer Meister stolz zu sein, sein ganz
besonders und persönliches Verhältnis zur graphischen
Kunst belegt aber seine feine Walil niederländischer
Landschaftradierer. Hier war er Liebhaber. Der
Eifer holländischer und belgischer Sammler, bei der
Auktion in den Besitz dieser Dinge zu gelangen, be-
weist, daß Hofmann Gutes und Seltenes an sich zu
bringen gewußt hat.

So mancher Sammler ist durch seine Liebhaberei
zum Forscher geworden. Auch Hofmann, dessen Name
durch seinen Goyakatalog weitbekannt geworden ist,
hat sich mit intimsten Fragen der graphischen Kunst-
wissenschaft geplagt. Wenige Tage vor seinem Tode
schrieb er mir acht Seiten über die Etats eines einzigen
Landschaftsstiches nach Rubens. Doch haben diese
Interessen seine nur auf Schönheit und Vielseitigkeit be-
dachte Art zu sammeln kaum berührt.

Die Auktion brachte außer dieser Privatsammlung
eine große Zahl kostbarster Dubletten des Budapester
Kupferstichkabinetts, darunter Arbeiten Dürers und
Rembrandts in trefflichen Drucken und Holzschnitte
seltener und früher Art, deren einen, Nr. 31, er im Kata-
log freilich entschieden zu früh angesetztes Blatt mit
den beiden Heiligen Rochus, die Albertina in schärfstem
Kampf gegen den Belgier van Bastelaer für 420 000 M.
erwarb. Das teuerste Stück, Nr. 30, ein Holzschnitt der
Kreuztragung, von jenem frühesten Monumentalstil, den
man heute in das 14. Jahrhundert hinaufdatiert, gehörte
einem österreichischen Kloster, ist nur in einem weite-
ren Druck (Albertina) bekannt und wurde von dem
französischen Kunsthändler Strölin, wie manchc an-
nahmen für Rothschildt, zum Preise von 920 000 M.
ersteigert. Die Anwesenheit der Händler und Sammler
des Auslandes führte wieder zu den enormen Preisen,
denen auf Boerners Novemberauktion 1921, nach dem
großen Marksturz, die deutsche Käuferschaft ziemlich
wehrlos gegenübergestanden hatte. Die Kaufkraft der
Colnaghi und Macdonald, Keppel, Eisenmann, (Lang,
Rom), Guyot, van Bastelaer, F. Lugt u. a. führte die
kostbarsten Stücke mit wenigen Ausnahmen in aus-
ländischen Besitz. Doch zeigte die Auktion, daß auch
das Inland, freilich seinen Mitteln entsprechend, sich seit
dem Winter der neuen Lage angeglichen hat. Die deut-
schen Kabinette mit großem und altem Besitz konnten
dem Kampf um die Hauptnummern mit einiger Ge-
lassenheit zusehen, traten aber, ebenso wie die deut-
schen Sammler und Händler, bei so manchen Werken
höheren und mittleren Wertes, die nun auch Weltmarkt-
preise erzielten, kräftig und erfolgreich in den Wettbe-
werb ein. Welcher Unsicherheit zur Zeit alle Bewer-

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