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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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2. Oktoberheft
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Donath, Adolph: Lesser Ury: zu seinem 60. Geburtstage (7. November 1921)
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Notspende für deutsche Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0107

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aus dem Ende der achtziger Jahre wieder aufgenommen,
malt wieder die Berliner Straße, wieder das Berliner
Cafe, geht wieder den Farbenstimmungen der Wald- und
Seenlandschaft nach. Aber seine Augen und Sinne sind
noch empfindsamer geworden, reagieren, im Landschafts-

bilde und im Straßenausschnitt, selbst auf die winzigsten
Licht- und Luftkontraste. Und daß er schließlich seit
einer Reihe von Jahren auch intensiv radiert und in
Stein zeichnet, hierfür hat ihm die moderne Graphik
noch besonders zu danken.

Lesser Ury,
Hafen

in Rotterdam

(Koh'ezeichnung)

Aus Donaths
Buche: Lesser
Ury. Seine
Stelllung in der
modernen deut-
schen Malerei.

Verlag MaxPerl,
Berlin

„JHotfpende £üt? deutßbe Kunft/'

Im Berliner Landesausstellungspark kam vor einigen Tagen
eine stattliche Zahl von Künstlern, Kunstgelehrten und Kunst-
freunden zusammen, um über eine Idee zu beraten, die von
Professor Dr. Amersdorffer, dem ersten Sekretär der
Akademie der Künste ausgeht und die der Maler Hermann S a n d -
k u h 1, der Vorsitzende der Juryfreien Kunstschau, zu einem festen
Plane verdichtet hat. Es handelt sich um eine „Notspende
für deutsche Kunst“. Und daß die Idee an sich auch die
fiir die Kiinstlerschaft so wichtigen Kunstkreise der Regierung
ungewöhnlich interessiert, bewies schon die Reihe der Regierungs-
vertreter, die mit Geheimrat Professor Dr. Wilhelm Waetzoldt
und Reichskunstwart Dr. Edwin Redslob an der Spitze, die
Versammlung besucht haben.

Was ist das, frägt man, die „Notspende fiir deutsche Kunst“?
S a n d k u h 1, der das Referat hatte, erklärte den Ausdruck dahin,
daß es sich nicht um eine Hilfe für die notleidenden Künstler
handelt, sondern um die deutsche Kunst, die aus den Reihen
der Künstlerschaft selbst gefördert werden müßte. Nötig sei die
Schaffung einer künstlerischen Ausstellungshalle usw. usw. Und
die Summe, die aufgebracht werden müßte, würde aus den Reihen
der Künstlerschaft durch deren eigene Arbeit zusammenkommen,
das heißt: alle Ausstellungsleitungen müßten sich zusammen-
schließen und müßten den Besuchern ihrer Ausstellungen
Kunstdankblätter ihrer Milglieder zu dem geringen Preis
von einer Mark darbieten. Jeder Kunstfreund, der eine Aus-
stellung besucht, müßte die Pflicht auf sich nehmen, diese eine
Mark dem üblichen Eintrittspreise beizufügen, wofür er aber ein
derartiges graphisches Blatt in seinen Besitz bekäme. Viele
Künstler seien dem uneigennützigen Plane besonders geneigt, da
er zweifellos darauf ausgehe, die Kunst in die weitesten Kreise
zu tragen. Die Juryfreie Kunstschau, die am 29. Oktober
ihre große Ausstellung am Lehrter Bahnhof eröffnet, wird die

Idee 'oereits ausführen und auch die Berliner Sezession,
die in der Versammlung durch Eugen Spiro (als Miteinberufer)
vertreten war, hat gleichfalls schon ihre Zustimmung gegeben,
nur daß die Sezession, die am gleichen Tage ihre Herbstaus-
stellung öffnet, ihre Kunstdankblätter zwanglos verkaufen will,
d. h.: während sich bei der Juryfreien für jeden Besucher der
Eintrittspreis um jene eine Mark erhöht, stellt es die Sezession
ihren Freunden vorläufig frei, sich die Kunstdankblätter zu
sichern oder nicht.

Geheimrat Dr. Waetzoldt sprach sich für die Durch-
führung der „Notspende“ aus, ebenso Reichskunstwart Dr. R e d s -
1 o b. Der Maler Otto Marcus, dem die wirtschaftlichen
Künstlerverbände ihre Entstehung verdanken, äußerte einige
Bedenken, während die Maler Eugen Spiro, Paul Hermann,
Dr. Richter sich warm für die Sache einsetzten. Professor
Schlichtings Meinung schien vermittelnd und Dr. Max Os-
b o r n gab für die praktische Durchführung der Sache beherzigens-
werte Anregungen.

Der Kern dieser Idee der „Notspende für die deutsche
Kunst“ ist zweifellos gut. Denn auch wir sind der Meinung, daß
es unzählige Kunstfreunde gibt, die die Erwerbung jener Blätter
erstreben könnten. Gewiß werden auch viele von den Blättern
des Sammelns wert sein, aber wir glauben doch, daß jede
Künstlervereinigung unter allen Umständen eine eigene Jury für
die „Notspende“ bilden müßte, um den Sammlern der
Kunstdankblätter nur Qualitätsblätter darzubieten.
Für eine einzige Mark kann man in der heutigen Zeit freilich
keine Kostbarkeiten verlangen! Aber da die Künstler mit vielen
Millionen rechnen, die trotz dieser einen einzigen Mark
zusammenströmen würden, dürften sie selbst das größte Interesse
haben, durch ihre „Notspende“ auch q u a 1 i t a t i v vertreten zu
sein. D.

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