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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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1./2. Juliheft
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Schumann, Paul: Vom Porzellan Augusts des Starken: die Sonderausstellung in Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0575

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Dom Poescüan Augußs dcs Staeken

Die Sondeeaus(teUung m Dresden
oon

Paul Scbumann

\\ /ie bekannt hat August der Starke, Kurfürst von
* * Sachsen und König von Polen, einer der großar-
tigsten Liebhaber und Förderer der Kunst, die die Welt
gesehen hat, durch die zwangsmäßige Beschäftigung
des Alchiinisten Friedrich Böttger die Nacherfindung
des Porzellans in Sachsen herbeigeführt. Er war, wie
er selbst einmal an den Grafen Flemming schriebt, von
der Porzellankrankheit ergriffen und kaufte keramische
Erzeugnisse Ostasiens soviel
er nur erlangen konnte. Dem
Grafen Flemming, der schon
früher derselben Neigung
huldigt, kaufte er 1675 seine
Porzellansammlung ab; nach
Paris und nach Holland
schickte er seine Agenten
zum Ankaufe japanischen
und chinesischen Porzellans
sowie Delfter Guts; aus dein
Nachlaß des Kriegsrats
Raschke erwarb er 1722
zahlreiche Gefäße, und so
hören wir noch von zahl-
reichen anderen Ankäufen
bei Sammlern und Kaufleu-
ten. Die Porzellangefäße
kosteten gewaltige Summen.

Kein Wunder, daß bereis vor
1708 das Wort von Sachsens
porzellanenen Schröpfköpfen
aufkam, womit der Erfinder
dieses Witzwortes das teure
ostasiatische Porzellan mein-
te. Kein Wunder auch, daß
die Phantasie den Wert
des kurfürstlichen Porzellans
ins Ungemessene steigerte.

Schreibt doch der Reisende
I. G. Keyßler von den Porzellanschätzen im japanischen
Palais: „Die Menge des einheimischen und ausländi-
schen Porzellans ist nicht zu beschreiben, allein das-
jenige, so zum Küchengerät gehört, wird auf eine Million
Thaler geschätzt. In einem der oberen Zimmer sieht
man die 48 großen Gefäße aus weißen und blauen Por-
zellan, fiir welche der König von Polen dem itzigen
Könige von Preußen ein Regiment Dragoner gegeben
hat . . .“

Im Jahre 1709 entdeckte Böttger als Frucht der
gemeinsamen Studien mit dem inzwischen verstorbenen
Chemiker Tschirnhaus die Herstellung des Porzellans:
zuerst das rote sog. Böttgerporzellan, das eigentlich
Steinzeug heißen müßte, im Jahre 1713 das weiße Por-
zellan. Schon kurz darauf steigerten Böttger, seine

Mitarbeiter und Nachfolger ihr Können und die Lei-
stungsfähigkeit der Manufaktur so gewaltig, daß August
der Starke bald zu glauben begann, mit Porzelhm
körmten alle Aufgaben der Plastik und der Innendeko-
ration gelöst werden. Das Holländische, jetzt Japani-
sche Palais in Dresden, das er 1717 vom Grafen Flem-
ming kaufte, sollte die Stätte werden, wo das Porzellan
seine Triumphe feierte. Das ganze Palais sollte mit

Porzellan dekoriert werden:
das Erdgeschoß war für das
asiatische, das obere für das
Meißner bestimmt. Die Wän-
de sollten mit Porzellanplat-
ten belegt werden. Ein
großes Glockenspiel war ge-
plant, eine ganze Kapelle:
Kanzel, Altar, Orgelpfeifen,
die zwölf Apostel in Lebens-
größe, alles in Porzellan.
Selbst den Thron im Thron-
sal, Tische und Stühle
wünschte sich der König aus
seinem Lieblingsstoff her-
gestellt, auch die Turmuhr
und die Japanerhermen.
Wie weit dieser großartige
Plan ausgefiihrt Avorden ist,
steht nicht ganz fest, sicher
aber ist, daß die hölzerne
Wandvertäfelung eines
Hauptraumes des Japani-
schen Palais mit der voll-
ständigen Einrichtung zur
Aufstellung des kostbaren
Porzellans und mehrere hun-
dert Stück dieses Porzellans
selbst in das sogenannte
Turmzimmer des Dresdner
Schlosses übergegangen und dort noch heute vorhanden
sind. Dr. Schnorr von Carolsfeld hat dies im „Kunst-
wanderer“ *) überzeugend nachgewiesen. In diesem
Turmzimmer stehen ringherum an den Wänden und
von unten bis oben mehrere hundert der hervorragend-
sten Erzeugnisse ostasiatischen und Meißner Porzellans
ganz in der Art einer „nie gesehenen prachtvollen De-
koration“, wie sie für das Japanische Palais vorge-
sehen war: Vasen, Kannen, Tassen, Leuchter, Figuren,
Tiere, darunter auch Stücke mit der berühmten Marke
A. R., die nur auf Stücke kam, die für den persönlichen
Gebrauch Augusts des Starken oder als Geschenke aus
seiner Hand bestimmt waren.

*) Siehe: „Der Kunstwanderer“, 1. Januarheft 1921.

Fontäne mit den vier Weitteilen in Meißner Porzeilan
Von Kändler modelliert

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