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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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2. Oktoberheft
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August Gaul
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Neue Reichsbriefmarken / Aus der Museums- und Sammlerwelt / Kunstausstellungen / Vom holländischen Kusntmarkt / Kunstauktinen / Kunstbrief aus Frankfurt a.M. / Der Kampf um den "Blue Boy" / Joseph Pennell gegen den "Post-Impressionismus" / Edmund Meyer / Werbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0108

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August Qaul

Vier Tage vor seinem 52. Geburtstage ist August G a u 1 in
Berlin gestorben. Die gesamte Kunst trauert um ihn, der ihr so
früh entrissen wurde und der er mit Leib und Seele angehörte.

Gaul, der Tierplastiker, hat in seinen Skulpturen das Hand-
werk wieder zu Ehren gebracht, das künstlerische Handwerk, das
mit dem Material nicht spielerisch umgeht, sondern es geistig
durchdringt, in der Art, wie die alten Meister der Goldschmiede-
kunst ihrer Arbeit gehuldigt hatten. Und es ist auch bezeichnend,
daß Gaul in Hanau, in dessen Vorstadt Groß-Auheim er geboren
wurde, als Silberschmied anfing, ehe er nach Berlin zu Begas
kam. Aber daß seine reine Künstlerpersönlichkeit höheres suchte
als die akademischen Formen, mit denen die Begas-Schule ver-
wachsen schien, war ihm bald zur Bewußtheit geworden und so
hatte er die erste beste Gelegenheit ergriffen, um nach Rom zu
wandern. In Rom erst gab ihm der Geist der ägyptischen und
grichischen Plastik fruchtbringende Anregung.

Plastik von August Gaul
Mit Genehmigung des Verlages Paul Cassirer, Berlin

August Gaul war der hervorragendste Tierbildhauer Deutsch-
lands. Kein zweiter verstand es, sich in das Wesen der Tiere
und Tierchen so zu vertiefen wie er. Niemals erlahmte er in der
Beobachtung seiner Modelle, und niemals stilisierte er nach be-
rühmten ägyptischen Mustern, urn nur zu stilisieren, sondern um
ganz schlichte oder ganz kühne Bewegungen in der Linie individuell
festzuhalten. Was uns imrner an seinen Plastiken Iockt, ist die
Anmut, die selbst aus der kleinsten seiner Tierbronzen hervor-
schimmeit. Gaul hat immer Humor und er weiß ihn auch meisterlich
zu nutzen. In seinen kleinen Plastiken und Kleinplastiken ist
das gleiche immerfrohe Lachen wie in seiner wundervollen Graphik,
die nicht geringere Popularität genießt als sein Entenbrunnen in
Charlottenburg, den die Kinder ais ihren „Streichelbrunnen“ lieben.

Unter seinen Monumentalplastiken stehen die „Löwin“ der
Galerie Rudolf Mosse und der „Bronzehirsch“ des Schöneberger
Stadtparks in erster Reihe. Seine letzte Arbeit, der er bis in die
letzten Stunden seines Lebens seine künstlerische Seele weihte,
ist die Figur des „Menschenaffen“. Wie August Gaul gearbeitet
hat, hierüber wird an dieser Stelle noch zu sprechen sein. Von
den Publikationen, die seine Kunst würdigen, sei das bei Paul
Cassirer erschienene Buch Emil Waldmanns empfohlen. D.

JHßue Retcbsbt’tefmat’keti.

Das Reichspostministerium hat sich entschlossen, aus Anlaß
der Deutschen Gewerbeschau München 1922 besondere Aus-
stellungs-Briefmarken herauszugeben. Während im Ausland, vor
allem in Amerika, schon bei großen Ausstellungen besondere

Briefmarken erschienen sind, ist dieser Beschluß des Reichs-
postministeriums, der der umfassenden wirtschaftlichen und
kulturellen Bedeutung der Deutschen Gewerbeschau Rechnung
trägt, für Deutschland eine Neuheit. Über die künstlerische
Ausführung der Briefmarken der Deutschen Gewerbeschau
schweben noch Verhandlungen.

Aus dev jviitfeums- und Sammlet’tnelt

Wie im Vorjahre finden in den kommenden Wintermonaten
Sonntags öffentliche, wissenschaftliche Führungen durch Direktorial-
beamte in den Staatlichen Museen in Berlin statt.
Die ersten haben am 9. Oktober im Kaiser Friedrich-Museum
(Abteilung Deutsche Bildwerke) und im Museum für Völkerkunde
(Amerikanische Abteilung) eingesetzt. Beginn 9V2 Uhr. Karten
zu 1 Mark am Eingang der Museen.

*

Professor Dr. Ludwig Darmstaedter hat unter dem
Titel „Wie die Dokumentensammlung Darmstaedter entstand“
einen Aufsatz in Velhagen & Klasings Monatsheften (Oktoberheft)
veröffentlicht, worin er auf das rege Interesse hinwies, das die
Sammlung in weiten Kreisen der Bevölkerung findet. Wie wir
hören, ist die Dokumentensammlung Darmstaedter der Preußischen
Staatsbibliothek vor kurzem wieder bereichert worden. Professor
Dr. Darmstaedter hat ihr eine schöne Kollektion moderner Auto-
graphen übergeben, die ihm von Generalkonsula Kommerzienrat
Hermann Temmler in Detmold, dem bekannten Kunst-
sammler, zur Verfügung gestellt worden ist.

*

Am 17. Oktober feierte der Direktor des Sächsischen Haupt-
staatsarchivs, das er als Nachfolger von Geheimrat Posse seit
Juli 1919 leitet, Herr Direktor Waldemar Lippert seinen
60. Geburtstag. Er ist bemüht, vor allem durch Veranstaltung
von Landesausstellungen die reichen Schätze des Archivs
weiteren Kreisen zugänglich zu machen, wie z. B. die Luther-
Ausstellung im April d. J. bewies.

Kunftausftellungeru

BeUt n.

Im Salon Paul C a s s i r e r stellt Georg K o 1 b e aus. Bild-
werke und Zeichnungen. Die Zeichnungen, zumeist getuschte
Blätter, mögen in der Hauptsache die Vorstudien für seine
Plastiken sein. Wenn aber nicht die Plastiken dastünden und
wenn man nur seine Blätter sähe, wäre die künstlerische Wirkung,
die sie haben, noch weitaus größer. Denn in der Umgebung der
Plastiken lösen sie in manchem vielleicht die Empfindung aus,
daß sie nur Mittel zum Zweck sind. Aber selbst angenommen,
daß dem so wäre, muß man sich sagen, daß sie von geradezu
verblüffender Bewegung sind und von glutvoller Lebendigkeit.

Auch Kolbes Plastik hat diese Eigenschaften. Da und dort
mögen dem Künstler zwar ostasiatische Vorbilder vorgeschwebt
haben, doch er sah in ihnen bloß die äußere Farbe, tastete sie
gleichsam ab und entdeckte dann in sich seine Liebe für die
schmiegsame, bebende Form des menschlichen Körpers. Etwas
melcdienhaftes ist in fast allen diesen elastischen Tänzerinnen,
etwas andachtsvolles in fast allen diesen stehenden und sitzenden,
hockenden und liegenden Bronzegestalten. Man fühlt: hier
modelliert ein Künstler aus angeborener Freude an reifer Schönheit.

Neben Kolbe ist bei Cassirer noch eine Serie von Bildern
Curt Herrmanns zu sehen. „Aus meinem Garten“ nennt sie
der Maler und er entschuldigt sich gewissermaßen, daß er „wie
ein Jäger auf die Pirsch“ gegangen ist und „die zarten Kinder
Floras“ belauscht habe. „Bilder“ im eigentlichen Sinne des
Wortes sind es allerdings nicht, die er da malte, sondern einfach
Farbenflecken, Farbenstimmungen, Farbenrhythmen. Aber manches
von diesen leuchtenden Blumenstücken hat seine starken intimen
Reize.

Bei Amsler und Ruthardt interessiert uns Paul Hans
Ohmert. Als Maler und Graphiker. Er ist sehr lebhaft, sehr
geschickt, sehr kultiviert, hat Lyrik in seinen kleinen märkischen

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