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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

DOI issue:
2. Märzheft
DOI article:
Schrader, Hans: Das neu erstehende Pergamon-Museum in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0377

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7ahrgang 1922

Herausgeber: TXdOlptl Donüifl

2. JVLö.rzficft

Das neu ecßebende pergamoncDufeum tn Becttn

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„Der Kunstwanderer“ gibt dem Archäologen
Universitätsprofessor Dr. Hans Schrader in Frank-
furt a. M. zur aktuellen Frage des neu erstehenden
Pergamon-Museums in Berlin das Wort. Schrader war vor
seiner Berufung nach Frankfurt Direktor der Antiken-
sammlungen des Kunsthistorischen Museums in Wien.

f jie Räume des Pergamon-Museums in dem Messel-
bau auf der Museums-Insel zu Berlin kommen in
diesen Wochen unter Dach. Die Gefahr, daß diese Teile
des Gebäudes halb vollendet stehen bleiben und rasch
zur Ruine werden könnten, mitten in dem stolzesten
Mtiseumskomplex der Welt, ist abgewendet. Noch nicht
ganz abgewendet scheint die andere, für die Zwecke
dieses Museums gleich vernichtende Möglichkeit, daß der
innere Ausbau der Säle und die Aufstellung der dafür
bestimmten monumentalen Skulpturen und Bauten zu
gunsten rascherer Vollendung des den deutschen Skulp-
turen gewidmeten Flügels auf unbestimmte Zeit ver-
schoben werden könnte. Das würde bedeuten, daß das
wichtigste Kunstwerk der Berliner Antikensammlungen,
der köstliche Schatz, den deutsche Forschungsarbeit vor
bald 50 Jahren gehoben und aus zerstückten Trümmern
zu einem imposanten Ganzen zusammengefügt hat, daß
der pergamenische Altarbau mit seiner gewaitigen Fries-
komposition, dem Kampf der Götter mit den Giganten,
auch weiter noch der Öffentlichkeit entzogen werden,
daß dieser unvergleichliche Besitz, der unsere Museen
mit einem Schlage den ersten Kunstsammlungen der
Welt zur Seite gestellt hat, bis auf unbestimmte Zeit in
seine Teile zerlegt in Magazinen versteckt bleiben müßte.
Käme es so, so wäre hier buchstäblich das Bessere des
Guten bitterster Feind; denn eine Reihe von jahren hin-
durch war der Altarbau in dem alten Pergamonmuseum

in zwar beschränkten und nicht ganz glücklich beleuch-
tefen Räumen, aber doch wirkungsvoll aufgestellt.
und die Welt konnte sich davon überzeugen, wie
der Eindruck der leidenschaftlich erregten Kampf-
szenen des Frieses, fast barock zu nennen solange
die Platten vereinzelt, ohne architektonischen Rahmen,
in hartem Licht aufgestellt waren, sich zu kraft-
voller Ruhe klärte, sobald sie, zusammengesetzt, in den
mächtigen Unterbau des Altars eingefügt und durch
kräftige Fuß- und Deckglieder gerahmt in zerstreutem
Licht sich dem Auge darboten. Wer sich dieses Ein-
drucks erinnert, wird nicht zweifeln, daß der Altarbau,
wie er im Altertum zu den sieben Weltwundern gerechnet
wurde, auch für unsere Schätzung zu dem kleinen Kreise
derjenigen Kunstwerke gehört, die über die wechselnden
Moden des Tages erhaben sind. Der von Messel ge-
plante Bau, dessen Mittel- und Kernstück der für den
Altar bestimmte Saal bildet, wird die Wirkung des
Altars zweifellos steigern, weil darin die Front mit der
mächtigen Freitreppe voll ausgeführt werden kann,
während im alten Bau der Mittelteil der Treppe weg-
geschnitten war.

Außer äem Altar waren schon im alten Bau zahl-
reiche Proben griechischer Architektur in mehr oder
weniger vollständigen Aufbauten sichtbar gemacht, da-
runter Proben von Säulen und Gebälk zweier schon im
Altertum hochberiihmter Meisterwerke der Baukunst: des
Athenatempels in Priene und des Artemistempel in
Magnesia am Mäander. Der Athenatempel, von Alexander
dem Großen geweiht, war ein Werk des Pythios, des-
selben großen Künstlers, der den Entwurf zum Mauso-
leum von Halikarnaß geliefert und das Viergespann

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