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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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1./2. Juliheft
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Bassermann-Jordan, Ernst von: Eine Automatenfigur aus der Zeit Kaiser Karls des Fünften
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Bogeng, Gustav A. E.: Deutsche Buchkünstler und Buchkunstwerkstätten der Gegenwart, [2]: Buchdruckerkunst und Buchschönheiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0581

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wercken dergestalten beweglich vor, daß sie hin und
her giengen, und nach der Mensur auf der Paucken
auch auf der Lauten schlugen. Er machte von Schlos-
ser-Arbeit allerhand schöne Wercke, sonderlich große
künstiiche Balcken zu Schnell-Waagen damit man
große Lasten mit leichter Mühe abwägen kundte.
Ferdinandus der damahlige Römische König liese die-
sen Künstler noch in seinem hohen Alter in einer Senff-
ten nach Wien bringen, da er sich wegen verschiedener
Uhrwercke, die Ihme praesentiret worden, seines Raths
bedienet, indeme er sonsten enedeme allerhand schöne
Kunst-Werke vor Ihn verfertiget. Seine Zuruckkehr
geschahe mit gieicher Bequemlichkeit, darauf er nach
einiger Zeit, una zwar um A. 1535 gestorben.“

Bei Erwähnung der lautenschlagenden Figuren
macht Doppelmayr in einer Anmerkung den Zusatz:
„Dieses confirmiret der ältere johann Neudörffer in
einem MSto, von denen zu seiner Zeit berühmten Künst-
lern etc. da es dazumahl gantz was neues und besonders
war. Zu unsern Zeiten sind dergleichen Kunst-Machi-
nationes nicht mehr so rar, indeme sich bishero viele
auf solche Wercke von allerhand Vorstellungen mit
großem Fleiß geleget.“ Dann folgen Literaturangaben.

Mindestens die Priorität der Erfindung also wird
dem Meister aus Nürnberg gebühren, der Stadt Peter
Henleins, der den Meister Hans Bullmann iiberlebte.
Für eine deutsche Provenienz der Figur sprechen auch
die breiten Schuhe, die in Spanien nie recht heimisch
geworden sind, nicht aber der Kopf der Puppe, der auf
die Krippenplastik und auf die Faßmalerei der roma-
nischen Länder zu weisen scheint. Bei den nur sclrwa-
chen künstlerischen Anhaltspunkten soll ein abschlie-
ßendes Urteil hier nicht gefällt werden. Doch neigen
wir mehr zu der Ansicht, aaß das Werk dem spanischen
Kunstkreise zuzuschreiben sein wird, wobei nicht ver-
gessen sei, daß gerade auf dem Gebiete der Fein-
mechanik schon im 16. Jahrhundert ein lebhafter Aus-
tausc’n von Erfahrungen, von Meistern, von Werken
und vielleicht auch von Werkteilen zwischen den euro-
päischen Staaten stattgefunden hat.

Jedenfalls gebührt der hier besprochenen und ab-
gebildeten Automatenfigur als dem ältesten erhaltenen
Werke dieser Art, in der Geschichte der Technik ein
hervorragender Platz und zudem ist die kleine wan-
delnde Puppe eine köstliche Antiquität von erstem
Range.

Deuttcbe BucbKünlfler und BucbKun(fLoeeklfätten

der Qegenwart

I Bucbdt?uekct?kun(f und Bucblcbönbcit
non

Q. A* 6. Bogeng

ii.

\\ / er sich aie Aufgabe stellt, ein Druckwerk edel
* und reich zu gestalten, der kann nicht kalten
Herzens sich ihr von außen her nähern und nüchternen
Sinnes die erste beste Druckvorlage ergreifen, die er
nun „schön“ ausführen will. Das Bediirfnis, einer gei-
stigen Schöpfung, der er sich wesensverwandt fühlt,
einen buchgewerblich-künstlerischen Ausdruck zu ge-
ben, muß ihn zu seiner Arbeit treiben, er muß sich von
vornherein bewußt gewesen sein, daß sein Verlangen,
Schriftwerke in bester Buchform zu verkörpern, von
dem Wunsche ausging, damit den ihm gemäßen Aus-
druck des von ihm bewunderten Inhaltes dieser Schrift-
werke zu finden. Das kann allerdings ebenso zu einer
Übersteigerung der formalen Tendenzen einer erlesenen
I ypographie werden (und gerade die Pressen werden
leicht in die Nähe eines schließlich sterilen Aestheten-

*) Siehe: „Der Kunstwanderer“, 1. Juniheft 1922.

*)

tums zu geraten scheinen, weil und wenn es ihnen Be-
dürfnis wird, allein einen „hohen“ Still in ihrer Bücher-
wahl zu pflegen), wie daraus eine Unterschätzung der
buchgewerblichen Feistung als solcher entstehen kann.
Das erklärliche Bemühen, nur bleibendes zu leisteu,
verführt dazu, alles alltäglich scheinende auszuschlie-
ßen, Feierliches mit Festlichem zu verwechseln.

Der Aufbau eines Buches, den die Ausgestaltung
eines Druckwerkes vornimmt, besteht darin, daß der
Buchdrucker nach seinem persönlichen Können und
nach seiner persönlichen Überzeugung, wie sie auch
örtlich und zeitlich bedingt werden, sicli der ihm zur
Verfügung stehenden Ausdrucksmittel bedient, um in
der Buchform ein Geisteswerk zu verkörpern. Dabei
liandelt es sich nun keineswegs nur um eine einfache
Zusammenfügung des Buchkörpers, selbst dann nicht,
wenn man lediglich das Elementare, die Buchdruck-
mechanik, gelten lassen will. Das Buch muß durch-

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