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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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1. Juniheft
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Funk, William: Über Porzellanschutzmarken und Porzellanfälschungen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0523

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LÜ. f unk^JYleißen

Die nachstehenden Ausführungen von Dr. W. Funk,
dem Regierungschemiker an der staatlichen Porzellan-
manufaktur in Meißen, dürften selbst für diejenigen von
unseren Lesern Interesse haben, die mit der Materie ganz
vertraut sind.

1 m die Herkunft seiner Erzeugnisse einwandfrei zu
kennzeichnen, versieht sie der Fabrikant mit einer
Fabrik- oder Schut'zmarke. Seit dem Wiederaufblühen
des Kunstgewerbes ist dieser Brauch ganz allgemein
eingeführt. Er ist aber, besonders in der Keramik,
durchaus nicht neu, denn schon die alten Chinesen,
denen es bekanntlich als ersten gelang, Porzellan her-
zustellen, brachten auf den von ihnen gefertigten Ge-
genständen aus Porzellan und Steinzeug solche Marken
an. Allerdings stellten diese chinesischen Zeichen nicht
lediglich sogenannte Hausmarken dar, die den Namen
der Manufaktur angeben, sondern die Aufschriften, die
wir auf dem Boden solcher Gefäße usw. erblicken, ent-
halten auch bisweilen eine Zueignung in Form eines
Gliickwunsches für deu Empfänger oder einen Fob-
spruch auf das betreffende Stück selbst, vielleicht auch
eine Angabe über die Zeit seiner Entstehung und der-
gleichen mehr.

Auch die europäischen Töpfer des Mittelalters,
ganz gleich, ob sie Fayencen oder andere Keramiken
herstellten, haben diese Kennzeichnung ihrer Erzeug-
nisse häufig — nicht immer — ausgeübt, und auch in
der Porzellanindustrie, von der hier die Rede sein soll,
bürgert sich dieser Brauch sehr bald nach der euro-
päischen Wiedererfindung des Porzellans in Meißen iin
Jahre 1710 ein. Es würde den Rahmen dieses Auf-
satzes weit überschreiten, wollten wir hier einen Über-
blick iiber die Schutzmarken sämtlicher deutschen oder
gar europäischen Porzellanfabriken geben, die in der
Gegenwart angewendet werden oder in vergangener
Zeit benutzt worden sind. Wer sich über sie Aufschluß
verschaffen will, dem sei besonders das Werk von
Graesse-Zimmermann, Führer für Sammler von Por-
zellan usw., Berlin 1915, angelegentlich empfohlen.

Zur Einführung wollen wir nun einen kurzen Blick
auf die Schutzmarken werfen, deren sich die altbe-
rühmte Königliche, jetzt Staatliche Porzellanmanufak-
tur in Meißen im Laufe der Jahrhunderte bedient hat.
Die, man kann sagen, volkstiimlich gewordenen ge-
kreuzten Kurschwerter sind nämlich nicht das einzige
Fabrikzeichen, das die Meißner Manufaktur benutzt hat.
Vielmehr haben ihre Marken mehrfach gewechselt.

In der ersten Zeit nach der Erfindung des Porzel-
lans durch Böttger waren in Meißen Schutzmarken
überhaupt noch nicht gebräuchlich, weil ein Anlaß zur
Befürchtung von Nachalmiungen noch nicht vorlag.
Erst in den 1720 er Jahren, sicher schon vor 1725,
wurde eine Fabrikmarke eingeführt. Die älteste Marke

der Meißener Manufaktur ist aber nicht das Schwerter-
zeichen, sondern die Marke K. P. M. oder K. P. F. (Kö-
nigliche Porzellan-Manufaktur oder -Fabrik), die vor
allem zwischen 1725 und 1730 benutzt wurde und später
nicht mehr üblich war. Daneben tritt vereinzelt auch
schon die Schwertermarke auf. Die Anbringung er-
folgte entweder a u f der Glasur, d. h. auf das garge-
brannte Porzellan, in blauer, eisenroter, purpurner
Schmelzfarbe oder auch in Gold, oder aber — was häu-
figer geschah — in blauer Farbe u n t e r der Glasur,
in beiden Fällen unter nachherigem Einbrennen der
Marke. Das Aufmalen der Marke unter der Glasur hat
den Vorzug völliger Unverwüstlichkeit, da sie durch
den harten Glasuriiberzug vor dem mechanischen oder
chemischen Zerstörtwerden geschützt ist. Von 1731 ab
wurden regelmäßig sämtliche Stticke eines Tafelge-
schirrs oder dergleichen mit der Schwertermarke in
Unterglasurblau versehen. Im gleichen Jahre wurde
auch angeordnet, daß die für den König bestimmten
Pörzellane die verschlungenen Initialen A. R. (Augustus
Rex) als Schutzmarke erhalten sollten, ein Brauch,
der etwa 10 Jahre beibehalten wurde. Die für die Aus-
fuhr bestimmten Waren versah man zeitweilig mit
einem Merkurstabe als Fabrikzeichen. In sämtlichen
Fällen wurde letzteres auf dem Boden der Gegenstände
angebracht, wie dies noch heute iiblich ist. Die Form
und Größe der Kurschwerter hat im Laufe der Zeiten
öfters gewechselt. Auch sind ihnen in den einzelnen
Perioden verschiedene Unterzeichen beigefügt worden,
von denen vor allem folgende genannt seien: ein Punkt
oder ein kleiner Kreis in der Zeit von 1756 bis 1780, ein
Stern von 1780 bis 1816 („Mareoliniperiode“), eine I
oder II in der Zeit von 1816 bis 1835 (aber nicht auf
allen Stücken). Von da ab weisen die Kurschwerter
kein Nebenzeichen mehr auf; nur im Jahre 1910 (Wie-
derkehr des zweihundertjährigen Gründungstages der
K. P. M.) wurden Porzellane hergestellt, bei denen links
und rechts von den Schwertern die Zahlen 1710 und
1910 angebracht sind. Beim sogenannten Biskuit-
porzellan, d. h. den unbemalten, unglasierten Figuren
und Gruppen, wurde die unter dem Direktor Graf Mar-
colini übliche „Sternmarke“ nicht in Blau aufgetragen,
sondern in die Masse eingeritzt und mit einem Dreieck
umschrieben. Ein interessantes Zeichen, das man auf
manchen Altmeißener Stücken sieht, besteht aus den
Buchstaben K. H. C. W. oder K. C. P. C. (Königl. Hof-
conditorey Warschau oder Königl. Churfürstl. Pill-
nitzer Conditorey).

Der Gebrauch, weiß, d. h. unbemalte, verkaufte
oder minderwertige Porzellane durch einen oder meh-
rere mit einem Schleifrädchen in die Glasur eingekerbte
Striche, durch die Schwerter hindurchgehend, zu kenn-
zeichnen, ist das erste Mal aktenmäßig im Jahre 1766
nachzuweisen. Er soll aber auch schou früher bestau-

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