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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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2. Januarheft
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Pazaurek, Gustav Edmund: Eingeglaste Pasten, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0269

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Stngeglaße Paßen

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III*) (Schluß)

Im alten Österreich gewinnt die Inkrustationstechnik
ebenfalls erst recht spät Boden, natürlich zunächst
im Hauptglaserzeugungsgebiet der ehemaligen Monarchie
in B ö h m e n. Erst seit 1826 35) lassen sich diese Ar-
beiten hier nachweisen u. z. in der gräflich Harrach’schen
Fabrik von Neuwelt (damals „Neuwald“) im Riesen-
gebirge, hart an der schlesischen Grenze. Aber in den
dreißiger Jahren werden daselbst die exaktesten ein-
geglasten Pasten erzeugt, besser
als gleichzeitig in dem, in dieser
Beziehung rasch abwärts gleiten-
den Ursprungsland Frankreich36),
und wir begreifen es, daß sich der
Verwalterdieser damalsgeschmack-
lich tonangebenden Glashütte,

Johann P o h 1 (f 22. März 1850)
auf seinem — heute im Besitze des
Geh. Medizinalrates Prof. Dr. Carl
Partsch in Breslau (Abb. 12) be-
findlichen — Porträt von J. Ginzel
selbstzufrieden mit seinen Haupt-
spezialitäten darstellen läßt, näm-
lich mit einem inkrustierten Glase
und außerdem mit einer Feder, mit
der damals zuerst -die feinen
Goldornamente auf die Bieder-
meiergläser gezeichnet wurden.

Die Glasinkrustationen wurden
zuerst bei der Prager Industrieaus-
stellung von 1829 vorgeführt, u. z
gleich mit dem schönsten Erfolge
sie erhalten die goldene Medaille.

Das Hauptstück, um 36 fl. C. M.,
war No. 1243, ein „Zuckerwasser-
aufsatz von Krystallglas bestehend
in einer Wasserbouteille mit einer
im Stöpsel eingeglasten Abbildung Schillers, einer Arak-
bouteille mit Mozart, einer Zuckerbüchse mit Goethe.“ —
Was Goethe mit Süßlichkeit37) oder Mozart mit Schnaps zu
tun hat, muß uns ebenso befremden, wie die Ver-
wässerung Schillers. Damals wollte man offenbar auch beim
beliebten Haustrunk seine Lieblingsdichter und seine
Lieblingskomponisten nicht missen und glaubte ihnen
durch diese seltsame „Ehrung“ nicht wehe zu tun; von
dem zu jener Zeit noch lebenden Goethe ist auch kein Ein-
spruch dagegen bekannt. — Schon auf dieser Ausstellung
bringt aber Neuwelt nicht nur Glasgefäße mit Inkrusta-
tionen, sondern auch „Postamente“ aus Krystaliglas mit
eingeglasten Pasten teils als Devotionalien, wie ein
Kruzifix oder eine Madonna, je zu 8 fl. — teils als
patriotische Schaustücke, wie bei der Prager Ausstellung

Abb. 12. Johann Pohl, Hüttenverwalter in Neuwelt;
f 1850; mit inkrustiertem Glas und Feder zur
Goldornamentation; Reichenberg, um 1840

(Ölgemälde im Besitze von Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Carl Partsch
in Breslau)

¥) Die Anmerkungen stehen am Schlusse des Aufsatzes.

von 1831 eine „Säule mit eingeglastem Brustbild Sr. Majestät
des Kaisers nebst Untersatzplatte und Glassturz um 8 fl.
25 Kr. Von solchen Objekten, die bald auch mit gelber
Silberätze kombiniert wurden und stets reichen Schliff auf-
weisen, haben sich noch verschiedene erhalten (z. B in der
Sammlung des Prof. Sallac in Prag oder, größer, in der
Sammlung Pazaurek; Abb. 13). Feiner sind allerdings die
Krystallglaspokale mit dem Brustbild des Kaisers Franz 38)
(z.B. imLandesgewerbemuseumvon
Stuttgart; Abb. 14), die in den
dreißiger Jahren auch zu Riesen-
größen, in transparenter, durch
radierte oder Schwarzlotornamente
geschmückter Farbenfacettierung,
gesteigert werden, ohne dadurch an
ästhetischemReizzugewinnen. Auch
der Herzog von Reichstadt (Auktion
Herzfelder I No. 650) oder der
Herzog von Nassau (Prager Aus-
stellung von 1831 No. 927, auf
einem Flacon zu 2 fl. 12 Kr.) oder —
in recht glücklicher Verbindung mit
Kobalt-Überfang (Abb. 15) oder
Kupferrubin-Überfang — Justus
von Liebig39) begegnen uns; auch
zahlreiche Wappen 40) — beson-
ders reizvoll auch mit geschliffenem
Fadenglas kombiniert —, Initialen
mit und ohne Krone oder „Devisen“
sind nicht selten. Diesen für
bessere Interessenten hergestellten
Erzeugnissen, mit denen Neuwelt
auf fast allen größeren Aus-
stellungen jener Zeit, z. B. auch
in Prag 1836, Wien 1835, Berlin
1844, Wien 1845 durchweg die
höchsten Auszeichnungen gewann, stehen andere gegenüber,
die — wie namentlich die Kreuzpostamente und Madonnen-
monstranzen41) — allmählich zu wohlfeilen Handelsartikeln
herabsanken und dementsprechend namentlich in späterer
Zeit mit den ausgezeichneten Porträtinkrustationen der
ausgehenden zwanziger, wie der dreißiger Jahre keinen
Vergleich mehr auszuhalten vermögen. — Der Böhmer-
wald folgt dem Riesengebirge rasch nach, indem Johann
L ö t z und Joseph Schmidt in Goldbrunn bei
Bergreichenstein bereits 1831 in Prag (No. 819 ff.) eben-
falls eingeglaste Pasten ausstellen u. z. nicht nur Becher
mit den Bildnissen des Kaisers Franz oder des ver-
storbenen russischen Kaisers Alexander I (zu je 4 fl. C. M.)
sondern auch bereits Postamente mit dem Kruzifix, mit der
Madonna oder dem hl. Johannes (zu je 8 fl.); sie er-
werben mit diesen und anderen Arbeiten die silberne
Medaille. Da der amtliche Bericht auch die billigen

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