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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2810#0544

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preußijche AbgeordnktenhauS über die wichti'g-
sten Frogen sich selbst nnindtodt machte. Wie
ist eS möglich, m. H., daß bei Ankündignngen
von Maßnahinen, die lange vergeblich crstrebt,
namentlich der größeren Speciali'flinng und
der rechtzeitigen Eiabringnng deS Etats für
1863, wir unS des Dargebotenen nicht er-
frcnen sollen; acceptirt man nicht im gewöhn-
lichen Verkehr >nit Dankbarkcit ein darge-
brachteS Geschenk? (Oh! Oh!) Sollen wir
ferner nicht, wenigstenS im Allgemei'nen, in
der so wichtigen Militärfrage unsere Anficht
anssprechen, wenn auch in einer Weise, welchc
vön der Auffaffnng der StaatSregierung ab-
weicht?! Und dann ist doch auch dic dentsche
Frage gewiß eine innere für uns. ES sttzen
hicr Herren, welche den Führern des dent-
schen NationalvereinS angehöre», und ste woll-
te» cine feierliche Veranlassung vorübcrgehen
lassen, ohne dieser wichligen poliiischen Frage
des LanveS zu gedenken? LebhafteS Bravo
rechtS, Zischcn links.) Wir haben iu unscrem
Adreßentwurf diesmal einen stärkeren Aus>
sprnch in dieser Bcziehung g-braucht; früher
wnßten wir unserm Gcfühle Zwang anthun,
um das damalige liberale Ministerlum zu
halten, denn ein Ministerinm wuß mindestens
von einer Partci uutcrstützt wcrden; ein Mi-
nisteriuin, welcheS vou keincr Partei unterstützt
wird, das ist unmöglich, denn cs ist ohne Ein-
fluß (Hriterkeit, Beifall), Jetzt ist dlkscS HlN-
derniß weggenommen, und so habcn wir in
eincr sehr deutlichen, viellcicht auch dicser
Seite dcs Hauscs genügenben Weisc in der
deutschen Fragc unsere Anstcht auSgesprochen.
Vor allem ist die hesflsche Frage recht eigcnt-
lich einc brennende. Dcr Hr! Referent vcr-
wißt mit Unrccht einen Nutzen nnsercS Ur-
theils. Abcr die Anerkennnng, daß treue Nach-
barn sich nie »erlaffen, stnd wir, als cine
wesentliche Untcrstützung, den Hesscn schuldig,
und ich mache mich, nach der Mittheilung
cines dortigen hervorragendcn ManncS, zum
Bürgen, daß man dort bkii entschiedensten
Werth auf dcn AuSspruch dieses Hauses legt.
— sHört, hört!) Die Frage in Bctreff des
WahlrechtS von 1819 gehörl zu den DclailS;
meine und mciner Freunde Anflcht ist, daß
daS Gesetz von 1819 verfaffungomäßigeS Recht
ist. — Sind wir ferner nicht in Betrcff des
Handelsvertrages mit grankreich in der gliick-
lichen Lagc, einem großen Nachbarvolke, dcm
wir einmal in feindlicher Beziehung gegcn-
überstehen könntcn, auf so ncntralcm Boden
unserc sricdliche Gcsinnung zu verflchcrn? Die
italienische Fragc hätte cbenso wrnig mit
Stillschwelgk» übcrgangcn wcrden dürfen. Jn
Betreff der Consolidirung Jtalicns habc ich
bei srüherer Gelegenhkit ganz besondcrs gc-
wirkt; jetzt handelt es sich nur darum, ctwaS
auzuerkcnncn, was wi'rklich schon bcstcht und
von verschikdenen Großmächten Europas aner-
kannt ist. Weim ich mir eincn Rückblick er-
lauben soll auf die Adresse der Eommisston,
so enthält diese an Stellc einer warme» An-
sprache an den König cinc Anklage gegen das
Ministerium, an Stclle des Eingehens auf
die gegenwärtigen Fragcn der Polilik ein
mürrisches Schweigen, und an Stelle dcr
Männlichkeit dcn PesstiriisuS. Meine Freundc
haben flch crlaubt, einen andercn Entwurf
gcgenübcrzustcllen, unb ich bitte dicsem die
Zustiminung zu gkben. (Beifall rechtS.) Nach
der Rede des Abg. v. Vinckc leeren sich die
Bänkc schr stark, auch dic Ministcr gehen
fort und die Unruhe, welche eintritt, machte
den folgenden Redner Abg. Groote auf der
Jouriialistentribüne skhr wenig verständlich.
v. Stzbcl I Aehilllche Vorwürfe, rvi'e Abg. v.
Vinckc sie den anderen Entwürfen gemacht,
ließen flch auch dem Vincke'schen machen. So
habe er (Redner) das Schwert, welchks nach
dem Bincke'schen Entwurfe nicht eher wi'eder
eingesteckt werden solle, als bis Hkffen und
Deutschland sein Necht erhaltcn, nberhanpt
noch gar ni'cht auS der Scheide gcsehen (Hci-
lerkeit). Das sei also anch nur so eine Art
Redcnsart. Er hättc bie Erwähnung des
HandclSvertrages >'n dcr Adreffe gewünscht.
Di'e wichtlgste Frage sel di'e kurhesstsche; sie
lnvolvire die dcigsche, uud unscre ganze aus-
wärtige Politik sci jetzt in biiselbe verwickelt.
Trr FelS sei' iii, Rollen; man habc dafür zu

sorgen, daß er nicht i» ciner Richimig rolle, wo
er unsere kigencn Zntereffen vernichte. Er habe
selbst dem heff. Staate angehört; cr würde flch
frcricn, wenn er etwas voa der Unerschütlertich-
keii und dem guten Gkwi'ffen geerbt hätte,
mit welchem das heff. Volk festhält an seinem
Rechte, an welchem alle Angriffe der europäi-
schei, Rcaction zerschellten (Bravo). Ein Vor-
kämpfcr dcs hesstschen Volkes, sert langer Zcit
krank, aber an dcffen krankcn Lippcn cben cin
ganzes Volk hänge (Friednch Oetker), habe
>hm noch kürzlich auf die Frage, ob die Hcs-
sen ei'ne Erwähnung Heffens in bie Adresse
wünschtcn, gcantwortet: „wic solltc es uns
nicht frcuen, wenn ein so großsd, starker Bru-
dcrstamm nns scine Theilnahmc anSspricht,
aber wenn es nicht gkschähe, so würde cs uns
ni'cht in unserm Jnneru rühren, denn in zehn
Jahren haben wir gclerni, von keiner äußercn
Einwi'rknng elwas zu hvffen; wir wiffen, daß
wir nur durch uns siegen können."

F r a n k r e i ch.

Paris, 10. Juni. Die Session des ge-
setzgebenden Körpers ist bis zum 27. Juni
verlängert worden.

Ita l Len

Turitt, 7. Iuni. Der Finauzminifter legt
in der Deputirtenkammer die Finanzlage dar.
Das Bubget von 1860 schloß mit einem De-
ficit von 23^/z Millionen ab; das von 1861
ergibt einen Ueberschuß von achtundzwan-
zig Millionen; 1862 wäre das Deficit 500
Millionen stark gewesen, allein durch die vo-
tirten und eingeführten Steuern, dürch die
außerordentlichen Hülssmittel, die Concessto-
nen von Eisenbahnen und Canälen und durch
die bereits autorisirte Emission von Schatz-
bons wird es «^auf 225 Mill. reduzirt. Der
Minister schlägt zur Deckung desselbe» die
Cesston der Domänengüter und den Verkauf
der Besitzungen der Kirchenkaffe vor, deren
Werth allein schon das sämmtliche Defi-
cit um Vieles übersteigt. Er beantragt fer-
ncr vermittelst eines den Grundwerth erhöhen-
den Verkauses die Ablösung der emphyteuti-
schen Belastungen. Endlich will er eine neue
Emission von Schaßbons im Betrage von
100 Mill. veranstalten. Die-Darlegung des
Finanzministers hat einen günstigen Eindruck
hervorgebracht.

R u ß l a n d.

Peteroburg, 30. Mai. Eben erfährl
man, daß in Folgc einer entdeckten Verschwö-
rung vielc Personen (Einigc sagen 1b0) ver-
hasikt »nd nach ber Festung gcbracht wordcn
stnd. Es befinden stch auch ein General und
andere Osfiziere dariinter; sogar Damen
sollcn stark compromittirt sein. Die Ver-
iammluiigeii sollen auf der Wpborgcr Sei'te,
«inem entferni gelegenen Stadtihklle PeeerS-
burgs, staitgefunden haben. Wie uiireif abce
die Ansichten, oder vieüei'cht auch, wie perffd
dic Mittel zur Aiifreizung der keideiischafien
der hiesigen Demagogcn ffnd, geht daraus
hervor, daß IN dcn Proclamatiöiien, wklche
vor etwa 10 Tagen in dcr Cal'ernc der
Garde zu Pferdc vertheill wurdcii, und.deren
Vcrbreilcr uran ergriffen hat, Gewernschaft
der Frauen mit als sin Hanptzweck der Be-
wcgung bezerchnet war.

St. Pctersburg, 8. Jum'. Die heu-
lige „Börsenzcliung" vervffemlicht ei'n kaiscr-
liches Decrct, wclcheS die freie Ausfuhr von
Silber in Münze odcr >n Barren gestattei.
Rur sür Silberscheidemünzc bleiben die frühe-
ren Regeln.

T ü r k e i.

Ragusa, S. Zuni'. Bel den iäglichen
Kämpsen, wclchc vom 2. d. angcfangen haben,
gab eS auf belden Seiten grvße Verlnstc. Zu
den Todtcn der Türken gchören Ferir Salih
Pascha, die Obersten Mchemcd und Mustafa
und noch andere Osstziere. Am S. d. hat
Derwisch Pascha nach siinsstnndigem Kampfe
dic vom Fiirsten vvn Montenegrv besetzte Po-
sttiön Ostrag erstürmt.

Mostar, 8. Juni. Am 3. d. wnrde Nick-
stch verproviantirt. Derwisch Pascha ging übcr
Banjani, traf die Montenegriner bci Trubjkdo,

. erlii! empfindliche Nerluste am Zetafluffe,
schlug aber an demselben Tagc die Monte-
negri'ner entscheidend, nach eincr zweltcn Nie-
derlagc dkS FelndeS, wklcher lil der Ebene
von Nickflcht erkämpft wurde.

Reueste Nachrtchten
Newstork, 31. Mal. Die Südstaatlicheu
haben Kvrinlh geräumt; vvn NeworleanS
flnd besscre Ausflchten in Beireff der Baum-
wolle eingetroffen. Bankö ist wiederholt in
Virgiuien vorgerückr.

Vrrmischte Aachrichten.

Heidelberg, 8. Junt. Vor einlgen Tagen wurde tu
dem Posthofe der hiesigen Eisenbabn etn bedeuteuder Dieb,
stahl durch Entwendung eincS für Kast u. G. in GernS,
bach bcstilnmtkir Geldpackcts tm namhasten Werth von
19^8 fi. verübt. Der Thätcr tst btS jctzt noch nicht ent-

Stuttgärt. Dte Wtrkung der am 1. Mai d. Z.
inS Leben gctretenen Gewerbefretheit ist tn unserer Stadt
ntcht unbedeutend. Es haben 144 Gewerbtreibende wäh-
rend deS ersten MonatS deS, BcstehenS derselben sich auf
dem Nathhause für den selbstständtgen Betrieb etnes Ge-
werbes angcmeldet, und zwar 34 Schuhmacher, 27 Schnei«
der, 18 Kaufleute, 13 Händler, 9 Schreiner, 6 Gypser,
4 Zimmerlcute, 4 Steinhaucr, 4 Goldarbetter', 3 Mctz-
ger, je 2 Bortenmacher, Küfcr, Buchbinder und Schmtede,
und je 1 Znstrumentenmacher. Optikcr, Mechantker, Weber,
Ftschcr, Glaser, Schloffer, Bäcker, Fuhrmann, Wetnhänd-
ler, Nagelschmied^ Hafner, Flaschner und Frtseur.

Karlsruhe, 10. Jnni. Uebcr dns
außcrorveniliche Budget sür 1862/63,
wsrin auch die Universttät HcideIberg mehr-
fach bcdachi ist, hat dcr Abg. Gschrep Be-
richi crstaiiet. Die Bndgetcommlsston em-
pstehle, sämmeliche Ansorderungen zn gcneh-
migen, mie AuSnahine von 22,200 si. für
Verlegung deS HauptzollamteS Ludwigshafen
nach Ueberlingcii, da dic Majorität der Com-
misfion diese Vertegung so lange vcrschoben
wiffen will, biS sich durch die Erfahrung
herauSgestcllt haben wird, welchen Elnfiuß dre
m Aussicht stehenden neiien Eisenbahnen auf
dcn Vcrkehr der - dorligcn Gegend auSüben
wcrden. Zur Ausglcichüng mit den vvrmals
rcichSunmittelbaren Grundhcrrn für aufgeho»
benc beclarationsmäßigc Rechte werdcn nach
Benehmen mit der Geoßh. Regierungscom-
snr 1862/63 statt 50,000 fl. nur 2S,000 fl.
bsantragt. Für dic Vornahme der ersten Vor-
arbeiten dcr neucn Katastrirmig des landwirih-
schaftlichen Geländes werdcn dic geforderlen

25.000 fl. zrir Geliehmigung, dabei aber zu-
gleich der Wunsch zu Prviokoll beaniragi, dic
Großh. Rcgierung möge einen Gesetzenlwurf
über cine neue Einschätznng der Gebände dcr-
art vorbereiten, daß der Beizng dcr nen er-
mitielic» Grund- und Häusersteuercapitalien
gieichzeilig staltfinde.

Für Heibelberg werden folgcnde Anfor-
derungen zur Genehnii'gung bcantragt: 1) Neu-
bau fnr naturwi'ssenschaftl. Jiistitute 65,000 fl.
als noch nicht verwcndetcr und deshalb auf-
rccht zi, erhaltendcr Crebitrest von dcn seüh-r
bewilligten 165,000 fl. Gegen die Bewilli-
gung wrrd wirb jcboch nur unter der auS-
drückilchcn Bedingung kem Einwand erhvben,
daß dic veranschlagle bedcutendc Summe von

165.000 fl. keineSfallS üöerschritten nnd die
StaaiSkasse nicht weiter in Anspruch genom-
men werde. 2) Außcrvrdentlicher Znschnß für
daS acadrmische KrankcichauS 17,600 fl.
3) ,e>n solcher für die CiitbindungSaiistalt von
2200 fl., 4) sür VervollständigungberSchränke
für die zvologische Sammlung wird sür die
laufende Bndgeiperlode einstwci'lcn die -vrr-
langte Hälfte bcr nvthigen Suiiimc mit
5000 fl. zur Bewilligiing beantragt. 5) Der
gesordertc einmali'ge Beitrag von 1000 fl. zur
Augeicheilanfialt bes Dr. Knapp i'n Heidel-
berg wlrd zur Genehmi'gung cnipsohlen. Die
Commisston erkennt jwar cinen bcgründclrn
Anspruch einer derartigen Privatanstalt auf
Staatsuntcrstützung nicht an, will jcdvch, im
Hinblick, daß Regi'ernng und Stände immer
bercit stnd, im Jntereffe der Küoste rmd Wis-
scnschafltn helfcnd einzulreien, „nd in Erwä-
gnng, daß die Vcrbefferung dieser Anstalt,
dahcr diescr Zuschllß hauptsächlich unbemittel-
ten Augenkranken zir Gm kvmmt, elnen ein-
maligen Beitrag von 1000 fl. nicht bean-
standeii.
 
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