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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Voss, Georg: Die Aufstellung von Werken W. Camphausens und Ch. Kotschs in der National-Galerie zu Berlin
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Pecht, Fr.: Unsere Bilder, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0063

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Die Ausstellung von lverken lv. Lamphausens und Th. Rotschs in der National-Galerie zu Berlin.

Arbeit bestellt wurde, so wurde ste gemacht. Ju merk-
würdigem Gegensatze zu diesen Gemälden aus dem dänischen
Feldzuge, aus dem österreichischen und dem sranzösischen
Kriege, die aus der Ausstellung recht zahlreich vertreten sind,
und deren Jnhalt wie die Bilder keincs anderen Schlachten-
malers in Norddeutschland durch Nachbildungen jeder Art
die weiteste Verbreitung gefunden haben, stehen
Camphausens großc Reiterportraits der Hohen-
zollern und ihrer Generale. Jn diesen Werken
schafft er freier. Aus den Stellungen dieser
Männer redet nicht mehr der gleichgiltige
Moment, sondern die Geberdensprache des
Herrschers, des Hclden und des Schlachten-
denkers. Dadnrch erhebt cr dicse
bildnisscharfen Züge znm Jdealpor-
trät, in dessen Linien wir den vollen
Charakler der dargestellten
Persönlichkeit wiedersinden.
Und der Himmel und die
Wolken sind in diesen Werken
nicht nach dem Kalendertage
gemalt, sondcrn so, wie sie
dem Künstler als der wirk-
nngsvollste Hintergrund für
die Persönlichkeit seines Hel-
den erscheinen. Die in diesem
Sinne entstandenen Gemälde,
namentlich die mächtigen Rei-
terbildniffe des großen Kur-
sürsten, Friedrichs des Großen

und des Kaisers Wilhelm befinden sich im alten Bcrliner
Schloß und konnten nicht mit zur Ausstellung hinzugezogen
werden. Das Schloß ist indessen nur wenige Schritte von
der Ausstellung entfernt. Es läßt sich somit hier über dic
Hauptmenge der für den Meister charakteristischsten Werke
eine vortreffliche Übersicht gewinnen, für welche die Kunst-
geschichtc dem Direktor der National-Galerie
Max Jordan zu großem Danke verpflichtet ist.
Die ebenfalls in der National - Galeric
eröffnete Ausstellung der Werke des Landschafts-
malers Theodor Kotsch macht diesen Künstler
in Norddeutschland zum ersten Male weiteren
Kreisen bekannt und zeigt die Lebensarbeit
eines Künstlers, dessen oberbayerischc
und Weser-Landschaften mit ihren
ernstgestimmten Eichenwäldern als
der Ausdruck einer feinfühlenden
Künstlernatur erscheinen, deren Werke
es wohl wert waren, hier zu cinem
Gesammtbilde vereinigt zn werden.
Der von der Direktion der
National - Galerie heraus-
gegebene Katalog dcr Aus-
stellnng bringt von beidem
Künstlern kurzgesaßte Bio-
graphien, in denen der künst-
X lerischen Richtung derselben
eine eingehende Würdigung
zu teil wird.
Grorg Voff


Studir. Von F. A. v. Uaulbach.

Nnserc Bilder.
Von Fr. Pecht.
^ u Rochegros se. Dem von uns gegebencn Versprechen,
^ auch die Kunst des Auslandes in besonders charak-
teristischen Erscheinungen zur Kenntnis unserer Leser bringen
zu wollen cntsprcchend, geben wir heute ein bedeutsames Mnster
der ncuesten französischcn Historienmalerei. Denn unstreitig
zählt der kaum vicrundzwanzigjährige George Rochegrosse,
dessen Szene ans dem so berühmtcn französischen Bauern-
krieg, der sogenannten Jaquerie, wir hier vorführen, zn den
wenn nicht jetzt schon bedeutendsten, doch vielversprechendsten
Geschichtsmalern realistischer Richtung in Frankreich. Dieses
Bild des Eindringens eines wütenden Bauernhaufens in
das Jnnere eines mittelalterlichen Schlosses, wo sie die
Familie des eben ermordeten Schloßherrn in Todesangst
zusammengedrängt finden und ihr dessen Haupt sowie sein
Herz aus Piken gesteckt zeigen, spricht ein hervorragendes
dramatisches Talent aus. Besonders ist die Großmutter,
wclche sich schützend vor ihre Tochter und deren Kinder
stellt, eine glücklich ersnndene, imponierende Gestalt, und
auch die entsetzt die Eindringenden anstarrenden Kinder
sind im Ganzen gut geschildert. Weit weniger wird man
sich mit den mehr wie die Jnsassen eines Jrrenhauses als
wie Bauern aussehenden Aufständischen befreunden können.
Hier wie beim ganzen Bild hat der Maler ganz offenbar
seine Erinnerungen an die Commune in Paris und die
Schreckensszenen jener furchtbaren Zeit verwertet, und dadurch

allerdings seiner Darstellung eine gcwisse packendc, unmittclbarc
Wahrheit gegeben, die sreilich mehr znrückstoßcnder, ja ent-
setzender, als eigentlich tragischer Art ist. Tenn der scheuß-
lichen Bestialität dieser Bauern gegenüber bieten ihre Opser
kein hinreichend edles und rührendes Gegengewicht.
Um so unbestrittener sind dagegen das große koloristische
Talcnt und die dramatische, sreilich bis zur Karikatur gehende
Encrgie des Künstlcrs, der in diesem dritten großen Bild
— die Verfolgung des Vitellius und dje Einnahme Troja's
gingen ihm voraus — unläugbar eincn cntschiedenen Fort-
schritt zn größerer Wahrheit und Gediegenheit zcigt. Ohnc
Zweisel auch darum, weil er hier den gesunden Verstand
hatte, seine eigenen Landsleute nnd ganz persönliche Er-
innerungen zu schildern, statt alter Römer oder gar Trojaner,
von denen er jedenfalls verzweifelt wenig verstand, wo man
dann die Wahrheit der Charaktere durch die des Kostüms
zu ersetzen genötigt ist, ihren Mangel aber dadurch in der
Regel nur noch auffallender macht.
Zn Lenbach^s „Kops einer Jtalienerin" sarazenischer
Abkunft, wie sie in Sizilien und Neapel noch so häufig zu
finden. Diese interessante Studie zeigt uns immerhin, wie
sich der Künstler zu immer größerer Breite, Kühnheit nnd
Meisterschaft aufschwingt, wenn auch viele seiner Verehrer
die Fraucnköpfe, die er früher hier in München oder Wien
gemalt, ob ihres seelenvollen Ansdruckes diesem echt klassischen
Profil noch weit vorziehen dürsten. Doch das ist nun eben
Geschmacksache, an Verehrern wird es auch dieser glut-
äugigen Schönen sicherlich nicht fehlen.
 
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