kieinrich kcinleiii. von L. 2l. Regiret. — Die Rerliiier Menzelfeste. von G. Do ß.
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heim dagegen lernte er ausgezeichnete Werke italienischer
nnd niederländischer Meister kennen und sah znm ersten
Male Abgüsse berühmter Antiken, ans denen ihm die ver-
gangene Welt mit ihrcm stolzen, ruhigen Adel bewültigend
entgegentrat: er hatte nur mehr den einen Gedanken,
Künstler zu werden.
Dagegen aber sprach sich der Vater mit Entschieden-
heit ans und war der Ansicht, er solle Kaufmann werden,
beschloß aber auf Verwendung der Mutter, die auf ihre
zu Berliu nnd Bayreuth in höheren Bauämtern stehenden
Brüder hinwies, Heinrich solle sich dem Banfache widmen.
>Lo ward Heinrich ein Schüler von Dyberhoff und begann
nach vierthalbjührigen Studieu unter ihm seine praktische
Laufbahn als wohlbestallter Baukondukteur in Mannheim,
studierte aber in seinen wenigen Mußestunden in der
Galerie und malte ohne Anleitung einige Szenen aus
Schillers Tell und aus den Schlachten von Sempach nnd
Morbach, um später mit Everdingen, Ruysdael und Sal-
vator Rosa in sympathischen Rapport zu treten.
Heinleins Enthusiasmus für die Natur wurde durch
eine um diese Zeit unternommene Fußreise nach Bayreuth
noch gesteigert, dagegen war sein Beschäftigung auf dem
Bureau des Oheims eine wahrhaft trostlose, er hatte nur
Kostenvoranschläge für Reparaturen öffentlicher Gebäude
auszuarbeiten. Der Oheim hielt ihn um so weniger fest,
als der Ausländer m Baiern auf keine Anstellung im Bau-
dienste hoffen durfte. So machte Heintein Ansflüge ins
uahe Fichtelgebirge, nach Böhmen, in die fränkische Schweiz,
nach Nürnberg u.
Jm Herbst 1822 kam August Riedel, der bekannte
Genre-Maler zu seinem Vater nach Bayreuth und als er
an die Akademie nach München zurückkehrte, begleitete ihn
Heinlein mit des Vaters Einwilliguug, der einsah, daß für
ihn in Bayreuth nichts mehr zu lernen war. Jn München
trat Heinlein an der Akademie, Abteilung für Architektur,
ein und ward Gärtners Schüler.
Auf seinen Ausflügen ins nahe Hochgebirge lernte
Heinlein die großartigen Schönheiten der Gebirgsnatnr
kennen. Jhre gewaltigen Formen, ihre einsamen Seen,
ihre düsteren Moore und Wälder und im Hintergrunde
die gigantischen Felsmassen, die brausenden, schäumenden
und stäubenden Wasserfälle und Bergbüche, sie wurden
seine Welt und kaum vermochte ein anderer Künstler sie
mit Stift und Pinsel so energisch wiederzugeben wie Hein-
lein. Ein paar seiner Bilder in der akademischen ülus-
stellung fanden freundliche Besprechung in der Presse. So
erhielt auch der Vater Kunde von dem Berufswechsel des
Sohnes und — entzog ihm die bisher gereichte Unter-
stützung. Dazu kam, daß auch die Akademie einiger Duelle
halber die jchützende Hand von dem Kunstjünger abzog,
die Polizei ihn zu fassen drohte — da ergriff derselbe den
Wanderstab und wanderte nach Mannheim.
Mit dem Erlös aus dem Verkanf einiger Bilder
bereiste Heinlein die Schweiz und Oberitalien und kehrte
nach München zurück. Als ihm daselbst wegen der er-
wähnten Konflikte mit der Polizei das Kopieren in der
k. Gemäldegalerie verwehrt wurde, schwamm er noch im
Spätherbste des Jahres 1825 auf einem Floße die Jsar
und Tonau hinab nach Wien. Ein paar dort gemalte
Landschaften fanden als Kunstwerke alle Anerkennung, aber
der schauerlichen Stafsage halber keine Käuser. Heinlein
verkaufte alles halbweg Entbehrliche uud kehrte iu vier-
zehntägigemununterbrochenem Marsche nach Mannheim zurück.
vie Kunst für Alle I.
Einen nun folgenden mehrjährigen Aufenthalt ini
Elternhause nnterbrachen nur Ausflüge iu den Schwarz-
wald, die Vogesen, das Hardtgebirge und die Rheinlande.
Jm Jahre 1829 ging Heinlein wieder nach München und
begann seine Thätigkeit mit solchem Erfolge, daß schon im
folgenden sein Ruf begründet war. So lange die Eltern
lebten, kam er alljährlich auf Besuch zu ihnen nach Mann-
heim, nach ihrem Tode veräußerte er das Haus und
machte sich iu München ansüssig, nm sich mit einer Bürgers-
tochter von Traunstein zu verehelichen, welche ihm drei
Töchter schenkte.
Gemülde von Heinlein befiuden sich in der Neuen
Pinakothek zn München und in den Galerien von Karls-
ruhe, Stuttgart, Hannover, Mainz, Braunschweig, Leipzig
nnd Prag, sowie in zahlreichen Privatsammlungen.
Jm Jahre 1846 erwählte ihn die Münchener
Akademie zu ihrem Ehrenmitgliede, und 1852 zeichnete ihn
König Maximilian H. von Baiern durch Verleihung des
Verdienstordens vom hl. Michael aus.
Unter seinem Rücklasse befindet sich eine Sammlung
von etwa zweihundert Skizzen seiner bedeutenderen Ge-
mälde.
Heinleiu war vielseitig unterrichtet, ein klarer Kopf
und durchaus ehrenwerter Charakter, von iniposanter per-
sönlicher Erscheinung mit ächt germanischem Typus, welche
sein Freund Kaulbach in dem lebensgroßen Porträt des-
selben in ganzer Figur iu der Rüstung festhielt, die er beim
Maskenfeste der Künstler des Jahres 1840 trug. Das
Bild befindet sich in der Neuen Pinakothek zu München.
Die Kunstgeschichte hat keinen Landschaftsmaler zu ver-
zeichnen, der Heinlein an gewaltiger Großartigkeit der An-
schauung der Gebirgsnatur und Wucht der Darstellung
erreichte. Wie ein nordischer Riese wandelt er auf himmel-
stürmenden Gletschern und in wasserreichen Schluchten ein-
her, die vor ihm keines Sterblichen Fuß betreteu; an
künstlerischer Mühe stehen ihm nur Carl Rottman und
Albrecht Zimmermann gleich.
Carl Alberk Regnek
Dir Vrrlinrr Mensel-Frlle
ol keinem unserer Künstler sind in den letzten Jahr-
zehnten bei den verschiedensten Veranlassungen die
Ehrenbezeugungen von allen Seiten in so verschwenderischer
Fülle zu teil geworden, als dem großen Realisten der
Berliner Schule, Adolph Menzel. Bei allen Jubiläen
des Meisters und bei den verschiedenen Sonderausstel-
lungen seiner Werke war es so oft und in den enthnsia-
stischsten Worten ausgesprochen, daß wir in ihm den
größten unter allen lebenden Künsttern Deutschlands ver-
ehren. Doch der Jubel, welcher dem Meister bei seinem
vor kurzem gefeierten 50jährigen Künstlerjubiläum von
allen Seiten entgegentönte, sollte noch überboten werden
durch die Ehren, welche ihm bei dem letzten Feste an seinem
siebzigsten Geburtstage zu teil wurdeu. Unter den Briefen,
welche den Jubilar am Morgen begrüßten, befand sich ein
langes Handschreiben des Kaisers, der dem Maler der
Thaten seines königlichen Ahnherrn seinen Dank aussprach.
Mitten unter den Glückwünschenden, die sich in der Woh-
nung Menzels zusammensanden, stand der deutsche Kron-
prinz, der dann auch in Gegenwart von allen, die in der
Hauptstadt zur Vertretung idealer Jnteressen berusen sind,
und im Beisein der Künstlerdeputationen aus den großen
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heim dagegen lernte er ausgezeichnete Werke italienischer
nnd niederländischer Meister kennen und sah znm ersten
Male Abgüsse berühmter Antiken, ans denen ihm die ver-
gangene Welt mit ihrcm stolzen, ruhigen Adel bewültigend
entgegentrat: er hatte nur mehr den einen Gedanken,
Künstler zu werden.
Dagegen aber sprach sich der Vater mit Entschieden-
heit ans und war der Ansicht, er solle Kaufmann werden,
beschloß aber auf Verwendung der Mutter, die auf ihre
zu Berliu nnd Bayreuth in höheren Bauämtern stehenden
Brüder hinwies, Heinrich solle sich dem Banfache widmen.
>Lo ward Heinrich ein Schüler von Dyberhoff und begann
nach vierthalbjührigen Studieu unter ihm seine praktische
Laufbahn als wohlbestallter Baukondukteur in Mannheim,
studierte aber in seinen wenigen Mußestunden in der
Galerie und malte ohne Anleitung einige Szenen aus
Schillers Tell und aus den Schlachten von Sempach nnd
Morbach, um später mit Everdingen, Ruysdael und Sal-
vator Rosa in sympathischen Rapport zu treten.
Heinleins Enthusiasmus für die Natur wurde durch
eine um diese Zeit unternommene Fußreise nach Bayreuth
noch gesteigert, dagegen war sein Beschäftigung auf dem
Bureau des Oheims eine wahrhaft trostlose, er hatte nur
Kostenvoranschläge für Reparaturen öffentlicher Gebäude
auszuarbeiten. Der Oheim hielt ihn um so weniger fest,
als der Ausländer m Baiern auf keine Anstellung im Bau-
dienste hoffen durfte. So machte Heintein Ansflüge ins
uahe Fichtelgebirge, nach Böhmen, in die fränkische Schweiz,
nach Nürnberg u.
Jm Herbst 1822 kam August Riedel, der bekannte
Genre-Maler zu seinem Vater nach Bayreuth und als er
an die Akademie nach München zurückkehrte, begleitete ihn
Heinlein mit des Vaters Einwilliguug, der einsah, daß für
ihn in Bayreuth nichts mehr zu lernen war. Jn München
trat Heinlein an der Akademie, Abteilung für Architektur,
ein und ward Gärtners Schüler.
Auf seinen Ausflügen ins nahe Hochgebirge lernte
Heinlein die großartigen Schönheiten der Gebirgsnatnr
kennen. Jhre gewaltigen Formen, ihre einsamen Seen,
ihre düsteren Moore und Wälder und im Hintergrunde
die gigantischen Felsmassen, die brausenden, schäumenden
und stäubenden Wasserfälle und Bergbüche, sie wurden
seine Welt und kaum vermochte ein anderer Künstler sie
mit Stift und Pinsel so energisch wiederzugeben wie Hein-
lein. Ein paar seiner Bilder in der akademischen ülus-
stellung fanden freundliche Besprechung in der Presse. So
erhielt auch der Vater Kunde von dem Berufswechsel des
Sohnes und — entzog ihm die bisher gereichte Unter-
stützung. Dazu kam, daß auch die Akademie einiger Duelle
halber die jchützende Hand von dem Kunstjünger abzog,
die Polizei ihn zu fassen drohte — da ergriff derselbe den
Wanderstab und wanderte nach Mannheim.
Mit dem Erlös aus dem Verkanf einiger Bilder
bereiste Heinlein die Schweiz und Oberitalien und kehrte
nach München zurück. Als ihm daselbst wegen der er-
wähnten Konflikte mit der Polizei das Kopieren in der
k. Gemäldegalerie verwehrt wurde, schwamm er noch im
Spätherbste des Jahres 1825 auf einem Floße die Jsar
und Tonau hinab nach Wien. Ein paar dort gemalte
Landschaften fanden als Kunstwerke alle Anerkennung, aber
der schauerlichen Stafsage halber keine Käuser. Heinlein
verkaufte alles halbweg Entbehrliche uud kehrte iu vier-
zehntägigemununterbrochenem Marsche nach Mannheim zurück.
vie Kunst für Alle I.
Einen nun folgenden mehrjährigen Aufenthalt ini
Elternhause nnterbrachen nur Ausflüge iu den Schwarz-
wald, die Vogesen, das Hardtgebirge und die Rheinlande.
Jm Jahre 1829 ging Heinlein wieder nach München und
begann seine Thätigkeit mit solchem Erfolge, daß schon im
folgenden sein Ruf begründet war. So lange die Eltern
lebten, kam er alljährlich auf Besuch zu ihnen nach Mann-
heim, nach ihrem Tode veräußerte er das Haus und
machte sich iu München ansüssig, nm sich mit einer Bürgers-
tochter von Traunstein zu verehelichen, welche ihm drei
Töchter schenkte.
Gemülde von Heinlein befiuden sich in der Neuen
Pinakothek zn München und in den Galerien von Karls-
ruhe, Stuttgart, Hannover, Mainz, Braunschweig, Leipzig
nnd Prag, sowie in zahlreichen Privatsammlungen.
Jm Jahre 1846 erwählte ihn die Münchener
Akademie zu ihrem Ehrenmitgliede, und 1852 zeichnete ihn
König Maximilian H. von Baiern durch Verleihung des
Verdienstordens vom hl. Michael aus.
Unter seinem Rücklasse befindet sich eine Sammlung
von etwa zweihundert Skizzen seiner bedeutenderen Ge-
mälde.
Heinleiu war vielseitig unterrichtet, ein klarer Kopf
und durchaus ehrenwerter Charakter, von iniposanter per-
sönlicher Erscheinung mit ächt germanischem Typus, welche
sein Freund Kaulbach in dem lebensgroßen Porträt des-
selben in ganzer Figur iu der Rüstung festhielt, die er beim
Maskenfeste der Künstler des Jahres 1840 trug. Das
Bild befindet sich in der Neuen Pinakothek zu München.
Die Kunstgeschichte hat keinen Landschaftsmaler zu ver-
zeichnen, der Heinlein an gewaltiger Großartigkeit der An-
schauung der Gebirgsnatur und Wucht der Darstellung
erreichte. Wie ein nordischer Riese wandelt er auf himmel-
stürmenden Gletschern und in wasserreichen Schluchten ein-
her, die vor ihm keines Sterblichen Fuß betreteu; an
künstlerischer Mühe stehen ihm nur Carl Rottman und
Albrecht Zimmermann gleich.
Carl Alberk Regnek
Dir Vrrlinrr Mensel-Frlle
ol keinem unserer Künstler sind in den letzten Jahr-
zehnten bei den verschiedensten Veranlassungen die
Ehrenbezeugungen von allen Seiten in so verschwenderischer
Fülle zu teil geworden, als dem großen Realisten der
Berliner Schule, Adolph Menzel. Bei allen Jubiläen
des Meisters und bei den verschiedenen Sonderausstel-
lungen seiner Werke war es so oft und in den enthnsia-
stischsten Worten ausgesprochen, daß wir in ihm den
größten unter allen lebenden Künsttern Deutschlands ver-
ehren. Doch der Jubel, welcher dem Meister bei seinem
vor kurzem gefeierten 50jährigen Künstlerjubiläum von
allen Seiten entgegentönte, sollte noch überboten werden
durch die Ehren, welche ihm bei dem letzten Feste an seinem
siebzigsten Geburtstage zu teil wurdeu. Unter den Briefen,
welche den Jubilar am Morgen begrüßten, befand sich ein
langes Handschreiben des Kaisers, der dem Maler der
Thaten seines königlichen Ahnherrn seinen Dank aussprach.
Mitten unter den Glückwünschenden, die sich in der Woh-
nung Menzels zusammensanden, stand der deutsche Kron-
prinz, der dann auch in Gegenwart von allen, die in der
Hauptstadt zur Vertretung idealer Jnteressen berusen sind,
und im Beisein der Künstlerdeputationen aus den großen
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