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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Schulze, L.: Die Hannöversche Kunstausstellung
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Paul, Richard: Die "Zerstörung Roms"
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0261

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202

Die hannöversche Runstausstellung — Die Aerstörung Roms. von Richard paul

Die tzannüversche NunstallSfteUling
Die 54. Kunstausstellung iu Hannover, welche wie all-
jährlich am 24. Febr. eröffnet ivurde, reiht sich den friiheren ?lns-
stellungen wiirdig an. Der Katalog weist nicht weniger als 741
Nummenr auf, und da ist es ganz natiirlich, daß auch manches
Minderwertige mit nnterlänft. Jm großen und ganzcn ist die
Ansstellung aber eine glänzende zu nennen. — Historienbilder
fehlen freilich gänzlich, denn eine recht mäßige Brautwerbung
Luthers ist kaum mitzurechnen. Das wird hier diesmal aber
weniger empfnnden, da im verivichenen Sommer gelegentlich der
Versammlung der Verbindung fnr historische Kunst im hiesigen
Muieum eine groste Fiille historischer Kunstwerke und Entlviirfe
zn solchen ansgestellt und fiir einige Tage dem Publikum zu-
gänglich gemacht waren. Jm allgemeinen dominiert die Land-
schaft und sindet diese in der Regel hier auch die meiste Gegen-
liebe. Jn der Genre- und Porträtmalerei sind aber auch viele
tiichtige, in letzterem sogar sehr hervorragende Meisterwerke vvr-
handen. — Das wohl unzweifelhaft gröstte Jnteresse erregen
drei Porträts des hiesigen Hofmalers nnd Profesfors F-r. Kaul-
bach und in erster Linie dasjenige der Königin-Witwe Marie
von Hannover, welches der Meister kiirzlich in Gmunden gemalt
hat nnd in seiner austerordentlich feinen und, man kann sagen,
schönen Charakteristik wohl uniibertrosten dastehen diirfte. Aus
dem Gesichte strahlt deni Beschauer eine solche Fülle von Genmt
und Seelenleben entgegen, daß man immer ivieder davon ange-
zogen wird. Neben diesem Porirät erregt dasjenige der Prinzessin
von Hanau, einer gebornen Gräsin Grote, wohl das meiste 4luf-
sehen. KaulbachS Technik hat sich der Neuzeit wenig akkommo-
diert, nnd mancher, der nur anf die Errungenschaften der mo-
dernen Meister schwört, wird sich daher vielleicht weniger für die-
selbe envärmen; nichts destoweniger werden Kaulbachs Werke
immer zu dem Besten zu zählen sein, was die Kunst erreichen
kann und in der Zukunft inimer ihre wohlverdiente Ilnerkennung
sinden.
Neben Kanlbach bildet eine groste Marine, ein Dampfer
im Sturm von A ndrea s ?lchenba ch in Düsseldors, einen der Glanz-
punkte der Ausstellnng. llnter den Genremalein ist KlauS Meper
aus Hannvver in Mtünchen mit einer „Neuigkeit" vertreten. Drei
alte Franen habcn sich znni Klatsch in eiiiem Zimmer zusnmmen-
gefunden, nnd die eine ist eben dabei, etwas Jnteressantes von
ihrer lieben Nachbarin zuni besten zu geben. Vor diesen Frauen
sitzen drei Katzen und der feine Humor, die Charakteristik der
ganzen Sitnativn, sind ineisterhaft gelungen.— Neben Klaus Meper
sind nanienllich hervorzuhebeni L. Bokelmanii, Vinzent
Stoltenberg-Lerche, Jakobus Leisten und Hugo
Lehmichen in Düsseldorf; I Lanpheimer, Ernst Ludolf
Meher und W. Roegge in München, nnd M. Rentel in
Weimar. Ilnter den Tiermaleni exzelliert wie imnier Chr.
Kröner in DüsjelSvrf. Jhm schliesten sich an: C. F. Deiker
und I. Deiker daselbst; weiter H. Baisch in Karlsrnhe, Chr.
Mali in München nnd C. Roux in Maniiheim. — llnter den
Landschaften ist des Vorzüglichen und Guten so viel, daß eine
Aufzähluiig auch nur der besten Werke zu weit führen würde.
Angekauft sind bisher folgende Kunstwerke: zwei Tagstillleben
von A. Arnz in Düsseldorf, ein Genrebildchen von Margarethe
Pfeifer in München: Landschaft von R. Schultze in München;
desgleichen von C. Weysser in Baden-Baden; desgleichen von
E. v. Ernst in Düsseldois; von A. Metzener daselbst (eine
große prächtige Schweizerlandschaft!: zwei prächtige Jnterieurs
von F. Sturtzkopf in Weimar; zwei Stillleben von Lonise
Lenke in Hannover; zwei groste Landschasten von C. Oesterley
in Hamburg; eine deSgl. von I. Monien in KönigSberg; eine
Marine zMondschein) von ikylander in Hamburg; eine große
Marine von G. Grobe, früher in Düsseldorf, jetzt in Hamburg;
ein „Ritt znni Schlosse" von I. Aigner in Miinchen; ein
Miniaturbild von C. Bostelmann anf Wacholz; einc Land-
schaft von Marie v. Keudell in Berlin; eine groste Landschaft
von H. Frische in Düsseldorf; eine Landschast von C. v. d.
Hellen daselbst; eine Landschafl von Ph. Roth in München;
eine Landschaft von P. Cohen in KarlSruhe; ein Jnterienr von
Hoeck daselbst; ein Genrebild von A. Montan in Düssel-
dorf; ein Genrebild von Ernst Ludolf Meyer in München;
sin prächtiger nordischer Wasserfall von Th. v. Eckenbrecher
in Düsfeldorf; eine Landschaft von A. Askevold in Düsseldorf;
eine Winterlandschaft von I. Duntze in Düsseldorf; eine Statnette
in Bronze von M. Heinrich Bännier in Dresden; ein Genre-
bildchen von Harald Friedrich in Hannover: eine Abendland-
schaft von I. Gehrich in München; cine Landschaft von H.

Steinicke in Düsseldorf; ein Genrebild von F. Sonder-
land in Düsseldorf: ein Genrebild von H. Sondermann in
Düsseldorf; eine Landschaft von F. v. Hugo in Kassel; eine
Landschaft von P. Hoken in Hannover; eine Landschaft von
G. HanSmaiin in Hannover: eine Landschast von W. Na-
bert in Düsseldorf: ein Genrebild von Ch. Webb in Brüssel:
eine Landschaft von E. Gertner in Hannover; eine Marine
von L. Schulze-Waldhausen in Hannover; eine Landschaft
von H. Stromeyer in Karlsnihe; eine Landschast von T.
Verhas in München: eine Landschaft von G. Koken in
Hannover: ein Stillleben von E. Hanlelmann in Hannover:
eine Marine von E. Neumann in Kassel: ein Genrebild von
W. Roegge in München; ein Genrebild von E. Henseler
in Berlin: ein Genrebild von H. Plathner in Düsseldorf:
eine Landschast von E. Randel in Düsseldorf; eine Landschast
von Rodde in Charlottenburg nnd ein Genrebild von H. Oeh -
michen in Düsseldorf. — Jm ganzen beträgt der Verkaufs-
preis dieser Kunstwerke etwa 40,000 Mark.
Hoffentlich gelingt es, zu Ankäufen auf unseren KunstauS-
stellungen für die hier unter Seyuester stehende vormals königlich
hannoversche Galerie ans dem seguestrierten Bermögen des ver-
storbenen Königs Georg V. von Hannover den friiher bewilligten
Zuichust von 2000 Thalern in Gold oder 6600 Mk. in Kurant
alljährlich wieder zu erhalten. Wenn dann daneben der hiesige
Kunstverein sich so weiter entwickelt, wie dies in den letztenZeiten
der Fall gewesen, so ist zu erwarten, daß in kommenden Jahren
sich die Ankäuse noch erheblich vermehren werden. — Zuni Schlust
möge noch die Bemerkung skattfinden, daß die Düsseldorfer
Meister namentlich viel zn dem Glanze der Ausstellnng beige-
tragen haben.
L. Schulze-Waldhausen

Die „Ecrstörung üams"
Wir reproduzieren den in der L'Jtalia am 21.
März d. I. veröffentlichten Brief, den Herr Löwenthal,
ein dentscher Maler, an den Herzog Torlonia, Prosyndikus
und Präsident der Gesellschaft für Knnstfreunde in Rom,
gerichtet hat.
Geehrter Präsident!
Ter Munizipalrat von Rom, dessen Chef Sie sind, hat
sich in der Sitzung vom 13. vor. M. mit eineni Äriefe des Herin
Hermann Grimni, eines der bedentendsten Schriftsteller in Berlin,
beschäftigt, welcher an die „deutsche Rundschan" gerichtet, von den
Akten des Vandalismus handelt, welchc man in Rom znr Er-
öffnung neuer Kommuiiikationsmege verübt.
Eine so schiverwiegende Anschuldigung enthält zugleich eine
groste Beleidignng gegen die z. Z. in Rom lebenden Künstler
aller Nalionen, welche Sie jedes Jahr durch ihre Zustimmung
zu ihrem Präsidenten erwählen und zwar gerade deshalb, weil
dieselben Jhre Liebe und Jhr tiefes Jnteresse fiir die schönen
Künste aiierkennen.
Herr Grimni beschäftigt sich mit der Geschichte der Kunst:
möge er mir zuerst erlauben, ihm eine Frage der Kunst vorzu-
legen. Die Blostlegung des Pantheons des Ägrippa, des Palastes
de Cancellaria von Bramante, des Palastes Massini von Peruzzi,
der kleinen Farnesina, die Entdeckung von drei prächtigen Äronze-
statuen, deren eine griechischen llrspinnges ist, sind sie nicht eine
geniigende Entschädigung für all' das baufällige Gemttuer, welcheS
man niedergeworfen hat?
Jetzt eine historische Frage. Die nngeheuren von dicken
Mauerwerken umgebenen Grundstücke in der Mitte der Stadt, z. B.
Ltracka guattro toutLne bei kortu pla, bei S. Maria Maggiore,
bei St. Giovanni in Laterano, sind dies historijche Eriniierungen,
würdig sie zu erhalten, ebenso wie einige Villen, welche ewige
Fiebernester gewesen?
Mein gelehrter Landsmann weiß besser als ich, daß zur
Zeit des römischen Kaiserreiches diese Viertel dort diejenigen ge-
wesen, in welchen sich das Bolksleben konzentrierte, wie heute im
Ostend zu London und der Prenzlauer Borstadt in Berlin, und,
wenn die modernen Ftaliener ihre Ltadt von neueni nach diesen
Richtungen hin vergröstern wollen, haben deshalb die Fremden
das Recht, Proteste zn erheben? Die Künstlerwelt ist der Mein-
ung, daß inan selbst zu viel Schonuiig gegen gewisse Gebäude übe,
melche, nichts als schlechte Nachcihniungen berühniter Monnmente,
sehr wohl ohne Gefahr für die Knnst verschwinden könnten, vor-
 
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