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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Pecht, Friedrich: Die Berliner Jubiläums-Ausstellung, [4]
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Ein Sommerfest im Malkasten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0387

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504

Die Berliner Iubiläums-Ausstellung. von Fr. pecht — Lin Sommerfest im Malkasten

Wendung die Schule genommen, die darin mit der Mnnchener ganz Hand in Hand geht. Klassizismus gibt
es ohnehin überall nur auf Staatskosten.
Freilich habe ich mir mit Gehrts schon eines der bcsten romantischen Bilder vorweg genommen, wic
es denn bei der heillosen Durcheinandermischung aller Schnlen hier ebenso schwierig ist, ihrcn Charakter fcst-
zustellen, als nichts zu vergessen. So bringen alle Schulen Bilder ans der Zopfzeit, dieselben sind aber
merklich anders in München geartet als in Berlin, Wien odcr Düsseldorf. Jn diesem vertritt Erdmann
das Fach durch eine Testamentsverlesung, dic den feinen Silberton, die gebrochenen Farben des Rokoko mit
Glück wiedergibt, und der man nur etwas mehr Hnmor oder schärfere Charakteristik wünschen möchte. Mehr
von beidem zeigt Julie Koppers, die eine vornehmc Dame und ihre Enkelin im Park dnrch ein bettelndes
Zigeunermädchen mit Großmama nicht eben erwünscht heimsuchen läßt. Der Gegensatz der bciden Großmütter
ist aber nicht ohne leise Jronie gegeben und die Enkelinnen sind noch besser gelnngen, besondcrs das schene
Zurückweichen des vornehmen Kindes vom ungewaschenen braunen Zigeunermädchen. Bosch führt uns dann
Genoveva in der Wildnis vor, wo Schmerzenreich mit den Tieren des Waldes spielt und man sich da nur
wundert, wo sie die Seife herbekommen haben, um so sauber auszusehen. Das ist gerade, wie wenn nnsere
Bataillenmaler die Soldaten in der Schlacht genau so wohlgebürstet erscheinen lassen, als auf der Parade,
während sie doch, mit allem Staub und Schmutz bedeckt, wie sie es sind, so nnendlich viel malerischer aus-
sühen. Zu Boschs lieblicher Jdylle paßt da jedenfalls die Reinlichkeit sehr viel besser, da sie in diesem Falle
ein Spiegel der Seele ist. Auch Hermann und Dorothea vom Dresdener Julins Scholtz zeigen sie, von
dessen glänzendem malerischen Talent diese zn sentimental geratene Grnppe indes keinen rechten Begrifs gibt.
Um so besser thut das Leon Pohles lebensgroßes Brustbild einer „Thüringerin", ein lebensprühendes
Meisterwerk ersten Ranges, dessen wunderbarer Behandlung des Kolorits ich keinen zweiten Kopf in der Aus-
stellung an die Seite zu setzen wüßte, cs wäre dcnn der von Max' „Astarte", den man hier aber kaum wür-
digen kann. Bilder-Aufhängen muß man überhaupt hier in Berlin noch lernen, es ist geradezu unglanblich,
was man in dieser Beziehnng oft geleistet hat, wobei denn München wie Düsseldorf gleich schlecht wegkamen.
Frankfurt ist diesmal auffallend schwach vertreten im Sittenbild. W. Beers Bärensührer auf eincm
rnssischen Jahrmarkt ist das einzige, was mir aufgefallen dnrch die feine Charakteristik seiner kaum zollhohen
Figürchen.
(Fortsetzung folgt.)

Eirr Somrnevfesl irrr Wcli'kcrsten

^lllm 8. Juli veranstaltetc die Düsseldorfer Küustlerschaft
in den prächtigen Parkanlagen des „Malkastens"
ein Kostümfest, dessen ganzer Verlauf ein äußerst glän-
zender war. Als leitender Gedanke lag demselben der
Einzug und die festliche Begriißung siegreich heimkehrender
Kreuzfahrer zu Grunde. Das Programm der Feier gibt
in kurzen Zügen folgende Stelle der von Maker Daelen
verfaßten und von Maler Erdmann (als Landesfürst)
vorgetragenen Begrüßungsrede:

So laßt's Euch denn wohl sein, seid wieder zu Hause!
Das Kreuz, das Jhr trugt den Heideu zum Grause,
Jhr habt es mit Ehren genugsam getragen,
Drum mög' es zu Hause Euch nicht mehr plageu.
Nicht fiirder braucht Jhr die feindlichen Recken
Ju heißem Tjost in den Sand zu strecken,
Doch da es mal iiblich bei tapferen Rittern
Zu leben nicht ganz ohne Lanzensplittern,
So gibt's hier zu Kurzweil und Hoppoldey
Auch eiu Speerebrechen in buntem Turney.
Und den Preis wird Euch spendeu mit liebreichem Sinue,'
Besiegten uud Siegern, die holdeste Minne.
Hier bedreueu, wetteifernd mit Sarazenen,
Euch keine Drachen, Löwen, Hyänen, —
Wir ließen vorsorglich die wilden Bestien
Zur Lust des Beschauers im Zwinger befest'gen.
Zu fürchten gibt's hier keines Flusses Tiicken,
Wir schlugen im voraus die sestesten Brücken;
So ziehet auf Blumenpfaden das Heer.
Auch speiet Verderben kein wütendes Meer,
Hier unser Wasser ist harmlos und heiter,
Drauf seht Jhr sich tummeln die Jungens und Waiter;*)

Dort wo Jhr als Siegerin froh entziickt
Frau Veuus, die Schaumgebor'ue erblickt,
Da werden die Lanzen in kainpflichem Streben
Zu lustigem Schifferstechen sich heben,
Da purzelt, wer fest nicht, statt in den Sand
Jn's pluntschende Wasser von Bootes Rand!
Drob mög' Euch ergötzen der bunteste Trubel
^zu farbreichem Wechsel des Jahrmarkts Jubel.
Da laden verlockende Rosenhecken
Zu koseudem Flüstern, zum Tändeln und Necken,
Da klingen die Geige, Holzzinke und Flöte
Zum Neigen und Sprimg biS zur Morgenröte;
So schwingt Euch, vergessend den Waffentanz,
Jn Fulafanz, Miirmun und Govenanz. —
llnd wen es gelüüet, der Ruhe zu Pflegen,
Mag im Lager sich auf die Bäreuhaut legen.
Jhr findet niohl, hoff' ich, für Euer Erquicken,
Jst pünktlich gesorget in allen Stiickeu.
Ja ward durch den gliihenden Wüstensaud
Auch riesig der Durst wie ein Höllenbrand,
Für's Löschen weiß Rat man im Abendland,
Denn Bacchus, der frohe, läßt allzeit gedeih'u
Am herrlichsten uns die Reben am Rhein! —

Ju stöhlichster Feststimmung dauerte demgemäß die heitcrc
Feier wirktich bis zum frühen Morgen, dessen Herannahen
schon deshalb kanm bemerkt werden konnte, da während
der Nacht der ganze Park durch elektrische Lampen taghell
bekeuchtet wurde und in diesem schimmernden Lichtmeer
einen wirklich feenhaften Anblick bot.

*) Jm DLffeldorfer Dialekt Bezeichnung fiir „Mädchen".
 
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