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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Pecht, Friedrich: Aus München
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0204

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Aus Nünchen.
Von Lr. pechi.



<^Hm Münchener Glaspalast siiid dermal die ca. 30 Zeich-
mingeii und Modelle zn sehen, aus welchen branch-
bare auszusuchen die keineswegs leichte Aufgabe der Preis-
richter für das Wörthdenkmal war. Denn, daß wir es
nur gleich gestehen: vcm allen Preisbewerbnngen, die wir
hier je gesehen haben, ist diese die schwächste. Wäre es wirklich
Abnnhme des Respekts vor der
Kunst, Aiangel an Gewissenhaftig-
keit nnd Selbstachtnng, die solch'
trauriges Resnltat hervorgebracht?
Sder ist eo nicht vielmehr der
Widerwille gcgen das System der
Prcisbewerbnng, — wo man ge-
wvhnlich schon im Boraus weiß,
wer prämiiert werden soll — der
es den Beteiligten möglich machte,
sich mit solch slüchtigen Arbeiten
zn begnügen, daß sie in ihrer
großen Aiehrzahl nnserer Plastik
und Architektur ein sehr mißliches
Zeugnis auSzustelleiischeineii. Eine
solche Konknrrenz-Skizze soll doch
die Hanptschwierigkeiten wenigsteiis
einigermaßen gelöst, jedensalls den
plastischen Gedanken dentlich her-
ausgearbeitet haben, sie soll uns
auf alle Fälle einen Begriss von
der künstlerichen Persönlichkeit und
vom Leistnngsvermögem dessen
geben, der sie macht. Hier ist
aber von eigenartiger Aufsassung
und selbständiger Formeiisprache
so selten die Rede, daß die
Mehrzahl der Modelle sich im
Gegenteil anffallend gleichen. Ties
gilt selbst von Rümanns mit
dem ersten Preis gekröntem Ent-
wnrf nnd m an braucht sich nur
an seines Verfassers Modell zum
Lindaner Brnnnen zu erinnern,
uni das jetzige tief unter jenem
zu sinden. Offenbar nur, iveil
sich sein Antor gar nicht die
Mühe genvnimen hat, dasselbe
irgendwic durchzuarbeiten, da
es ihm doch sicherlich iveder
an Talent noch Könneii sehlt.
Wie endlich Pros. Thiersch zu
solch einem plnmpen, in gar
keinem Verhältnis zur Figuren-
gruppe stehenden llnterbau kam, ist volleuds uuerffndlich.
Doch hier kaun man sich wenigstens vorstellen, daß die
Gruppe immerhiu noch etwas wirklich Schönes werde,
wenn der Meister seine Figuren von den ganz in der
Art der Zopfbildhauer übertriebenen Gebärden zu etwas
mehr plastischer Ruhe zurückführe. Diese heute bei
so vielen Bildhauern mehr und mehr hervortretende Neig-
ung zur übertriebenen Gebärdensprache des Barockstils und

seinem gründlich hohlen Pathos, sowie zu seiner sogenannteu
malerischen Behandlung, wo man eine Götün in Lumpen
einhüllt, wie eine Bettlerin, statt sie mit Gewändern zu
bekleiden, deren nsthmischer Fluß uns wie wohllautende Berse
sofort in eine höhere Sphäre heben könnte, — sie deutet
doch ofsenbar auf eine bedenkliche Abstumpfniig des Ge-

Aus M. Airbergs Skizzenbuch
fühls sür die Würde der Kunst überhaupt, ganz besonders
aber aus eine Abnahme des Sinnes für die strengste und
edelste Richtung derselben, die monumentale Plastik hin.
— So langweilig und gespreizt es aber aussieht, wenn
man den Gipskopf in die Malerei hinüberträgt, so gemein
wirkt die Übertragung der Malerei in die Plastik, sobald
sie weiter als bis zur Charakteristck des Stofflichen und
dem Auffuchen pikanter Schatteiiwirkungen geht.
 
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