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Me Verliner Iubüaum^-Musstellung.
Von Lr. pecht
(Lortsetzung)
VI. Soldatrnbilder
as bewiese schlagender die große Friedensliebe des deutschen Volkes, als die geringe Zahl unserer
kriegerische Vorgänge schildernden Bilder? Sie, die in dem französischen Salon alle Wände von Blut
triefen lassen, find auf denen unserer Ausstellung an den Fingern abzuzählen. Unsere Schlachtenmaler müßten
alle verhungern, wenn sie nicht außerdem auch noch Pferde, Jagden, Porträte malten. Das hat zwei Gründe, die beide
leider nicht sehr schmeichelhaft für uns sind, deren Armee jetzt anerkanntermaßen die erste der Welt ist und
zugleich eine Volkstümlichkeit genießt, die man speziell hier
in Berlin auf Schritt und Tritt wahrnehmen kann und die
keiner anderen unserer nationalen Körperschaften und Ein-
richtungen auch nur entfernt in diesem Maße zukäme. Nicht
einmal der Geistlichkeit und noch viel weniger der Volks-
vertretung, die längst dafür gesorgt hat, daß ihr die Nation
mit sehr gemischten Empfindungen gegenübersteht. — Woher
also dieser anscheinende Widerspruch? Er ist nicht schwer
zu erklären. Erstens aus der Abneigung unseres höheren
Bürgerstandes gegen den Krieg überhaupt und seinem noch
geringeren Nationalgeist, da wenigstens denen, die allein
Geld zum Bilderkaufen hätten, der Kurszettel viel inter-
essanter ists als der nationale Ruhm, an dessen Erwerbung
sie allerdings ausnehmend wenig beteiligt waren. Dazu
kommt die Gleichgültigkeit der regierenden Büreaukratie wie
unseres Schulmeistertums gegen denselben, der sich in der
z. B. in Bayern gänzlich mangelnden, oder wenn sie ja
einmal geschieht, höchst mesquinen Art ausspricht, wie
erstere die Heldenthaten unseres Volkes darstellen läßt,
während die Schulmeister für die der alten Griechen und
Römer viel zu sehr schwärmen, als daß fie für die der
eigenen Nation noch viel Jnteresfe übrig behalten sollten.
Das ist gerade der größte Fluch dieser vielgerühmten klassi-
schen Bildung: daß sie nicht nur die deutsche Jugend durch
das Übermaß der Schulmeisterei nur zu oft entnervt, sondern
sie auch von früh an gewöhnt, ihre ganze ideale Welt nicht
in, sondern außer die eigene Nation und ihre Geschichte zu
verlegen. Die Zahl der patriotischen und verständigen Lehrer,
die das einsehen, ist groß und bekanntlich in stetigem Wachsen,
zahlreiche Zuschriften von solchen bestätigen mir das, bis
jetzt haben sie aber gegen die oben herrschende Schulfuchserei
leider noch sehr wenig ausrichten können, ja sie müssen sich
scheuen, nur offen ihre Meinung zu bekennen, wenn sie nicht
gemaßregelt werden wollen. — So kommt es denn, daß wir
z. B. in Bayern heute noch kein Denkmal von der Tanns
oder Hartmanns, in München nicht einmal ein Siegesdenkmal,
wohl aber in den Schlössern Ludwigs II. Verherrlichungen
Ludwigs XIV. besitzen, über die sich Ludwig I. noch im
Grabe entsetzen würde. — Drei kleine Schlachtenbilder repräsentieren in der Pinakothek das Jahr 1870 und
hier in der Nationalgalerie ist es wo möglich noch schlimmer.
Eine nicht geringere Schuld trägt aber die sogenannte „Schlachtenmalerei" selber, so wie sie bei uns
seit Peter Heß und dem Berliner Krüger konsequent getrieben wird. Selbst Menzels glänzendes Beispiel vom
Gegenteil hat daran so wenig zu ändern vermocht, als das der französischen Schlachtenmaler seit Vernet, die
diesen Aufgaben doch ein ganz anderes Jnteresie zu fichern verstanden. Bei uns aber wird die Schlachtenmalerei
noch immer zur Parademalerei entwürdigt; statt die Charakterdarstellung des Menschen im Kampf zur Haupt-
sache zu machen, begnügt man sich mit feiner Uniform und einer möglichst trockenen, oft auf allen malerischen
Krirgsgrfangrnr. von Anton von Werner