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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Pecht, Friedrich: Ludwig Passini: oder die alte und die moderne Kunst
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Fitger, Arthur: Aus meinem Leben, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0234

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voir Friedrich j)echt

i7y


Jst die alte Kunst iu der Darstellung einzelner Existenzen nnd typischer Figuren unübertrossen, so
leistet sie in der Charakteristik der Nationalitäten, Stämme nnd Slände sogar recht wenig, macht doch selbst ein
Holbein ans seinen englischen Lords lauter Schweizer Spießbürger! Jene Kunst giebt immer weir mehr die Sub-
jektivität des Künstlers als die Menschen in ihrer Bedingtheit durch Zeit, Nation, Charakter und Stand wieder.
Hier hat also dic moderne Malerei ihre Lorbeeren zu suchen, statt, wie die Klassizistcn oder selbst die
Romantiker, nur immer das nachznahmen, was schon nnübertresflich gemacht worden ist. Passini speziell aber
hat nicht etwa nur das gemeine venetianische Volk, so
wie hier, dann noch ganz besonders glücklich in seinem
Vorleser des Tasso in Chioggia geschildert, sondern er
hat anch nicht weniger vorzüglich die überlegene Klng-
heit der hohen römischen Klerisei, die Mischung von
Frömmigkeit und Sinnlichkeit bei deu Franen, die
graziöse Ungezogenheit der Rangen und so noch vieles
andere in Italien mit einer Meisterschast wiederge-
geben, die seinen Bildern einen unvergänglichen Wert
sichert, sie zu Perlen deutscher Kunst macht. Und das,
obwohl sie ihren Schauplatz jenseits der Alpen haben,
wo er seit früher Jugend wohnt, ohne doch, ungleich
so vielen anderen, je die dentsche Art zn verleugnen.
Darin liegt vielmehr gerade das mit, was seinen Bildern
eine so hohe Bedeutung sichert, aus ihnen eine so seltene
Erscheinung macht: daß er die Italiener zwar in allen
ihren Eigenheiten so wunderbar versteht, wie kaum je
vorher ein Künstler ein fremdes Volk verstandcn hat,
daß er sogar alle die guten Seiten zeigt, die sie wirklich
habcn, ohne ihnen andere anzndichten und damit der
sentimentalen Jdealisierung eines Leopold Robert,
Hebert, oder Winterhalter zu verfallen. Jm Gegenteil
schildert er sie dnrchaus mit dem tiefen Gemüt, dem
köstlichen Humor und dem heiteren Wohlwollen, aber
anch mit der strengen Wahrheitsliebe eineS Dentschen.

Aus meinem Leben.
Bon Arthur Litger
(Zortsetzung aus Seft 10)

wohnten am Mehlmarkt und mein sogenanntes
Atelier, ein langes aber kaum 2 Meter breites Zimmer,
ging nach Norden jedoch in eine Seitengasse, deren Refler
den schönsten Sonnenschein ersetzte. Ich sehnte mich, je
ehcr je lieber von Wien zu gehen und machte deshalb
keine Anstalt, dieses unmögliche Provisorium mit etwas
besserem zu vertauschen; ich entschloß mich zu einer Arbeit
und sörderte sie unter steten Änderungen zu meiner un-
ermeßlichen Qual wciter, anstatt sie kurz entschlossen ins
Feuer zu steckeu. Tas Bild stellte drei Bacchantinnen
dar, die raschen Schrittes einem Feste zueilen: es war von
Haus aus gar nicht übel gedacht und hätte ganz leidlich
werden können, wenn ich einen beratenden Freund zur
Seite gehabt und ordentliche Naturstudien gemacht häkte.
Mein Qnkel, nach Weise geistreicher Laien und unmalerisch
veranlagt, redete mir sortwährend drein und zum Wider-
stande war ich zu uuselbständig. Hatte ich doch so lange
Jahre aus meine Weise leben dürsen und es zu nichts
gebracht: hatte ich dadurch nicht alles Recht verscherzt.
der Meinung eines anderen zu widerstreben, der sich zu
Rang und Würden hinausgearbeitet, der wenigsteus ein
Tntzend Lrden tragen konnte und mii Ministerpräsidenlen und
Feldmarschällen aus sreundschastlichem Fuße lebte und es

Lifttia. von Ludwig Hassini
mit mir so ganz ohne Zweisel von Herzen gut meinle?
Ich war innerlich gebrochen; in dem Gesühl gar nichts
zu sein und zu könncn, unterlag ich sast der Perzweislung;
nnr ein dnmpser, rastlvser Trieb des Studierens jagte
mich sast täglich ins Belvedere, wo ich in schmerzlichem
Entzücken mich mit Schönheit voll sog, und der Tage ge-
dachte, da ich in Rom ini Kreise der besten, anregendsten
hilsreichsten Genossen die göitlichen Alten mit reiner Be-
 
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