Zur Berliner Zubiläums-Ausstellunz. v>?n Ge erq v oß — Ateliernotizen—j)ersonnlnnchrichten — Ausstellunqen rr. 213
alten Meifter, namentlich aus der Renaissancezeit, einer
neuen Blüte zuzusühren, nahm Berlin erst verhältnis-
mäftig spüt Teil. Ernste Vertreter dieser Richtuug kennt
man erst seit 1819, in welchem Jahre sich Wilh. Wach
und Wilhelm Schadow, der Sohn des berühmten
Bildhauers, in Berlin niederließen, um in den ihnen vom
Staate zugewiesenen Ateliers ihre Wirksamkeit zu entfalteu.
Doch die Reihe der kühn aufstrebenden Männer wie
Lessing, Hübner, Mücke, Bendemann, Sohn und
Theodor Hildebrandt, welche sich um Wilhelm
Schadow geschart hatten, ging bereits 1826 nach
Tüsseldorf, während bei Wach kaum ein Talent von ähn-
licher Bedeutung in Berlin znrückblieb. Seit 1824 hatte
sich Karl Begas, das Haupt der großen Künstlersamilie
dieses Namens, dort niedergelassen. Jm Jahre 1828
traf August von Klöber, der süßliche Nachahmer des
Correggio, hier ein. Aus seiner Schule ging uamentlich
Karl Becker hervor. Die Entwickelnng der Malerei in
Berlin hat seitdem keine durch das Wirken eines einzigen
mächtigen Talentes herbeigeführte Umwälzung erfahren.
Das Schaffen eines C ornel ius, der 1840, und Wilhelms
von Kaulbach, der 7 Jahre später nach Berlin be-
rufen wurde, hat in der Berliner Künstlerschaft kaum eine
Spur zurückgelassen. Cornelius erklürte selber von den
Berlinern: „Diesem vertrakten, gottverlassenen Volke verlange
ich nicht zu gefallen." Sein einziger Schüler vonBedeutung ist
Pfannschmidt geblieben, der allerdings spät im Leben
die höchste künstlerische Anerkennung gefunden hat, doch
auf seiner einsamen Höhe still für sich schaffend, geht sein
Wirken am künstlerischen Leben der Haupfftadt, ohne tiesere
Lellnahme gesunden zu haben, vorüber. Gerade in Berlin
hat sich zunächst der Satz bewahrheitet, daß die Gedanken
in der Malerei am allerwenigsten geeignet sind, Schule zu
bilden. Die koloristischen Rezepte, welche Berlin an den
belgischen Bildern in der Mitte der vierziger Jahre kennen
lernte, der Unterricht, welchen die meisten der bedeuten-
deren Berliner Maler in Paris erfahren haben, alles dies
ist vou weit nachhaltigerem Einfluß auf vas künstlerische
Schaffen geblieben.
Wie sich das künstlerische Leben der Gegenwart
in Berlin entwickelte und in welche verschiedenartigen
Strömungen dasselbe auseinanderging, tritt iu der
historischen Abteilung der gegenwärtigeu Ausstellung
klar hervor. Gerade den noch mitten in ihrer Thätig-
keit stehenden Meiftern ist in dieser Abteilung ein her-
vorragender Raum gewidmet, so daß der Übergang von
den der Geschichte angehörenden Werken zur Kunst der
Gegenwart in möglichst vollständiger Weise veranschaulicht
ist. Festzustellen, welche Stellung diese Kuust der Gegen-
wart hier im Vergleich zur heutigen Gesamt-Produktion
einninwit, wird eine der dankbarsten Aufgaben des
ernsteren Studiums der Ausstellung bilden.
Für die Entwickelung des künstlerischen Lebens in
Berlin ist die gegenwürtige Ausstellnng noch von weit
umfassenderer Bedeutung. Jn einem Park und in Ge-
bäuden untergebracht, die seit Jahren zum Ziel der
traditionellen Neugier unserer Bevölkerung geworden sind,
wird die Ausstellung diesmal Tausende von Besuchern vor
ihre Werke locken, die sonst unseren Kunstausstellungen
fern blieben. Einige Schwärmer haben es auf das Schärsste
getadelt, daß der Senat der Akademie hier zu diesem
Zwecke ein harmonisches Zusammenwirken von Gartenan-
lagen, Konzerten und Restaurants gestattet hat. Wer die
Massen für sich erobern will, muß auch mit deren Bedürs-
nissen rechnen. Gerade Berlin aber muß mehr als jede
unserer älteren Kunststädte für die Schöpfungen der
Kunst die großen Massen des Volkes erst zu gewinnen
suchen. Nur dadurch wird es in seinen Mauern den
Kunstsinn der Bevölkerung auf diejenige Stufe heben
können, welche derselbe in Städten mit ülteren künstlerischen
Traditionen im Lause der Jahrhunderte von selber erreicht
hat. Gerade in diesem Sinne dars die gegenwärtige Aus-
stellung als ein wichtiger Schritt begrüßt werden.
Veorg Votz
Akrlier-Noli;en
* Prof. Polile in Dresden arbeitet gegenwärtig an einem
Bildnisse des Fiirsten von Reus; j. L., Heinrichs XIV., den er be-
reits vor 14 Jahren einmal portrntiert hat. Die letzten Bildnisse
des Meisters, die Herren Koininerzienräte Beyer nnd Törffeld
aus Chemnitz darstellend, zeichneteten sich durch wahrhaft vomehme
Auffassung und wundervolle Durchführung aus. Eben dieselben
Vorzüge weist das-Bildnis einer distinguierten Dame auf; bei
letzterem ist überdies namentlich vermöge des warmen goldbräunlichen
Hintergrundes eine ungemein fesselnde Farbenwirkung erzielt.
PrrsonalnsrhrichkLn
-nn. Der Marinemaler Eugen Jsabey starb in Paris
am 26. April im Alter von 82 Jahren. Trotz der Anleitung
seines Vaters, des gleichfalls berühmten Miniaturportrntmalers
Jean Baptiste Jsabey, zeigte er in seiner Jugend zunächst
tvenig Neigung für die Kunst. Zwar stellte er schon im Jahre
1824 im Zalon zum ersten Male aus, aber erst als er 1830
an der Eppedition gegen Algerien teilgenommen, brachte er als
Früchte dieser Reise die ersten Studien zu seinen geistreich und
kühn gegebenen und doch meist streng naturwahren Marinebildern
mit, denen er seine Berühmtheit verdankte. Besonders zu er-
wtthnen ist davon sein „Kampf bei Texel" (1839); 1850 schuf er
die „Einschiffung Ruyters und Williams de Witt" und wandte sich
nun auch dem geschichtlichen Genre zu. Besonders bekannt ist
von seineu späteren Werken „die Feierlichkeit in der Kirche zu
Delft" und „der Brand des Tampfers Austria", vielbesprochen
auch seine 1869 ausgestellte „Versuchung des heiligen Anionins."
1 Jn Grafendorf bei Lienz verstarb 58 Jahre alt der Bild-
hausr Matthäus Oberegger, ein Schüler Gassers. Seine be-
deutendsien Werke sind die das Portal der Wiener Botivkirche
schmückenden zwölf in Stein ausgeführten Apostelgestalten.
-. M. Bouverin Goddard.der rühmlichst bekannte Tiermaler,
ist nach kurzer Krankheit im 45. Jahre in Brook Green, West
Kensington, gestorben.
Misstellungrn, Sainmlnngrn ekr.
(1. V. Berlin. Ein Majolika-Altar von der Hand des
Andreadella Robbia, ein Hauptstück dieses Kunstzweiges über-
haupt, ist von der Direktion der Kgl. Museen erworben worden.
Ter Altar stellt in seinem Hauptselde in weiß glasierten Figuren
von - z Lebensgröße die heilige Maria mit dem Christuskinde in-
mitten von St. Franziskus und einem anderen Heiligen dar.
stkur die Sänme der Gewänder, die Heiligenscheine und einige
kleinere Gegenstände sind vergoldet. Von einer Bemalung der
Figuren ist nicht die Rede. Um so ausdrucksvoller heben sich
die scharf modellierten Figuren von dem ties blauen Hintergrunde
ab. Besonders schön ist die Marie, die das aus ihrem Schoße
gehende Kind zn sich heranzieht. Jn dem Kopf, namentlich aber
iu den Händen der Mutter und Les Knaben ist eine Jnnigkeil
und Schönheit ausgesprochen, die den Altar zu eineni Kunstwerke
von hoher Bedeutung macht. Das Hauptfeld wird von 2 bunt-
glasierten Pilastern eingerahmt, über denen sich ein plastischer,
buntglasierter Blumeufries hinzieht. Auch dieser Fries ist von
hoher Schönheit. Am Sockel befinden sich drei kleinere Dar-
stellungen, ebenfalls mit weißglasierten Figuren, während der
landschaftliche Hintergrund mit lebhaften grünen Tönen behandelt
alten Meifter, namentlich aus der Renaissancezeit, einer
neuen Blüte zuzusühren, nahm Berlin erst verhältnis-
mäftig spüt Teil. Ernste Vertreter dieser Richtuug kennt
man erst seit 1819, in welchem Jahre sich Wilh. Wach
und Wilhelm Schadow, der Sohn des berühmten
Bildhauers, in Berlin niederließen, um in den ihnen vom
Staate zugewiesenen Ateliers ihre Wirksamkeit zu entfalteu.
Doch die Reihe der kühn aufstrebenden Männer wie
Lessing, Hübner, Mücke, Bendemann, Sohn und
Theodor Hildebrandt, welche sich um Wilhelm
Schadow geschart hatten, ging bereits 1826 nach
Tüsseldorf, während bei Wach kaum ein Talent von ähn-
licher Bedeutung in Berlin znrückblieb. Seit 1824 hatte
sich Karl Begas, das Haupt der großen Künstlersamilie
dieses Namens, dort niedergelassen. Jm Jahre 1828
traf August von Klöber, der süßliche Nachahmer des
Correggio, hier ein. Aus seiner Schule ging uamentlich
Karl Becker hervor. Die Entwickelnng der Malerei in
Berlin hat seitdem keine durch das Wirken eines einzigen
mächtigen Talentes herbeigeführte Umwälzung erfahren.
Das Schaffen eines C ornel ius, der 1840, und Wilhelms
von Kaulbach, der 7 Jahre später nach Berlin be-
rufen wurde, hat in der Berliner Künstlerschaft kaum eine
Spur zurückgelassen. Cornelius erklürte selber von den
Berlinern: „Diesem vertrakten, gottverlassenen Volke verlange
ich nicht zu gefallen." Sein einziger Schüler vonBedeutung ist
Pfannschmidt geblieben, der allerdings spät im Leben
die höchste künstlerische Anerkennung gefunden hat, doch
auf seiner einsamen Höhe still für sich schaffend, geht sein
Wirken am künstlerischen Leben der Haupfftadt, ohne tiesere
Lellnahme gesunden zu haben, vorüber. Gerade in Berlin
hat sich zunächst der Satz bewahrheitet, daß die Gedanken
in der Malerei am allerwenigsten geeignet sind, Schule zu
bilden. Die koloristischen Rezepte, welche Berlin an den
belgischen Bildern in der Mitte der vierziger Jahre kennen
lernte, der Unterricht, welchen die meisten der bedeuten-
deren Berliner Maler in Paris erfahren haben, alles dies
ist vou weit nachhaltigerem Einfluß auf vas künstlerische
Schaffen geblieben.
Wie sich das künstlerische Leben der Gegenwart
in Berlin entwickelte und in welche verschiedenartigen
Strömungen dasselbe auseinanderging, tritt iu der
historischen Abteilung der gegenwärtigeu Ausstellung
klar hervor. Gerade den noch mitten in ihrer Thätig-
keit stehenden Meiftern ist in dieser Abteilung ein her-
vorragender Raum gewidmet, so daß der Übergang von
den der Geschichte angehörenden Werken zur Kunst der
Gegenwart in möglichst vollständiger Weise veranschaulicht
ist. Festzustellen, welche Stellung diese Kuust der Gegen-
wart hier im Vergleich zur heutigen Gesamt-Produktion
einninwit, wird eine der dankbarsten Aufgaben des
ernsteren Studiums der Ausstellung bilden.
Für die Entwickelung des künstlerischen Lebens in
Berlin ist die gegenwürtige Ausstellnng noch von weit
umfassenderer Bedeutung. Jn einem Park und in Ge-
bäuden untergebracht, die seit Jahren zum Ziel der
traditionellen Neugier unserer Bevölkerung geworden sind,
wird die Ausstellung diesmal Tausende von Besuchern vor
ihre Werke locken, die sonst unseren Kunstausstellungen
fern blieben. Einige Schwärmer haben es auf das Schärsste
getadelt, daß der Senat der Akademie hier zu diesem
Zwecke ein harmonisches Zusammenwirken von Gartenan-
lagen, Konzerten und Restaurants gestattet hat. Wer die
Massen für sich erobern will, muß auch mit deren Bedürs-
nissen rechnen. Gerade Berlin aber muß mehr als jede
unserer älteren Kunststädte für die Schöpfungen der
Kunst die großen Massen des Volkes erst zu gewinnen
suchen. Nur dadurch wird es in seinen Mauern den
Kunstsinn der Bevölkerung auf diejenige Stufe heben
können, welche derselbe in Städten mit ülteren künstlerischen
Traditionen im Lause der Jahrhunderte von selber erreicht
hat. Gerade in diesem Sinne dars die gegenwärtige Aus-
stellung als ein wichtiger Schritt begrüßt werden.
Veorg Votz
Akrlier-Noli;en
* Prof. Polile in Dresden arbeitet gegenwärtig an einem
Bildnisse des Fiirsten von Reus; j. L., Heinrichs XIV., den er be-
reits vor 14 Jahren einmal portrntiert hat. Die letzten Bildnisse
des Meisters, die Herren Koininerzienräte Beyer nnd Törffeld
aus Chemnitz darstellend, zeichneteten sich durch wahrhaft vomehme
Auffassung und wundervolle Durchführung aus. Eben dieselben
Vorzüge weist das-Bildnis einer distinguierten Dame auf; bei
letzterem ist überdies namentlich vermöge des warmen goldbräunlichen
Hintergrundes eine ungemein fesselnde Farbenwirkung erzielt.
PrrsonalnsrhrichkLn
-nn. Der Marinemaler Eugen Jsabey starb in Paris
am 26. April im Alter von 82 Jahren. Trotz der Anleitung
seines Vaters, des gleichfalls berühmten Miniaturportrntmalers
Jean Baptiste Jsabey, zeigte er in seiner Jugend zunächst
tvenig Neigung für die Kunst. Zwar stellte er schon im Jahre
1824 im Zalon zum ersten Male aus, aber erst als er 1830
an der Eppedition gegen Algerien teilgenommen, brachte er als
Früchte dieser Reise die ersten Studien zu seinen geistreich und
kühn gegebenen und doch meist streng naturwahren Marinebildern
mit, denen er seine Berühmtheit verdankte. Besonders zu er-
wtthnen ist davon sein „Kampf bei Texel" (1839); 1850 schuf er
die „Einschiffung Ruyters und Williams de Witt" und wandte sich
nun auch dem geschichtlichen Genre zu. Besonders bekannt ist
von seineu späteren Werken „die Feierlichkeit in der Kirche zu
Delft" und „der Brand des Tampfers Austria", vielbesprochen
auch seine 1869 ausgestellte „Versuchung des heiligen Anionins."
1 Jn Grafendorf bei Lienz verstarb 58 Jahre alt der Bild-
hausr Matthäus Oberegger, ein Schüler Gassers. Seine be-
deutendsien Werke sind die das Portal der Wiener Botivkirche
schmückenden zwölf in Stein ausgeführten Apostelgestalten.
-. M. Bouverin Goddard.der rühmlichst bekannte Tiermaler,
ist nach kurzer Krankheit im 45. Jahre in Brook Green, West
Kensington, gestorben.
Misstellungrn, Sainmlnngrn ekr.
(1. V. Berlin. Ein Majolika-Altar von der Hand des
Andreadella Robbia, ein Hauptstück dieses Kunstzweiges über-
haupt, ist von der Direktion der Kgl. Museen erworben worden.
Ter Altar stellt in seinem Hauptselde in weiß glasierten Figuren
von - z Lebensgröße die heilige Maria mit dem Christuskinde in-
mitten von St. Franziskus und einem anderen Heiligen dar.
stkur die Sänme der Gewänder, die Heiligenscheine und einige
kleinere Gegenstände sind vergoldet. Von einer Bemalung der
Figuren ist nicht die Rede. Um so ausdrucksvoller heben sich
die scharf modellierten Figuren von dem ties blauen Hintergrunde
ab. Besonders schön ist die Marie, die das aus ihrem Schoße
gehende Kind zn sich heranzieht. Jn dem Kopf, namentlich aber
iu den Händen der Mutter und Les Knaben ist eine Jnnigkeil
und Schönheit ausgesprochen, die den Altar zu eineni Kunstwerke
von hoher Bedeutung macht. Das Hauptfeld wird von 2 bunt-
glasierten Pilastern eingerahmt, über denen sich ein plastischer,
buntglasierter Blumeufries hinzieht. Auch dieser Fries ist von
hoher Schönheit. Am Sockel befinden sich drei kleinere Dar-
stellungen, ebenfalls mit weißglasierten Figuren, während der
landschaftliche Hintergrund mit lebhaften grünen Tönen behandelt