Mcibnachts-Lüä'cnilch — Arelicr-Notizen — AussteUungen, Laiumluugcu
Ver 70er Jahre als phatographische Einzelblätter aus-
gegebenen Jllnstrationcn nicht unbekannt geblieben. wirkliche
Berbreitung werden dieselben jedoch erft in dieser neuen
Form erlangen. Zu einem schmucken Band in Großfolio-
format vereint, mit einem verbindenden Text von Moritz
Ehrlich versehen, empfehlen sich die trefflichen Shakespeare-
bilder zu einem für alle Verhältnisse passendem Fest-
geschenk, denn wen hat Shakespeare noch nicht begeistert?
Es handelt sich keineswegs um Kontur-Zeichnungen,
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nein, den ans der Brnckmann'schen Kunstanstalt hervor-
gegangenen tresflich gelungenen Phototypien liegen voll-
stündig in Bildwirkung ausgeführte Kartons eines Menzel,
C- und F. Piloty, Grützner, Thumann, Max u. a. zu
Gruudc. Schon das treffliche Blatt Adols Menzels,
König Heinrich der Achte, muß der Shakespearegalerie
besonderes Jnteresse zusühren. Bon emem lustigen Bllde
Grützners geben wir auf S. 87 eine verkleinerte Nach-
bildung. k- 8.
Nus Lrm Lliodowircki-Album (Neue Folge). vcrlag von R. lNitscher in Berlin.
Airlier-Noiikrn
^ Der Dresdner Bildhauer Herrmaiiit Hultzsch,
ciu Schiiler Rietschels, hat zwei reizende kleine Kunstwerke aus-
gefiihrt, die kiirzlich im Dresdner Kunstvereine ausgestellt waren,
eine Echv und ein Weinsberger Weib. Die Echo lehnt
an einer hohen Felswand, in einer Stellung, als wilrde sie aus
dieser geboren. Langes Haar wallt von ihrein Haupte auf den
Riicken hernieder, mit beiden Händen stützt sie sich an die Wand,
beugt den Lberkörper nach vorn und schaut mit gespannter Auf-
merksainkeit in die Weite. Jhr niedlicher Mund ist halb geöffnet,
um jeden Ton sofort zuriickzuschleudern. Diese Aufsassung der
Echo, deren Geschäft ja nicht gerade sehr geistvoll ist, als ein
ganz reizendes, wenn auch nicht sehr intelligentes Mädchen, die
völlig in ihrem Thun aufgeht, ist gewiß völlig angemessen, die
Durchführung ist eine wundervolle. — Das zweite Werkchen illu-
strierl in humoristlsch-anmutiger Weise die bekannte Anekdote, die
an die Belagerung von Weinsberg, im Jahre 1140, anschließt.
Es zeigt als Spezimen der Weinsberger Weibertreu eine der
braven Frauen, die ihren Mann auf den Rücken geladen hat und
mit dieser siißen Laft rüstig vorwärts schreitet. Die Befriedigung,
welche ersiillte Pflicht gewährt, liegt auf ihren Zügen, während
der kecke langbeinige Gesell auf ihrem Rücken, welcher, wie es
scheint, den Kräften seiner Frau völliges Vertrauen schenkt, ver-
schmitzt lächelnd nach der Seite schaut, wo wahrscheinlich Konrads
Mannen vor Vergnügen über die seltsame Reiterei sich aus-
schütten vor Lachen. Das Werk müßte einen hiibschen Schmuck
sür den Park in Meinsberg abgeben.
Ausstellungen, Sammlungrn elr.
0. V. Berlin. Die Ausstellung bemalter Skulpturen
in der K. Nativnalgalerie ist noch nach der Eröffnung durch
etwa 30 Stücke aus älterer und neuester Zeit vermehrt worden.
Die Hauptstücke sind von der Frau Kronprinzessin hergeliehen
worden. Schon ihre eigenhändige Kopie nach der spanischen Biiste
der Mater dolorosa des Berliner Museums hatte gezeigt, welches
Jnteresse die hohe Frau bereits damals dem Studium der bemalten
Skulpturen gewidmet hatte. Die jetzt ausgestellten Büsten und
Statuetten zeigen, mit welchem Gtiick sie auch zu sammeln verstand.
Unter den älteren Arbeiten besinden sich die in Eichenholz ge-
schnitzte Gruppe von drei Pharisäern, die ehemals zu einer größeren
Mtarschnitzerei gchörten. Zu dem Realismus der Köpfe dieser
Männer, deren Stll auf niederländischen Ursprung und die ersten
Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts hinweisen, stimmt die Bemalung
ganz vortrefflich. Sehr schön sind ferner zwei etwa gleichzeitige
uiederrheinische Heiligenfiguren, ebensalls aus Eichenholz, mit Öl-
sarben bemalt und vergvldet. Beide stellen jugendliche weibliche
Heilige mit einer Grazie und koketten Ilnmut dar, die den kirch-
lichen Ursprung dieser Figuren fast vergeffen macht. Die Eine,
durch chre Salbenbüchse als heilige Magdalena kenntlich, hält
zierlich den Rosenkranz gefaßt, als ob sie, wie in fröhlichen Jugend-
tagen und vor ihrer Bekehrung, zum Tanze schreiten wollte.
Treffliche Arbeiten in deutschem sarbigem Steingut aus dem An-
sange des 18. Jahrhunderts sind die Statuetten des großen Kur-
siirsten und König Friedrich I. von Preußen. Der Kiinstler hat
nur mit wenigen lebhnften Glasuren gearbeitet. F-ür die Perücke
und den Hermelin ist die weiße Glasur verwendet. Dazu kommt
für die Gewandung cin kräftiges Blau und Braun. Bei dem
großen Kurfürsten auch eine rote Feldbinde. Bei dem König ein
metallenes Szepter. Das Altberliner Porzellan ist durch zwei
sehr fein auSgeführte Rokoko-Gruppen vertreteu: Ein Architekt und
ein Dichter, jeder von einem Genius gekrönt. Der echte Porzellan-
stil lebt namenllich in der Gruppe der Dichtkunst. Der auf seinen
gesammelten Werken sitzende Poet ist in einen großen hell geblümten
Schlasrock gekleidet. Der Rock und die Stiefel sind zerrissen, so
daß durch die Löcher das helle rosige Fleisch schimmert. Köstlich
ist dieser Fleischton in der Darstellung des Genius, welcher dern
Dichter den Lorbeerkranz aus das Haupt setzt. Welche Harmonie
noch das vorige Jahrhundert in der Darstellung bemalter Bild-
werke zu erreichen wußte, zeigt namentlich die ebenfalls der Frau
Kronprinzessin gehörende Slatuette einer Venetianischen Maske
aus Terracotta. Der Mantel ist glassiert. Die übrigen Teile mit
Ölfarben kräftig bemalt. Von den übrigen Werken ist besonders
sehenswert die lebensgroße Marinorbüste der Madonna Rietz, der
nachmaligen Gräfin von Lichtenau, ein Werk, welches das Wesen
dieser Frau mit dem festen Willen und den vollen und stolzen
Zügen meisterhaft wiedergibt. Eine leichte Tönung der Büste ist
durch Belassung der Staub- und Rauch-Patina auf dem Haar
und dem Gewand erreicht. — Einen eigenartigen Bemalungsver-
such zeigt die von Baurat Köhler gefärbte „Minerva Medica"
Christian Rauchs. Was wohl der alte Meister zu diejer Jllu-
stration seines Werkes sagen würde, Rauch, den der Minister
Beuth einst in übermütiger Laune damit neckte, er solle in seiner
Werkstatt„zu Carrara Alles was er in Marmor geschaffen habe,
bunt niit Ölfarben bemalen und zwar gleich in Jtalien, weil dort
das Öl billiger sei! Der „von Köhler bemalte Gypsabguß zeigt
das Fleisch durchweg mit Ölfarbe bedeckt, die Augen meergrün,
die Haare, Brauen und Wimpern blond, die Kopsbedeckung ver-
silbert und vergoldet. — Sehr reich zu der Ausstellung hat nach-
träglich auch Geheimrat Schröder und der Central-Gewerbe-Verein
für Rheinland und Westphahlen beigesteuert.
O. V. Berlin. Die zweite Serie der Ausstellung, welche
der Verein Berliner Künstler zum Ersatz für die in dieseni
Jahre ausfallende große akademische Knnstausstellung veranstaltet
Ver 70er Jahre als phatographische Einzelblätter aus-
gegebenen Jllnstrationcn nicht unbekannt geblieben. wirkliche
Berbreitung werden dieselben jedoch erft in dieser neuen
Form erlangen. Zu einem schmucken Band in Großfolio-
format vereint, mit einem verbindenden Text von Moritz
Ehrlich versehen, empfehlen sich die trefflichen Shakespeare-
bilder zu einem für alle Verhältnisse passendem Fest-
geschenk, denn wen hat Shakespeare noch nicht begeistert?
Es handelt sich keineswegs um Kontur-Zeichnungen,
8Y
nein, den ans der Brnckmann'schen Kunstanstalt hervor-
gegangenen tresflich gelungenen Phototypien liegen voll-
stündig in Bildwirkung ausgeführte Kartons eines Menzel,
C- und F. Piloty, Grützner, Thumann, Max u. a. zu
Gruudc. Schon das treffliche Blatt Adols Menzels,
König Heinrich der Achte, muß der Shakespearegalerie
besonderes Jnteresse zusühren. Bon emem lustigen Bllde
Grützners geben wir auf S. 87 eine verkleinerte Nach-
bildung. k- 8.
Nus Lrm Lliodowircki-Album (Neue Folge). vcrlag von R. lNitscher in Berlin.
Airlier-Noiikrn
^ Der Dresdner Bildhauer Herrmaiiit Hultzsch,
ciu Schiiler Rietschels, hat zwei reizende kleine Kunstwerke aus-
gefiihrt, die kiirzlich im Dresdner Kunstvereine ausgestellt waren,
eine Echv und ein Weinsberger Weib. Die Echo lehnt
an einer hohen Felswand, in einer Stellung, als wilrde sie aus
dieser geboren. Langes Haar wallt von ihrein Haupte auf den
Riicken hernieder, mit beiden Händen stützt sie sich an die Wand,
beugt den Lberkörper nach vorn und schaut mit gespannter Auf-
merksainkeit in die Weite. Jhr niedlicher Mund ist halb geöffnet,
um jeden Ton sofort zuriickzuschleudern. Diese Aufsassung der
Echo, deren Geschäft ja nicht gerade sehr geistvoll ist, als ein
ganz reizendes, wenn auch nicht sehr intelligentes Mädchen, die
völlig in ihrem Thun aufgeht, ist gewiß völlig angemessen, die
Durchführung ist eine wundervolle. — Das zweite Werkchen illu-
strierl in humoristlsch-anmutiger Weise die bekannte Anekdote, die
an die Belagerung von Weinsberg, im Jahre 1140, anschließt.
Es zeigt als Spezimen der Weinsberger Weibertreu eine der
braven Frauen, die ihren Mann auf den Rücken geladen hat und
mit dieser siißen Laft rüstig vorwärts schreitet. Die Befriedigung,
welche ersiillte Pflicht gewährt, liegt auf ihren Zügen, während
der kecke langbeinige Gesell auf ihrem Rücken, welcher, wie es
scheint, den Kräften seiner Frau völliges Vertrauen schenkt, ver-
schmitzt lächelnd nach der Seite schaut, wo wahrscheinlich Konrads
Mannen vor Vergnügen über die seltsame Reiterei sich aus-
schütten vor Lachen. Das Werk müßte einen hiibschen Schmuck
sür den Park in Meinsberg abgeben.
Ausstellungen, Sammlungrn elr.
0. V. Berlin. Die Ausstellung bemalter Skulpturen
in der K. Nativnalgalerie ist noch nach der Eröffnung durch
etwa 30 Stücke aus älterer und neuester Zeit vermehrt worden.
Die Hauptstücke sind von der Frau Kronprinzessin hergeliehen
worden. Schon ihre eigenhändige Kopie nach der spanischen Biiste
der Mater dolorosa des Berliner Museums hatte gezeigt, welches
Jnteresse die hohe Frau bereits damals dem Studium der bemalten
Skulpturen gewidmet hatte. Die jetzt ausgestellten Büsten und
Statuetten zeigen, mit welchem Gtiick sie auch zu sammeln verstand.
Unter den älteren Arbeiten besinden sich die in Eichenholz ge-
schnitzte Gruppe von drei Pharisäern, die ehemals zu einer größeren
Mtarschnitzerei gchörten. Zu dem Realismus der Köpfe dieser
Männer, deren Stll auf niederländischen Ursprung und die ersten
Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts hinweisen, stimmt die Bemalung
ganz vortrefflich. Sehr schön sind ferner zwei etwa gleichzeitige
uiederrheinische Heiligenfiguren, ebensalls aus Eichenholz, mit Öl-
sarben bemalt und vergvldet. Beide stellen jugendliche weibliche
Heilige mit einer Grazie und koketten Ilnmut dar, die den kirch-
lichen Ursprung dieser Figuren fast vergeffen macht. Die Eine,
durch chre Salbenbüchse als heilige Magdalena kenntlich, hält
zierlich den Rosenkranz gefaßt, als ob sie, wie in fröhlichen Jugend-
tagen und vor ihrer Bekehrung, zum Tanze schreiten wollte.
Treffliche Arbeiten in deutschem sarbigem Steingut aus dem An-
sange des 18. Jahrhunderts sind die Statuetten des großen Kur-
siirsten und König Friedrich I. von Preußen. Der Kiinstler hat
nur mit wenigen lebhnften Glasuren gearbeitet. F-ür die Perücke
und den Hermelin ist die weiße Glasur verwendet. Dazu kommt
für die Gewandung cin kräftiges Blau und Braun. Bei dem
großen Kurfürsten auch eine rote Feldbinde. Bei dem König ein
metallenes Szepter. Das Altberliner Porzellan ist durch zwei
sehr fein auSgeführte Rokoko-Gruppen vertreteu: Ein Architekt und
ein Dichter, jeder von einem Genius gekrönt. Der echte Porzellan-
stil lebt namenllich in der Gruppe der Dichtkunst. Der auf seinen
gesammelten Werken sitzende Poet ist in einen großen hell geblümten
Schlasrock gekleidet. Der Rock und die Stiefel sind zerrissen, so
daß durch die Löcher das helle rosige Fleisch schimmert. Köstlich
ist dieser Fleischton in der Darstellung des Genius, welcher dern
Dichter den Lorbeerkranz aus das Haupt setzt. Welche Harmonie
noch das vorige Jahrhundert in der Darstellung bemalter Bild-
werke zu erreichen wußte, zeigt namentlich die ebenfalls der Frau
Kronprinzessin gehörende Slatuette einer Venetianischen Maske
aus Terracotta. Der Mantel ist glassiert. Die übrigen Teile mit
Ölfarben kräftig bemalt. Von den übrigen Werken ist besonders
sehenswert die lebensgroße Marinorbüste der Madonna Rietz, der
nachmaligen Gräfin von Lichtenau, ein Werk, welches das Wesen
dieser Frau mit dem festen Willen und den vollen und stolzen
Zügen meisterhaft wiedergibt. Eine leichte Tönung der Büste ist
durch Belassung der Staub- und Rauch-Patina auf dem Haar
und dem Gewand erreicht. — Einen eigenartigen Bemalungsver-
such zeigt die von Baurat Köhler gefärbte „Minerva Medica"
Christian Rauchs. Was wohl der alte Meister zu diejer Jllu-
stration seines Werkes sagen würde, Rauch, den der Minister
Beuth einst in übermütiger Laune damit neckte, er solle in seiner
Werkstatt„zu Carrara Alles was er in Marmor geschaffen habe,
bunt niit Ölfarben bemalen und zwar gleich in Jtalien, weil dort
das Öl billiger sei! Der „von Köhler bemalte Gypsabguß zeigt
das Fleisch durchweg mit Ölfarbe bedeckt, die Augen meergrün,
die Haare, Brauen und Wimpern blond, die Kopsbedeckung ver-
silbert und vergoldet. — Sehr reich zu der Ausstellung hat nach-
träglich auch Geheimrat Schröder und der Central-Gewerbe-Verein
für Rheinland und Westphahlen beigesteuert.
O. V. Berlin. Die zweite Serie der Ausstellung, welche
der Verein Berliner Künstler zum Ersatz für die in dieseni
Jahre ausfallende große akademische Knnstausstellung veranstaltet