l. Icrbrgang. Deft 17
I. IUltt ^555
Nnlrr brsondrrrr Witivirkung von Lr. pecht, hrrausgrgrbrn von drr verlagsanüalt kiir Runji unt> Iviuenichaft
vormals Frirdrich Vruckmann in Wünckrn
.Tie KunstfürAlle"erscheint in balbmonatlichen Hesten von ca. 1^2—2Bogen reich illustriertemText und ca. 4 Bilderbeilagen in Nmschlag. Abonneinentspreis im
Buchhandel oder durch die Post lReichspostverzeichnis 14. Nachtr. 2S1S-:, batzer. Verzeichnis SSKal 3 M. so Pf. sür das Vierteljabr (S Heste): das einzelne
Heft 75 Ps. — Jnserate die viergespaltene Nonpareillezeile 30 Ps. 7500 Beilagen SSV» Mark, bei größerem Format oder Umsang Preisrusschlag.
Dic VMMftlderunft.
von Lr. pecht
Darstellung des Volks, d. h. der naiven, mehr durch ihre Jnstinkte als
^ durch Gedanken geleiteten Masse, ist wahrscheinlich so alt als die
Kunst selber. Die ältesten ägyptischen Reliess und Wandmalereien zeigen
dieselbe schon, sogar verhältnismäßig ziemlich ausgebildet. Nur ist das
Volk dort eine dienende Klasse, ist sich nicht Selbstzweck, wie viert-
halb Jahrtausende später bei den Griechen, wo des Phidias
panathenüischer Festzug eigentlich die erste große Volksdarstellung,
der feierlichste Ausdruck der damals herrschenden Bürgerschaft ist,
die freilich auch nur eine Aristokratie auf breiterer Basis war, da
aus einen Freien fnnf Sklaven kamen. — Die römische Kunst
bringt dann wiederum die Quiriten, aber allerdings nur im Ge-
folge triumphierender Kaiser oder Feldherren. Es
braucht nun ein volles Jahrtausend bis zur Entstehung
der italienischen Republiken, so der glänzendsten und
geistreichsten von allen, der Florentinischen, ehe wir das
Volk in den wunderbaren Tarstellungen eines Gio-
vanni Pisano, Ghiberti und vor allem Luca
della Robbias wieder als Hauptperson anfireten
sehen, wie in Benozzo Gozzolis und Ghirlan-
daios liebenswürdigen Bildern. Mit dem Verlust der
politischen Freiheit hört auch diese Kunstrichtuug auf,
um dann in Rafaels unsterblichen Bildern zur Apostel-
geschichte auf einmal mit einer großartigen Macht auf-
zutauchen, wie sie dieselbe vielleicht nie mehr erreicht
hat. Tenn diese armen römischen, nicht jüdischen Fischer
und Bauern haben die ganze Majestät der einstigen
Weltgebieter. Sie, wie Michel-Angelo s Propheten
und Sybillen, ofsenbaren allein die innerste Gesinnung
der Meister. Tas demokratische Element im Christentnm
ist nie wieder so gewaltig und siegend hervorgetreten.
Gleichzeitig taucht aber auch in den slandrischen, Aus F. Siddemanns Skizzenbuck
deutschen und schweizerischen sreien Reichsstüdten die
Volksschilderung wieder auf, am entschlossensten bei Dürer, dessen vier Kirchenväter ganz auf gleicher Höhe
mit den Rafaelschen Aposteln stehen, dann besonders bei Hans Holbein, dessen Bauerntanz am Baseler
Rathaus, sowie seine Tolentanzszenen epochemachend sind. Das dauert nun sort, bis die holländische Re-
Die Kunst für Alle I
I. IUltt ^555
Nnlrr brsondrrrr Witivirkung von Lr. pecht, hrrausgrgrbrn von drr verlagsanüalt kiir Runji unt> Iviuenichaft
vormals Frirdrich Vruckmann in Wünckrn
.Tie KunstfürAlle"erscheint in balbmonatlichen Hesten von ca. 1^2—2Bogen reich illustriertemText und ca. 4 Bilderbeilagen in Nmschlag. Abonneinentspreis im
Buchhandel oder durch die Post lReichspostverzeichnis 14. Nachtr. 2S1S-:, batzer. Verzeichnis SSKal 3 M. so Pf. sür das Vierteljabr (S Heste): das einzelne
Heft 75 Ps. — Jnserate die viergespaltene Nonpareillezeile 30 Ps. 7500 Beilagen SSV» Mark, bei größerem Format oder Umsang Preisrusschlag.
Dic VMMftlderunft.
von Lr. pecht
Darstellung des Volks, d. h. der naiven, mehr durch ihre Jnstinkte als
^ durch Gedanken geleiteten Masse, ist wahrscheinlich so alt als die
Kunst selber. Die ältesten ägyptischen Reliess und Wandmalereien zeigen
dieselbe schon, sogar verhältnismäßig ziemlich ausgebildet. Nur ist das
Volk dort eine dienende Klasse, ist sich nicht Selbstzweck, wie viert-
halb Jahrtausende später bei den Griechen, wo des Phidias
panathenüischer Festzug eigentlich die erste große Volksdarstellung,
der feierlichste Ausdruck der damals herrschenden Bürgerschaft ist,
die freilich auch nur eine Aristokratie auf breiterer Basis war, da
aus einen Freien fnnf Sklaven kamen. — Die römische Kunst
bringt dann wiederum die Quiriten, aber allerdings nur im Ge-
folge triumphierender Kaiser oder Feldherren. Es
braucht nun ein volles Jahrtausend bis zur Entstehung
der italienischen Republiken, so der glänzendsten und
geistreichsten von allen, der Florentinischen, ehe wir das
Volk in den wunderbaren Tarstellungen eines Gio-
vanni Pisano, Ghiberti und vor allem Luca
della Robbias wieder als Hauptperson anfireten
sehen, wie in Benozzo Gozzolis und Ghirlan-
daios liebenswürdigen Bildern. Mit dem Verlust der
politischen Freiheit hört auch diese Kunstrichtuug auf,
um dann in Rafaels unsterblichen Bildern zur Apostel-
geschichte auf einmal mit einer großartigen Macht auf-
zutauchen, wie sie dieselbe vielleicht nie mehr erreicht
hat. Tenn diese armen römischen, nicht jüdischen Fischer
und Bauern haben die ganze Majestät der einstigen
Weltgebieter. Sie, wie Michel-Angelo s Propheten
und Sybillen, ofsenbaren allein die innerste Gesinnung
der Meister. Tas demokratische Element im Christentnm
ist nie wieder so gewaltig und siegend hervorgetreten.
Gleichzeitig taucht aber auch in den slandrischen, Aus F. Siddemanns Skizzenbuck
deutschen und schweizerischen sreien Reichsstüdten die
Volksschilderung wieder auf, am entschlossensten bei Dürer, dessen vier Kirchenväter ganz auf gleicher Höhe
mit den Rafaelschen Aposteln stehen, dann besonders bei Hans Holbein, dessen Bauerntanz am Baseler
Rathaus, sowie seine Tolentanzszenen epochemachend sind. Das dauert nun sort, bis die holländische Re-
Die Kunst für Alle I