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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Pecht, Friedrich: Vom Weihnachts-Büchertisch, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0104

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Oom Meih»achts-Bücher1isch — Lrieskaste»


ganze würzige Frische der Üllpenluit Alhmendes zu erzeugen.
Preis in Prachtband 55 Mk. Ungesahr dasselbe kann man von
den „Wanderliedern aus den Alpen" sagen, einer ver-
kleinerten Ausgabe mit demselben Jnhalt, doch ohne die Bilder
von Hepn. Baumbachs Poesieu in der Ztausiacher'schen Ein-
rahinung erfreuen auch hier durch das in der wohllautendsten
Forin ausgesprochene Element jugendlicher Gennsilust, welcher
Stausiachers Ülrabesken als sinnvvll mäßigende Folie dienen.
Preis geb. 1l> Mk.
Die Steinbock'schen Farbendrucke nach Hildebrandts be-
ri'lhmten Aquarellen genietzen als vortreffliche Facsimile-Nach-
bildungen längst eines ivohlverdienten Ruses. Auch die soeben
bei Mitjcher in Berlin erschienene neueste Lieserung derselben
rechtfertigt denselben und ihre füns Bilder geben in einer Mappe
vereinigt gewitz eines der wertvollsten Festgeschenke. Unter den
mitgeteilten Blnttern steht ein Zonnenaufgang an der brasilianischen
Küste durch die Feinheit des Tones diesmal obenan. Ein
Mondschein in Norwegen bildet den wirksamsten Gegensatz zu
demselben, und die pikant sarbigm Ztädteprospekle von Funchal in
Madeira und Genua thun dies nicht minder, da hier besonders
die Nachahmung der kecken Pinselführung des Meisters vor-
trefflich gelang. Preis in jap. Mappe 50 Mk.
Für fromme Katsioliken und Kunstkenner ist dann der von
Herder in Freiburg publizierte „Festkalender", eine Fortsetzung
des von Pocci, Guido, Görres u. a. herausgegebenen, be-
stimmt. Preis brosch. 3 Mk., geb. zu 4 u. 5 Mk.
Eine ganze Reihe von sehr hübsch ausgestatteten Bilder-
bRchern für Kinder von 4—9 Jahren bringen Meihner u.
Buch in Leipzig. Die Bilder beziehen sich sämtlich aus Dicht-
ungen von Julius Lohmeyer und Frida Schanz. Das künstlerisch
wertvollste derseiben ist „llnser Hausglück" betitelt und von
Wvldemar Friedrich ganz vortrefflich mit Szenen aus dem Kinder-
leben illustriert, in denen sich dieser Künstler als ein sehr begabter
Nachfolger Ludw. Richters ausweist, der gerade das Benehmen
eleganter Kinder aus guten Familieu glücklich schildert. Preis
6 Mk. Auch die Jllustraüouen im „Kinderhumor" von Klein-
michel (4'/z Mk.) und im „Fragemäulchen" von Karl Röhling
(5 Mk. siiid zu loben, wie die in „Kater Murr's Tagebuch"
von Flinzer (5 Mk.ü Ob aber die Liebesabenteuer dieses Katers
gerade sehr geeignet zur Lektüre für Kinder seien, möchten wir
doch bezweifeln.
„Goldene Jahre" von Rudolf Geißler, mit Bersen von
Joh. Trojan ist recht hübsch ersunden und von Ammersdorffer
in Nüruberg in Farbendruck geschickt ausgeführt und verlegt.
Preis 3 Mk. 60 Pf.
Zu den talentvollsten Schnlern Ludwig tRichters, wenn auch
ohne dessen köstlichen Humor, gehört unstreitig Paul Mohn,
dessen „Kinder-Engel" iBerlin, Mitscher) darum immerhin zu
den besseren der in diesem Jahr erschieneiien Bilderbüchern gerechnet
werden kann. Auch darum, weil der Text wenigstens teilweise
nicht so unausstehlich sad und seiilimenlal ist als bei den meisten
anderen, da er eine Anzahl der besten Gedichte über den Schutz-
engel der Kinder enthält, wo wir die Namen Eichendorff, Hebel,
Claudius, Pocci u. a. vertreten finden. Preis 6 Mk.
Das wäre indes jedenfalls eine große Wohlthar, wenn aus
unserer Kinderlitteratur das ewige sentimentale Gewinsel etwas
mehr verschwmden und jenem drolligen Humor Platz machen
wollte, wie er sich in den altdeutschen Märchen oder den modernen
Münchener Produktionen dieser Ärt ansspricht. Sicherlich würde
dies unendlich vorteilhaster auf die Charakterbildung der Kinder
einwirken, als süßliche Sentimentalität, welche die Jungens ent-
nervt und die Mädchen zur Heuchelei erzieht. Unsere Schul-
weisheit, wie die thörichte Zärtlichkeit der Eltern vergessen beide
gewöhnlich gleich sehr, daß man den jungen Leuten für den un-
vermeidlichen Kampf des Lebens gar keinen befferen Freund
mitgeben kann, als den treuen Gesellen Humor. Jst er der beste
Empsehlungsbrief für beide Geschlechter, so ist er auch der zu-
verlässigste Tröster in allen Nöten und Berlegenheiten.
Diesen Humor finden wir vor allen in den Bilderbüchern,
welche Lothar Meggendorfer alljährlich bei Braun u. Schneider
im monumentalsten Stlle d. h. so wie er ganz für die früheste
Jugend passend ist, herausgibt. Der trifft den Ton der Mnder-
welt vortrefflich und ergötzt mit seinen Schnurren auch die Alten.
Letztere werden ihre Rechnung indes noch mehr bei den vom
„Generalstab der Fliegenden Blätter" herausgegebrnen Schilder-
ungen des deutschen Heeres „Jm Frieden" finden, wo Nagel,
Schlittgen, Oberländer u. a. uns durch die Kämvie und

Abenteuer unserer Krieger mit Köchinnen und Kindermädchen oder
ihren Hausdrachen nicht weniger ergötzen, als mit den Konflikten,
in die sie im Dienste geraten. Auch die „Münchener Bilder-
bogen" sind dies Jahr wiederum gut geraten, so daß man
wvhl behaupten kann, daß Niemand in ganz Deutschland so viel
zur Erheiterung der trostbcdürstigen Mensthheit beitrage, als unsere
'Münchener Künstler unter der Flagge von Braun u. Schneider thun.
rr. peckit.

Vriefkasten
Pf. E. M. Oldenburg. Bor der Hand dürsen wir uns
nur auf das Grbiet der bildendrn Künste beschränken und uns
nicht noch mit Litteratur und Mufik befassen.
H. F. Nördlingen. Bon nur lokalem Jnteresse.
Wtd. Karlsruhe. Jhr Wunsch, den Satz der Jllustrationen
derart einzurichten, daß fie ohne gegenseitige Schädigung aus dem
Texte herauszunehmen jeien, würde sich nur unter der Bedingnng
realisieren lassen, wenn der Jhnen bekannte „große Leserkreis"
die hieraus entstehenden Mehrkosten auf sein Konto zu nehmen
sich bereit erklärte.
Slm. Leipzig. Wir danken herzlich für die bewiesene
Sympathie. Wegen der „Lyrik" siehe oben.
L. M. Budapest. Ohne ihnen nahe treten zu wollen,
können wir den uns als Gegenbeleg vorgehaltenen Erfolg nur
als eineu Pyrrhussieg auffassen. Noch einen solchen, und —
alles ist verloren.
R. L. hier. Wem Gott ein Amt gibt, gibt er auch den
Verstand. „Jn der Kunst gilt die Ausnahme".
Balentino. Trient. Die Fassade ist von einem Ober-
baurate!
Gp- Wien. Tadellos angelangt. Bei Jnangriffnahme er-
folgt umgehende Benachrichtigung.
v. Bl...tz Hannover. Nicht bloß wer den Papst
zum Better hat, kann es bis zum Kardinal bringen; wer nur
irgend an einflußreicher Stelle einen solchen — es braucht noch
lange nicht im Ministerium oder im Magistrate zu sein, zur Nol
thut es auch eine Muhme — besitzt, erhält unter nicht gerade sehr
erschwerenden Umständen große und nota bens fette dlufträge.
Gunst bringt Kunst, ist eine nicht gerade neue aber wahre Maxime.
Kaplan Schm. W. Die Kunst sieht in der Darstellung
des Nackten — und zwar nicht wegeu des Behagens am Roh-
Sinnlichen oder aus Befriedigung an der Besiegung der damit
verbundenen Schwierigkeiten — eines ihrer wirksamsten Aus-
drucksmittel; es haben sich dessen alle und zwar mit Vorliebe die
größten Künstler, nicht bloß die antiken, sondern die aller Zeiten
zur Verkörperung ihrer Jdeen bedient und das erhabenste Beispiel
sind die Malereien der Sixtinischen Kapelle von Michel-Angelo.
Daß demnach ein Fachblatt — und als solches wollen wir be-
trachtet sein — durch irgendwelche Rücksicht sich genötigt sehen
sollte, von der Wiedergabe des enthüllten menschlichen Körpers
Umgang zu nehmen, wird man ihm billigerweise nicht zumuten
können. Ebenso ist es selbstverständlich, daß man in rein künst-
lerischem Sinne von einer entblößten Figur als einer keuschen
reden darf, wie man vorkommenden Falles eine noch so reich
drapierte sehr wohl als eine frivole wird bezeichnen können.
Hfft. Heidelberg. Ein für allemal! Es kann sich nie-
mals um die Person als solche, sondern einzig nur um die Sache
handeln. Dann aber getrost vorwärts. „Ein Herz lüßt sich nicht
kränken, das rechter Meinung ist".
K. S. Emden. Hinlänglichst damit versorgt. Auch für
weiterhin können wir uns durch kein Versprechen binden.
D. M. Luzern. .. Nur nicht mit dem Kopfe durch die
Wand rennen wollen! Übrigens ist die Sache noch lange nicht
spruchreif.
Zse. Effn. Jnnsbrnck. Das ist Geschmackssache. Übrigens
finden Sie in G. Hirth's „Deulschem Zimmer" (München), das
soeben in einer fast um das Doppelte vermehrten dritlen Auflage
erscheint, Anregungeu in Fülle.
v. K. Breslau. Jn Breslau plant man, das alte herr-
liche Rathaus nun auch mit einer Restauration zu beglücken.
Nur Mut, die Sache wird schon schief gehen — wahrscheinlich
wie s. Z. die Renovierung des Chores der Kreuzkirche, die ein
wahres Paradigma neugolischen Geschmackes geworden.
 
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