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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Pecht, Friedrich: Die König-Ludwigs-Säkularfeier
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0161

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^22 Die Uönig-Llldwigs-5äkularfeier
Unsere Feier muß daher eine durchaus volkstümliche, deutsch-patriotische sein, an der sich alle Parteien
der Nation mit gleichem Rechte beteiligen kvnnen, weil sie alle ihr Blut gleich willig sür die Größe nnd Freiheit
des Vaterlandes vergvssen.
Es ist daher besondcrs der Vorschlag sachgemäß, den Erbauer der Befreiungshalle durch ein Sieges-
denkmal zu ehren, das es kommenden Geschlcchtern bezeugt, wie die Enkel seiner nicht unwürdig gewesen, wie
die Saat glänzend ausgegangen, die er als einer der Ersten ausgestreut. Wo aber könnte dieses Denkmal einen
besseren Platz finden als in der Halle, die er selber gebaut, nm die kriegerischen Tugenden seines Volkes zu
ehren nnd wo künftig die Darstellnngen der Siege von Wörth, Sedan und Orleans, zu deren Erringung die
Bayern so viel beigetragen, den prachtvoll farbigen Hintergrnnd für den weißen Marmor des Denkmals zu
bilden hätten? Gewiß ist die Möglichkeit, es in dem gedeckten Raum in Marmor ansznführen, ein weiterer
Grnnd für die Wahl der von König Ludwig gebauten Halle, die außerdem noch mit den Bronzefiguren von
der Tanns und Hartmanns zu zieren wäre.
Wenn wir des Königs würdig bleiben wollen, der selbst einer der Ersten für die Freiheit des Vater-
landes gekämpft, der die Walhalla und bayerische Ruhmeshalle errichtet, der unermüdlich war in der Anerkennung
jedes patriotischen Verdienstes, ist es wahrhastig die höchste Zeit, daß wir endlich unseren sür die Freiheit und
Größe des Vaterlandes gefallenen Brüdern und Söhnen eine Schuld heimzahlen, die wir bis jetzt unverant-
wortlich oernachlässigt. Oder sollen wir Münchener uns vom kleinsten deutschen Städtchen, von jedem bayerischen
Dorf noch länger beschämen lassen? Eine Nation oder Gemeinde kann sich keiner schlimmeren Art von Undank-
barkeit schnldig machen, als wenn sie es versäumt, hervorragende Verdienste ihrer Mitbürger durch Denkmäler
zu verewigen. Denn diese sind die höchste Auszeichnnng, die sie zu vergeben hat, und können durch nichts anderes
ersetzt werden. Am wenigsten durch Stiftungen u. dgl. Denn diese nützen blos uns, aber nicht dem Gefeierten.
Man entmutigt aber hnndert andere, wenn man ein großes Verdienst unbelohnt läßt. Wo gäbe es aber ein
größeres, als wenn man sein Leben für das Vaterland geopfert oder auch nnr eingesetzt hat?
Selbstverständlich ist für solch ein Denkmal baldmöglichst eine sreie Wettbewerbung unter allen Münchener
Künstlern, gleichviel welchem dentschen Stamme sie angehören, zu eröffnen nnd dieselbe so zu beschlennigen,
daß die Ausstellnng der Modelle zum Feste des Königs eröffnet werden kann. Dasselbe
hätte mit den Konkurrenz-Skizzen für die Verzierung der Hinterwand der Halle zu geschehen.
Niemand kann bezweifeln, daß dem großen Kunstsreund Ludwig diese Art sein Andenken zu feiern
weitaus die liebste wäre, ihm, der seine Mittel so weise für bleibende Schöpfnngen zusammenzuhalten wußte,
ohne sie je für leeren Spektakel zu verschwenden, der hente berauscht und morgen vergeffen ist.
Damit kämen wir nun auf den nnvergleichlichen Kunstbeschützer, der sich so innig paart mit dem deutschen
Patrioten in König Ludwig, daß einer gar nicht vom andern zu trennen ist, ohne die Größe des Mannes zu
schädigen, dessen glühende Vaterlandsliebe gerade die Mutter sciner Kunstbegeisternng war. Oder verfolgen
seine Kunstunternehmungen je einen anderen Zweck als den Reichtnm, die Macht und Tiefe des deutschen Geistes,
die Großthaten seines Volkes zu feiern oder mindestens sein gelicbtes München zu zieren, die Tugenden des
bayerischen Stammes wie des deutschen Bolkes, seine Religiosität, Treue, Anhänglichkeit, Tapferkeit, seinen
rastlosen Unternehmungsgeist zu verherrlichen nnd zu fördern? War er nicht von allen deutschen Fürsten der
Erste, der die Gemächer seines eigenen Palastes durch die Meisterwerke der deutschen Dichtkunst von seinen
Malern schmücken ließ, der von den Nibelungen bis zum Faust keines derselben vergaß, der seine Festsäle mit
den Thaten Karl des Großen, der Hohenstausen verzierte? Wie empfänglich König Ludwig auch für den Nach-
ruhm war, so besteht seine Größe doch gerade darin, daß er bei all' seinen Schöpfungen nie die eigene Ver-
herrlichung oder sonsüge egoistische Zwecke, sondern nur ideale Ziele verfolgte, ihnen uneigennützig die größten
Opfer brachte.
Ein Volk aber kann seine Wohlthäter und großen Männer nicht besser feiern, als indem es sich ihrer
würdig zeigt, ihre Tugenden nachahmt, nicht nur mit ihnen prunkt. Beweisen wir es also auch dadurch, daß
wir von der Aufopferungsfähigkeit für ideale Schöpfungen, der Sparsamkeit gegen uns selber, von der uner-
müdlichen Thätigkeit im öffentlichen Dienst, von dem großen Sinn, der Begeisterung für alles Schöne, die
König Ludwig unsterblich machen, bei dieser Gelegenheit wenigstens etwas offenbaren.
Wie das fast aller großen Männer, so war auch Ludwigs Loos darin ein tragisches, daß er das herr-
liche Ausgehen der Saat, die er gestreut, nicht mehr erleben, Straßburg und Metz nicht mehr in unseren Händen,
die deutsche Nation nicht mehr geeint, siegreich und weltgebietend, sein München nicht reich und blühend, als
Sitz eines gesunden Bürgertums und als Mittelpuukt einer nationalen und selbständigen, wahrhaft volkstüm-
lichen, dadurch aber erst recht lebendigen Kunst sehen sollte.
Unsere Pflicht aber ist es, den dankbar zu ehren, welcher den Grund zu dieser ungeahnten Blüte gelegt,
den Baum gepflanzt hat, deffen Äste jetzt das ganze Vaterland umspannen.
Sind wir also ganz einverstanden mit dem Hauptinhalt der Millerschen Vorschläge, so mag es ja
weiterer Erwägung vorbehalten bleiben, ob es denn zweckmäßig sei, gleich zwci Festzüge zu halten, während sich
 
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