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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Ranzoni, Emmerich: Die Canon-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0167

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Die Lanoii-Ausslelluiig. von Lni. Ranzoni.


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die Kolossalbilder „die Schatzgräber" und „der Rüden-
meister", deren zweitgenanntes sich im Besitze des Grafen
Wilczek befindet, dem auch das schöne in diesem Aussatze
in Jllustration beigegebene Teckengemälde zu eigen ist, das
eine der Hauptzierden des diesem Kunstmäcen gehörenden
Schlosses Sebarn ist. Es ist aus des Meisters reifster
Zeit und wenige Jahre vor seinen vielbesprochenen Schöps-
ungen „Kreislauf des Lebens" und „Votivbild" entstanden.
Nur der Karton zu dem Kolossalbild und einige Farben-
skizzen dazu, darunter mehrere Varianten der Komposition
sind ausgestellt. Tagegen bezaubert tvieder das zu Ant-
werpen so sehr ausgezeichnete kleine Votivbild alle Kenner
und Kunstfreunde!
Canon ist in der That in der Ausstellung in der
Vielseitigkeit seines Talentes bezeichnend vertreten, als
Porträtmaler sowohl durch weibliche als durch männliche
Bildnisse, welche ihn als einen wahren Seelenmaler er-
scheinen lassen, wie die Porträts des Kaisers, der Kron-
prinzessin, des Grasen Westfalen, des Historikers von
Arneth, des Geologeu Hauer, der Ärzte Benedikt und
Scholz, des Kardinals Schwarzenberg, der Frau Dr. Max
Friedländer, der Baronin Bonrgoing, der Baronin Wieden-
feld u. s. w., als Genremaler durch die reizende Glücks-
idylle „Mittagsruhe", „Die moderne Magdalena", „Den
modernen Diogenes", „Nach dem Bade" n. s. w., als
Dekorationsmaler durch die allegorischen Gemälde „Fischerei",
„Jagd", „Wahrheit und Lüge", als Monumentalmaler
endlich durch die oben genannten Kartons und die zehn
allegorischen Gemälde für die Lünetten des naturhistorischen
Nluscums, welche, wie die zahlreichen Vorübungen, die er
in Zeichnungen und Farbcnskizzen machte, bevor er an die
endgiltige Ausführung seiner wichtigsten Schöpfungen ging,
fiir den Ernst, die Pietät und seinen ungewöhnlichen Kunst-

verstand Zeugnis geben. Tie zuerst gemalten Lünetten-
bilder, wie beispielsweise „die Zoologie" sind in jenem
leuchtenden, farbensatten Kolorit gehalten, das ihm so sehr
geläufig war, die späteren aber in sehr hellen Tönen, wie
dies auch notwendig ist, wenn Gemälde aus einer Höhe
von ungesähr sechzehn Klaftern auf den Beschauer mit be-
stimmter Teutlichkeit wirken sollen. Die in diesem Ge-
mälde klar ausgesprochene Jntention, sie im Ganzen so
licht zu halten, wird für seinen Schüler Staufer, dem die
ehrende Äufgabe zu Teil geworden, das daran noch fehlende
zu ergänzen, ohne Frage für die Methode, welche er dabei
einhält, maßgebend sein.
Wer mit Aufmerksamkeit und Verständnis durch die
Ausstellung wandelt, muß die Überzeugung gewinnen, daß
Canons künstlerisches Glaubensbekenntnis in folgenden
Sätzen zusammen zu fassen ist: die echte Kunst hat es mit
der schönheitlichen Ausgestaltung von Jdeen zu thuu, je
einsacher die Mittel sind, um Großes zu erreichen, um so
größer das Kunstwerk und der Künstler; mau kann nur
dazu gelangen, Anderen zu genügen, wenn man nie dazu
kommt, sich selbst genug zu thun! Dies ist auch in seinen
hinterlassenen Schriften und in seinen Briefen ausge-
sprochen und dies fühlten auch diejenigen, die ihn so hoch-
hielten, wie beispielsweise der Kronprinz Rudolf. Canon
strebte nach erhabener Schönheit, titanenhafte Kraftäußerung
reizte und begeisterte ihn, zuweilen irrte er daher gegen
das Herbe und Maaßlose ab; aber er setzte den Muskel
über das Fleisch und das lediglich sinnlich Reizende in
der Kunst ohne vielbedeutende Form, war ihm ein Gräuel;
er war nicht nur als Mensch stark, sondern auch als Künstler
und blieb als solcher auch noch gesund, als ihm schou der
Tod im Herzen saß; er war ein Maler, der zwar nicht
allen, wohl aber den Besten gefiel.


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Ans lsans Lanons ^kizzeubiich.
 
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