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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Atelier-Notizen - Personalnachrichten - Ausstellungen, Sammlungen etc.- Denkmäler - Vermischte Nachrichten - Bücherschau - Vom Kunstmarkt - Briefkasten
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>zg personalnachrichten
Reher hielt an den strengen Traditionen der Cornelianischen Schule
durch sein langes Leben und sein ganzes reiches Schafsen mit
hohem und unerschütterlichem Ernste fest.
Eine unserer nächsten NummerN wird eine ausfiihrliche
Biographie des Verstorbenen bringen.
/ Jn Wien verstarb der daselbst 1821 geborene Historien-
maler Georg Raab, dessen allegorische Gestalten und Porträts
sich grosser Beliebtheit zu erfreuen hatten, am 31. Dezember v. I.
-. Am 2. Januar ist zu Schwerin der dem gegenwärtigen
Geschlechte mehr als Politiker und sozialdemokratischer Abgeord-
neter bekannte Architekt Adolf Demmler verschieden; der Nach-
welt aber wird sein Andenken durch seine umfangreichen und höchst
bedeutenden Werke erhalten bleiben. Am 22. Dezember 1804 zu
Giistrow geboren, studierte er in Berlin unter Schinkel und trat
1824 in den mecklenburgischen Staatsdienst, woselbst er bis zum
Hofrat emporstieg. Bis 1851 fiihrte er fiir Schwerin eine Reihe
Monumentalbauten auf, wvdurch er dem Charakter der Stadt
sein Gepräge gab. So das Arsenal, den Marstall, das unter-
dessen abgebrannte Hoftheater, das großherzogliche Schloß, zu dem
er einen geistvollen Entwurf im sogenannten Chambordsttl ange-
fertlgt, das aber, da er wegen Anteil an der 48er Bewegung seines
Amtes enthoben, von Willebrand und Stnler unter Abweichungen
vollendet werden sollte. 1875 wurde ihm von dem verstorbenen
Großherzoge wiedernni die Erweiterung des Zuschauerraumes des
Hostheaters übertragen. Der Verstorbene besaß nicht nur eine
hervorragende Begabung für das Monumentalc, sondern auch einen
feinen Sinn für den Reiz der Tetailbildung.
Jn Stuttgart isl der Architekt Karl Rieß gestorben,
der, 1855—60 am Kölner Dombau thättg, sich durch zahlreiche
künstlerische Editionen, u. A. „die Kunstdenkmale des Mittelalters"
einen rnhmlichen Namen erworben.
-. Paris.. Paul Baudry, dey'en seit Wochen erwartetes
Ende ani 18. Januar eingrtreten, darf sich rühmen, der größte
Vertteter der idealen Kunsttichtung in Frantteich gewesen zu sein.
Sein Hauptmerk ist bekanntllch bie Dekoration des Foyers der
großen Oper, welchem er zehn seiner reifsten Lebensjahre widmete
und gehört zu den umfangreichsten ?lufgaben, welche einem einzigen
Künstler zufielen. Nicht blos ist hier die Kraft, Schönheit und
Modellierung des Nackten meisterhast dargestellt, sein „Traum
der hl. Cäcitie" wird sür alle Zeiten ein Wunderwerk großartig
ernster Nkonumentalmalerei bleiben. Noch schuf der Künstler
einen großen Plafond für den Saal des Kassattonshofes, der eine
Menge interessauter Porttäts enthält und sehr geschätzt wird.
Sein letztes großes Bild war „die Entführung der Psyche aus
den Ftügeln des Zephirs", das sich außer der trefflichen Kompo-
sition durch eine dem Stoste durchaus angemesseue Zartheit des
Tones auszeichnet. Man mnß es der Pariser Kritik zum Ruhm
nachsagen, daß sie stets die Werke des großen Meisters von den
Erzeugnissen der Tagesmode auseinander zu halten und die hohe
Anschanungsweise dieser Werke wohl zu würdigen verstanden uud
sein unentwegtes Festhalten an den Jdealen der Kunst, sowie den
uneigennntzigen Charakter des Verewigten aufs lebhafteste aner-
kannte, Eigenschasten, die in einer Zeit, woselbst die sog. berühm-
testen Maler dem leichten Erfolg und dem Gelde nachlciufen,
geradezu unschätzbar sind.
-. Der Historien- und Porträttnaler Amanry - Duval,
einer der hervorragendsten Schiiler von Jngres, ist am 27. Dez.,
77 Jahre alt, zn Paris gestorben.
-. Theodor Labrvuste, der Nestor der Architekten Frank-
reichs, ist zu Paris im 86. Lebensjahre gestorben. 1827 errang
er den prix cte Hoine, nach Paris zuriickgekehrt, baute er unter
Andern das College de St. Barbe und die Bibliothek St. Genevieve,
ebenso rül>rt der große Arbeitssaal der Nationalbibliothek von
ihm her.

Ausstrllungrn, Sammlungrn etr.
6. V. Fiir die Ausmalung des Treppenhauses des
Berliner Rathauses ist jetzt endlich, nachdem die betreffenden
Mauern bereits 17 Jahre lang jeglichen Schmuckes entbehren,
eine Konkurrenz ins Leben getreten. Die geringe Anzahl von
16 eingegangenen Entwürfen beweist nicht nur, mit welchem
Mißtrauen die deutschen Künstler eine Berliner Konttrrrenz zu
betrachten gelernt haben. Die Konkurrenz beweist auch, wie wenig
wirklich bedeutende Talente jetzt bei uns — und namentlich in
Berlin — bereit sind, ihr Können an die Ausfühiung einer nur
im idealen Stile zu lösenden Aufgabe zu sepen. Den Jnhalt
der Gemälde sollte die Verherrlichung der Ereignisse bilden, die

Ausstelliingen — Sammluiigcn rc.
Berlin zur deutschen Kaiserstadt gemacht haben. Drei stattliche,
durch keine architektonische Einteilung eingeschränkte Wände stehen
für diese Malereien zur Verfügung. Die genialste Lösung hat
der Bildhauer Eberlein gefunden, der durch seine von außer-
ordentlicher Forinenschönheit erfüllten Entwürfe die Hauptstadt zu-
gleich nttt der Thatsache überrascht hat, daß sein malerisches Talent
selbst seine glücklichsten Arbeiten auf dem Gebiete der Bildhauer-
kunst noch bei weitem iibertrifft. Eberlein stellt auf der Mittel-
wand den Kaiser Wilhelm dar, welcher der Berolina die Hand
reicht. Auf dem Wappentiere der Stadt, dem Berliner Bären,
der demütig die Pfoten lang von sich streckt, sitzt ein Genius,
der dem Kaiser die Schlüssel der Stadt überreicht. Auf diese
Mittelgruppe schreitet, die ganze linke Wand bedeckend, ein Zug
mit den großen Männern des Krieges, auf der rechten Wand,
ebenso, ein Zug mit den Helden des Friedens. Alle Männer
und Frauen — auch den Verdiensten der Letzteren ist eine wichtige
Rolle auf beiden Seiten eingeräumt — sind porträtähnlich gedacht.
Trotzdem ist das Kostüm bei Allen von idealem Wurfe und den-
noch überall eine innere Harmonie erreicht, welche selbst unsere
begeistertsten Uniformmaler stutzig zu machen geeignet ist. Neben
der großen Linienschönheit, die Eberlein in seinen leicht getönten
Entwürsen erreicht hat, treten allerdings eine Reihe von Ver-
zeichnungen und gewallsamen Stellungen grell hervor. Toch ein
Meister wie Eberlein wird auch diese zu besiegen im stande sein.
Und wenn ihm die Jury entgegen halten sollte, daß die Welt noch
kein ausgeführtes Gemälde von seiner Hand gesehen habe, wodnrch
er sich das Verttauen auf seine Technik der Wandmalerei erworben
habe, so mag Eberlein sich getrost auf das Beispiel Michelangelos
berufen, der anch den gewaltigen Aufttag der Ilusmalerei der
Decke der sixtinischen Kapelle erhalten hatte, obwohl er bisher
wesentlich nur als Bildhauer hervorgetreten war. — Unter den
Entwürfen, tvelche die großen Ereignisse in den Unifoimen und
Trachten der Gegenwart schildern, ist die Arbeit von Hugo Lonis
die glücklichste. Durch die Gestalten seiner Krieger, die von Genien
geleitet zum Kaisertrone schreiten, geht trotz der in den meisten
Fällen bewahrten Treue der Wiedergabe der Uniformen ein vor-
nehmer Zug. Auch die Anordnung malerischer Gruppen innerhalb
dieses Zuges ist von großer Schönheit. Dasselbe gilt von seinem
Zuge der Männer des Friedens auf der anderen Seite. Jn det
Mitte der Letzteren wird das Modell des Reichstagsgebäudes aus
einem Triumphwagen herbeigezogen. Die Vertreter der einzelnen
Stttnde sind in idealisierter Arbeitstracht gezeichnet. Die Berliner
Ehrenjungfrauen tragen Renaissance-Kleidung, und sind sämtlich
blond. Also von einer wirklichen Schilderung der Bewohner der
Hauptstadt ist in vielen Fällen gänzlich abgesehen und dennoch
eine vortreffliche Harmonie zwischen den Jdealgestalten und den
treu nach dem Leben gezeichneten F-iguren erreicht. — Auf eiu
sehr begabtes Talent lüßt der Entwurf von Mühlenbruch
schließen, welcher nttt großem Schwung gezeichnete allegorische
Figuren nnd eine stellenweise durchaus salonmäßige Auffassung des
LebenS der Gegenwartmiteinanderzu verbindensucht. — Eineeigen-
artige Lösung der Aufgabe hat Hermann Kaulbach erreicht.
Ganz im Gegensatz gegen den volltönenden Pathos der übrigen
Entwürfe läßt Kaulbach die allegorischen Gestalten der deutschen
Städte auftreten, die, jede mit den Symbolen ihrer vielhundert-
jährigen Vergangenheit geschmückt, die junge Schwester Berolina
als Kaiserstadt in ihrer Mitte begrüßen. Jede dieser Gestalten,
mit der ganzen Würde oder mit der ganzen Anmut ausgestattet,
wie das Bild ihrer Stadt in der Geschichte des deutschen Volkes
dasteht, ist bereit, der jungen Genossin zu huldigen, und dennoch
bleibt sich jede ihres eigenen Wertes und ihres eigenartigen
Charakters bewußt. WaS Kaulbachs Gemälde dadurch im Gegen-
satz zu den von überströniender Begeisterung erfüllten Festziigen
der iibrigen Entwürfe einbüßt, gewinnt der Künstler an historischer
Wahrheit. Dazu sind alle seine Gestalten von einer unmittelbaren
Deutlichkeit, welche diese ganze Komposition — ebenfalls in wohl-
thuendem Gegensatz gegen die unklaren Allegorien mancheS anderen
Entwurfes — sofort einem Jeden verständlich machen muß. Für
die übrigen Arbeiten von Eichstädt, dem begabten Schiiler
Geselschaps, der hier mit Skizzen von großartigem Wurse zum
ersten Male die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zieht, sowie
für den Entwurf von Otto Heyden, der die Kaiserproklamation
von Versailles und den Einzug der Truppen in Äerlin in abso-
luter Ilniformentreue schildert, verbietet der Raum,des Blattes
leider ein näheres Eingehen. Die Konkurrenz ist im ganzen nnr
von 16 Künstlern beschickt worden.
Jn einer der nächsten Nummern werden wir Teile einiger
der hervorragendsten Entwürfe reproduzieren.
 
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