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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Pecht, Friedrich: Unsere Bilder, [4]
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Unsere Lilder. von Friedrich Pechr


habe immer diese Orientbilder höch't langweilig gesunden,
da, wie bei Nacht alle Kiihe schwarz, diese braun lasierten
Menschenkinder, welche die Nacht aus dem Gesicht hernm-
tragen, mir eines wie das andere anszusehen schienen. Dabei
beleidigt ihre Erscheinung nicht nur nnsere Augen oder
unser Gemüt, sondern was viel schlimmer ist, sogar unsere
Nase, die man bekanntlich überhaupt nicht einmal in das
Land, wo die Zitronen blühen, geschweige denn in den
Orient mitnehmen sollte. Leopold Müller aber ist außer

Grillpar;er-Wonumenk. von L. Kundmanii
Genh der einzige all' dieser Orientmaler, der einem mit
seinem köstlich trockenen Wiener Hnmor und seiner außer-
ordentlichen, ächt künstlerischen Feinheit der Schilderung
selbst diese schwarzen Gurgelabschneider und Wncherer oder
pslegmatischen koptischen Tagediebe mit ihren verehrungs-
würdigen Gattinnen und zähnefletschenden Sprößlingen
amüsant machen kann. Natürlich nur, wenn man sie par
äistLnce und gemalt genießt. Da Müller aber alle Kamele
von Damaskus bis Jerusalem persönlich kennt und über-
dies für seine unfertigen Meisterstücke der Schöpfung eine
Art Zärtlichkeit hat, die fast ansteckend wirkt, so freut man

sich zuletzt doch, zwar nicht immcr an dem, was cr uns
zeigt, aber doch wie er es zeigt. — Wenn er aber nur
halb so viel Humor, Geist und Satyre, wie künstlerische
Meisterschaft an die Schilderung der Wiener Orientalen
und ihrer aufgedonnerten Gattinnen wenden wollte, o ist
nichts gewisser, als daß ihn ganz Teutschland mit Beifall
überschüttete, > während er sich jetzt mit dem jener künst-
lerischen Feinschniecker in der halben Welt begnügen smuß,
welche die außerordentliche Virtuosität seiner Schilderungen
zu würdigen und zu — bezahlen ver-
mögen.
Jn dieser Beziehung hat Anton v.
Weruer, der vor allem seine Berliner Mit-
bürger verewigt, sich jedenfalls ein viel
dankbareres Feld ausgesucht, das ihn be-
reits zu einem der volkstümlichsten Künst-
ler gemacht hat, die wir überhaupt be-
sitzen, wie er denn auch seinen Lands-
knecht aus dem dreißigjährigen Krieg,
dessen durstigen Kopf unser Bild bringt,
sicherlich in der Spree und nicht im Nil
gefischt hat.
Derselben Zeit gehört auch der
italienische Seigneur an, welcher seiner
Gemahlin einen neucn Tanzmeister, Sing-
lehrer oder jungen Verseschmied vorstellt,
um, man weih nicht recht, sie zu unter-
richten oder sich von ihr unterrichten zu
lassen. Jedenfalls um ihr jetzt als ein
Spielzeug zu dienen, wenn er diesen Be-
ruf nicht schon vorher ohne das Wissen
des alternden Gemals der Schvnen aus-
gefüllt hat, was man aus beider Mienen
fast schließen möchte. Jn der anmutigen
Schalkhaftigkeit solcher Szcnen erscheint der
Florentiner Conti allcrdings ganz her-
vorragend nicht nur unter seinen eigenen
Landsleuten, da er sie mit einer Meisterschaft
giebt, in der ihn kauni ein anderer errcicht.
Vom Boudoir eleganter Damen mit
seinem berauschenden Parfüni führt uns
der Karlsruher Architekt, Prof. Dr. Warth,
in die feierlich - ernsten Hallen der
Wissenschaft, in die von ihm neuerbaute
Straßburger Universität, deren Einweihung
erst im vorigen Jahr stattgesundcn und durch
ivelchen im italienischen Renaissancestil auf-
geführten Bau die Elsässer Hauptstadt
wirklich eine überraschende Zierde erhalten
hat. Das lehrt uns sowohl der Mittelbau
mit seiner schön komponierten Loggia, als
besondersdas vortrefslich erfundeneTreppen-
haus mit ,seiner reichcn Verzierung durch Malerei und
Plastik.
Daß Warth die letztere sehr gut zu benützen versteht,
sieht man noch besser an der Fassade, wo dieselbe das
Trockene überaus glücklich aufhebt, das jede Architektur ohne
Plastik unvermeidlich hat, während hier das Ganze dadurch
sehr wohlthuend belebt wird. Warth hat denn auch nicht
nur in dieser vieluinstrittenen Konkurrenz um den Straß-
burger Universitätsbau den Preis davon getragen, sondern
seither auch noch den für den Neubau eines die Kunst-
gewerbeschule, Baugewerkschule und Amtshaiiptmannschaft
 
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