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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Pecht, Friedrich: Die modernen Stoffe in der Historienmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0215

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Dw nwderncn ^loffe in der Diswriennialerci.

dem Phidicis eben das Äcodell zum Zeus Parthcnos zeigt, mährend man hinler ihnen die Akropolis mil den
Propylüen und dcm Parthenon emporragen sieht. Ten Beschlnß uach rcchts zn macht die abgesondert von
allen anderen sibende müchtige Gestalt des Moses mit den Gesetzestascln.
Jst nun nicht nur die Aussassung aller Einzclnen nngcmöhnlich geistvoll nnd lebcndig, sondern auch der
ganze Ausban der Grnppen vortrcfflich, mohlabgewogen nnd so voll malerischen Reizes, mie ich ihn kanm ans irgend
einem dic antike Welt schildernden modernen Bilde in gleicher Fülle verschwendet wüßte, so wird man troüdem
bei einer Bergleichnng der beiden prächtigcn Bilder demjenigen den Vorzug geben müssen, melches angeblich die
rvmantische, in Wirklichkeit die moderne lüunst und Wissenschaft mit den in der Mitte tyronenden allegorischen
vvn diesen lieblichen Gestalten Naphael nnd Rubens
sich mit Dürer unterhaltend, dahinter Michcl-Angelo
mit Leo X. nahend, meiterhin Taute mit Petrarea.
Ganz vorn links, vvn jencn getrennt, Bithcr. Zur
Rechien gewahren mir Beethoven, innercr Eiiigebung
lanschend, ncbcn ihm Schiller nnd Gocthc, sich stehend
nntcrhaltend, Mozart neben ihncn, mährend Humboldt
und Äant sich mit Linne ins Gcsprüch vertiest haben.
Troü dieser dem >rünstler vvrgeschriebcnen Mischnng
so hctcrogener Bestandkeile macht das Gauze nicht nnr
cinen überaus anziehcudeii, sondern auch harmonischeu
Eindrnck, da eS mit einer geradezn cminenten kolo-
ristischcn lilnnst so sein znsammengestimmt ist, daß man
sich iim das Äostüm eigcntlich gar nicht, sondern lediglich
nm die herrlichen Viöpse kümmert. Rlan sieht hier aber
auch gleich den anßerordentlichen Vorteil, den die
Tarstellnng ganz moderner oder doch allgemeiu be-
kannter Fignrcn vor dcr aller anderen Zeiien voraus
han den nämlich, daß man bei ihnen uie wagen dars,
ihnen konventionclle und theatralische lyeberdcn nud
Ztellungen zn leihen, ivenn mai, nicht lächerlich mcrdcn
mill, da hier jedermann svsort deren Uuwalirheit cm-
psindet. Tie Unnst kann sich also bci ihnen nic so
ganz von der Natur entfernen, mie bei Gestalten, die
einer weit zurückliegenden oder ganz idcalen Zeit ange-
hören. Diese modernen Figuren sind i'ibcrhanpt znr
bloßen Repräseutation oder zur Allegvrie und Symbvlik
selten zu brauchen und entgehen damit anch den Ge-
sahren dieser so leicht dem Thcatralischen versallcnden
Uunstgattnug. Ebenso kann mau mvyl scyr gut Helden
aller Art in moderner Uleidung darstellen, aber keine
Göttcr, deren Wiedergabe wohl vft der höchste Triumph
der Unnst, aber noch viel häusiger ihr Verdcrben mar,
da sie hier gerade bei ihnen gar leicht der kon-
Vrasiliamschrr Urwald ventionellen Schablone verfällt. Weil eben letztereS nur
II»; Fcrd. Acilcrs -tizzcnbuch zu ost das Schicksal somohl unserer romantischeu als
klassiziskischen.vistorienmalerci gemesen mar, mußte die
Bessernng vou der Sittenbildmalerei, von den Menzcl, Knans, Vantier, Desregger herkommen, die Alle, mv-
derne Ltoffe schildcrnd, der akademischen Unnst erst micder zeigen mußten, mie sich uatürliche Niensckieu
gebahren.
Vergleicht man also hier, anf Kellers beiden Bildern, die antikcn uud inoderilen Geislesheroen mit-
cinander, so wird eiiiem, glaube ich, nicht der mindeste Zweifel bleiben, daß der Vorteil trotz der hcrrlichen
antiken Büsten, die der Maler bei den einen benützen konnte und mit großem Geschick verwendet hat, doch ent-
schicden anf der Seitc der Neneren, ja sogar der Ällerneuesten, der Becthoven, Schiller und Goethe liege, day
geradc sie uns am unmiderstehlichsteu fcsseln. Das liegt nun doch offenbar ganz gewiß nicht an ihrem Pnder
vder an ihren Schnallcnschuhen, svndern daran, daß sie dcr Maler so vicl besser verstand, als ivir Alle eiuen
Plato oder Aristoteles, Homer oder Phidias je zn verstehen im Stande sind. Ja selbst einem Michel-Angelo
oder Raphael wird ein Teutscher niemals so nachzuempffnden im Stande sein, als seinen eigenen Landsleuten
nnd Zeitgenosscn. Ta sicki aber das Jntcresse einer gesckuckitlichen Figur mcit mehr nacki dem Gradc der Lebens-
 
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