Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

DOI Artikel:
Pecht, Friedrich: Unsere Bilder, [6]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0227

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Unsere Bilder. von F r. Peä't

t7Z

Ohr gelassen hat. Jhm ist aber jetzt alles Wurstz in
ieinem Pech weis; er ossenbar nicht mehr, nb es ans ihn
schneit vder bloß regnet.
Ersreulich ist aber, das; man wenigstens bei den beiden Haupt-
personen dieser Gesellschaft die Wirkungen der sortschreitenden
Zivilisation wahrnimmt. Zumal an dem anf einem Schlitten
daherschießenden Hanswurst, der hier so elegant anssieht wie
ein Prinz — das Umgekehrtesoll auch schon vorgekommen sein. —
Seinen wahren Stand verrät er nur durch Schellenkappe
und Pritsche. Hinter ihm als eigentliche Zauberin und
Regentin dieses lustigen Reiches steht Colvmbine auf deni
Schlitten, den er nur lenkt. Beide kommen sie, ihrer
eleganten Toilette nach, direkt aus Paris, und es ist ja gar
nichts Neues, daß ein Teutscher als Hanswurst von da
zurück kommt. Sie ist vollends ganz Französin, im Ball-
anzug, mit langen Handschuhen die Arme, wie durch
prächtige Toilette etwaige sonstige Desizite verhüllend und
eine Rosenkette schwingend, durch die sie offenbar zu springen
gesonnen ist. Voransgesetzt, daß sie nicht unterwegs damit
Gesangene machen will, wozu die allerliebste Person mit
ihrer ansteckenden Fröhlichkeit allerdings ebenso geeignet als
gewillt scheint. Es ist aber immerhin bezeichnend, daß wir
hier bei Kaulbach selbst die Narrheit wieder aus Paris
zu beziehen anfangen, wührend wir in unsern Parlamenten
und gelehrten Gesellschaften, in Kirche und Staat, doch
felber so vollkommen ausreichenden Vorrat davon ange-
häuft haben, daß wir sogar den Franzosen damit aus-
helfen könnten, wenn sie das jemals bedürften. Taß der
Künstler selbst emen unserer jüngsten Reichsbürger aus
Kamerun mit von der Gesellschast sein und auf einem
Schneeball daherreiten läßt, das zeigt uns, wie scharf er
seine Aufmerksamkeit allen Teilen unseres Reiches — der
Narrheit zuwendet, und nichts unberücksichtigt bleibt, wie
er denn die Sonne des köstlichsten Humors in diesem
Staat nie untergehen läßt. —-
Papperitz führt uns dann den edlen Prinzen Karneval
vor, wie er umgeben von einer Schar schöner Närrinnen
nnd gefolgt von eiuer Anzahl ihrer Anbeter, auf goldenem
Wagen mit dem Selbstbewußtsein eines Weltbeherrschers
triumphierend einherzog. Daß der Künstler der strengsten
realistischen Richtung angehört, beweist er uns dadurch, daß
er die Länge seines Prinzen genau nach der des heurigen
Karnevals selber bemessen hat. Wir sind ihm für solche
historische Treue um so mehr verpflichtet, als er allen
feinen verschiedenen närrischen Damen neben ihren sonstigen
Reizen anch noch die Tugend der Lffenherzigkeit im weitesten
Maße verliehen hat.
Prinz Karneval kann ans solche Truppen um so stolzer


Waskirnlliiiir. Von F. A. von Uaulback


Slrizxe znr Vrujahrsgriippe. von R. ^eitz

sein, als sie unter seiner sieggewohnten Führung Eroberungen
mehr als genug gemacht haben. Für den Umstand, daß
er ebensowenig als andere Monarchen die Unterthanen seines
Reiches mit recht ausgiebigen Steuern zu verschonen im
stande war, entschädigte er wenigstens durch Einführung
des Monopols der Lustigkeit, wodurch er ihnen nicht nur das
Gehässige benahm, sondern sogar Jedermann zu berauschen
verstand, in welchem
Znstand bekanntlichselbst
die Teutschen sreigebig
werden.
Auf solche Schmelz-
temperatur des Herzens
deutet auch die Be-
flissenheit hin, mit der
die alten Herren einer
Rokokodame die Cour
mackien auf Weifers
allerliebster Eintritts-
karte zum Maskenfest,
dessen bunte Menge man
imSpiegel bereits herein-
fluten sieht, voll Begier,
den König Winter aus
feinem eisigen Thron zu
bestaunen, wie ihn uns
Unger in so ühauer- Maskenlliizir. Boii F. A. o. Uaulbach
 
Annotationen