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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Personalnachrichten - Denkmäler - Vermischte Nachrichten - Vom Kunstmarkt - Kunstliteratur - Briefkasten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0334

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262

vcrmischte Nachrichten — vom Kunstmarkt — Kunst-Littcratur — Lriefkastcu

Kunstleben Lsterreichs auf verschiedeue Weise zu Hilse kommen.
Speziell zur Hebung dcr kirchlichen Kunst soll ein eigener katho-
lischer Berein unter der Protektion des Kardinals Fürsterzbischof
Ganglbauer und auderer hoher Würdenträger der Kirche auf
breitester volkstümlicher Grundlage ins Leben gerusen werden.
Den Verkehr mit der Lffentlichkeit und den geschäftlichen Vertrieb
der Kunstwerke soll ferner ein neuer Künstlerverein beleben, der
iu eineni eigenen Ausstellungsraum wöchentlich alles die Ateliers
verlassende zu öffentlicher Anschauung zu bringen hätte. Endlich
plaut mau noch eine Gesellschaft der Kunstfreunde, mit der be-
sonderen Bestimmung, durch unmittelbare Aufträge sür ständige
Ilnreguug zur Schaffuug neuer Kunstwerke zu sorgeu.
ss Jn Paris stimmten am 28. v. Mts. die Bildhauer und
Maler des „Salvns" über die Verteilung der Ehreumedaille ab.
Die Bildhauer konnlen sich über keinen Namen einigen, und in
dieser Section wird also dieses Jahr die Medaille nicht erteilt
werdeu. Tie meisten Stimmeu erhielt Schönewerk, welcher vor
der Kunstausstellung gestorben war und dem seine Berufsgenossen
noch eine Huldigung darbringen wolllen. Die Maler wählten
Jules Lefebvre, der den „Salon" mir zwei seiner reizenden,
sarbenschönen und delikat gezeichneten Porträts beschickt hatte.
vm. Jn Müuchen wurde am Sonntag den 30. vor. Mts.
Bruno P iglheins neues Panorama „Die Kreuzigung
Christi" m Gegenwart vou Mitgliedern des kgl. Hauses und
eines geladenen Publikums durch eine Ansprache und Erklärung
des Professors M. B. Sattler seierlich eröffnet. Ter Künstler,
dem bei der Aussührung die Maler K. Fros ch, Jos. Krieger,
Ad. Heine und Jos. Block, und als wissenschastlicher Beirat
Prof. Sattler zur Seite stauden, erntete von den Anwesenden
rückhaltlose dlnerkennung für sein Werk, dessen eingehendere künst-
lerische Würdigung wir uns noch vorbehalten.
Vom Vunstmarkt
vm. Bei C. G. Börner in Leipzig (Königstr. 26) ffndet
am 21. d. Mts. die Versteigerung einer bedeutenden Sammluug
von Kupferstichen statt, unter denen besonders Blätter von
Aldegrever, den Behams, Berghem, Cranach, Dürer, Ever-
diugen, Leyden, Lstade, Raimondi, Rembrandt, Schongauer,
Waterloo, Zwott :c. erwähnenswert sind.
vm. Jn Berlin wird Rud. Lepke am 16. Juni cine
Kollektion Kupfcrstiche, Radieningen, Holzschnitte, Aulographen
und Bücher, dabei gute Porträts vou Tänen, Polen und Schweden,
versteigern.
vn. Die Versteigerung der Galerie Will Graham in
London hat die Suinme von 1,383,366 Mk. ergeben, von denen
auf die modernen Gemälde 915,140 Mk. und unter diesen wie-
derum auf Rossctti allein 19,322 Mk. konimen.
vm. Die Versteigerung des Ateliers A. de Neuvilles
brachte die Summe von 304,575 Fr. ein. Schou diese Zahl
läßt crkennen, wie rege die Beteiligung war. Selbst die gering-
sten Studien und Skizzen wurden auf das lebhafteste umstritten.
üe oarlamentLire, eines der letzten Bilder des Künstlers, er-
zielte 27,800 Fr. Drei dasselbe Sujet elwas varnerende
Aquarelle erwarb der Staat für 20,000 Fr., ebenso einen ersten
Entwurf zu Neuvilles Salonbilde .^ttaque par le keu ck'une
msison crenelee, 3 Villersexel saus d. I. 1875) sür 10,000 Fr.
und eine Verkleinerung seines berühmten Bildes le LourZet sür
1500 Fr. Diese staatlichen Gebote Turquets geschahen unter
lebhasten Beifallsbezeugungen der Bersammelten. Eine LbarZe
cke Lavallerie, L Oravelolte erreichte seruer 11,600, Herlcourt
9800, le vepart cku dutmllon 9100, eine vpisocke cke I-t dutaille
cke Reronville 8600, blodlles rekuxies ckans une Aranqe, ä
Lupsume 8020 Ulld la kasserelle cke lu Zare cke 8t)>rin^ 7200 Fr.
Ähnlich gute Preise brachteu verhältnismäßig auch alle übrigen
Stllcke bis auf die unbedentendsten Entwürse herab, welche zu
Preisen zwischen 300 und 1000 Fr. abgingen. Selbst die Feder-
und Bleistiftskizzen des genialen Meisters brachten es noch auf
300—500 Fr. pro Blatt.

Runst-Liitrrsiur
Edmund Kanoldt, Mythologische Landschaften. Karlsruhe,
Velten. Preis 60 Mk. Selten hat uns eine Gabe des Kunst-
handels so reine Befriedigung erweckt wie diese, welche uns eine
Reihe berühmter antiker Frauengestalten in Landschaften vorführt,
die ihrem speziellen Charakter mit ebensoviel Geschmack und Stil-
gefiihl, als echt poetischer Empfindung angepaßt sind. Offenbar

haben dem einstigen Schüler Prellers hier die Ldysseelandschaftcn
seines Meisters vorgeschwebt. Jndes ist er ganz selbständig ge-
blieben, gibt keineswegs Nachahmungen. Vor allem weiß er,
entsprechend dem heutigen Charakter der Landschaftsmalerei, die
Reize des Lichts viel besser zu benützen als der Weimarer Meister,
mehr deuticher Romantiker als dieser, gibt er vor allem Stimmungs-
bilder. Darunter aber viele, die den betrefsenden Charakteren
ganz köstlich auf den Leib geschnitten sind, wie z. B. „Sappho",
die wir auf dem leukadischen Felseu stehend finden, während das
sturmgepeitschte Meer, das gegen die öden Klippen zu ihren
Füßen sich wälzt, unübertrefflich deu Ausdruck ihres Jnneren
wiederspiegelt. Nicht minder schön isl die wilde und düstere
Landschaft erfunden, in der Antigone vor dem Leichnam des
Bruders jammenid kniet, oder die herrlichen Baumgruppeu,
durch welche Kassandra unglückahneud umhergetrieben wird, nach-
dem sie in ihrer Angst den Tempel hinten im Cypressenhain ver-
lassen. So sinden wir nun noch Jphigenie am Meeresstrand,
das Land der Griechen mit der Seele suchcnd, Tido mit Äuea-
vom Gewitter überrascht der Höhle zuslüchtend, Thetis uns
Achilles, Echo den Narziß belauschend und Hero nach dem Aufd
tauchen des Leander aus den wilden Wogen spähend, immer in
überaus glücklich ihrem Gemütszustande enlsprechender Landschaft.
Da der Künstler alles Zusällige und llnharmonische ausgeschieden
hat, so erreicht er dabei eine erhabeue Einfachheit und Größe der
Form, die ganz dem grandiosen Wesen der mythischen Gestalten
entsprechen und macht uns immer einen gewaltigen Eindruck, da
er vollkommen Meister genug ist, um diese Gebilde seiuer Ein-
bildungskrast nüt vollendeter Wahrheit und Glaubwürdigkeit aus-
zustatten. Diese starke Naturempfindung gibt ihnen denn auch
den hochpoetischen Reiz, das unser Gemül so tief Ergreifende.
Man kann es daher nur bedauern, daß unsere Kunst dies Gebiet
der idealen Laudschast so selten mehr bebaut, dem Kanoldt hier
eine Reihe von ächteu Kiiustwerken verdankt, die weit cntfemt
sind von der Kleinlichkeit und Nüchtemheit so vieler moderner
Naturalisteu, souderu durchweg etwaS Berauschendes haben.
vm. Der Codice Atlantico der Ambrosianischen
Bibliothek zu Mailand, eiu äußerst wertvoller Band Manuskripte
und Studien Leonardo da Viucis, welcher durch Napoleou nach
Paris gebracht, unter den Bourbonen aber Jtalien zurückerstattet
wurde, soll auf Veranlassung der Regierung in Rom im Dmck
erscheinen. Letzterer wird etwa 8 Jahre in Anspmch nehmen; die
Kosten werden auf ctwa 100,000 Lire veranschlagt.

Vriefkastrn
L. Tk. p. in Tricnt. Wir haben uns mehrsach vergeb-
lich um eine korrckte Beantworlung Jhrer Anfrage nach der
bei der Jmitation alter Go belins a nzuweudeuden
Maltechuik bemüht. Bielleicht ist einer uuserer freundlichen
Leser in der Lage, Jhnen und uns die erbetene Auskunst zu
geben? Für alle Fälle nennen wir Jhnen heute gleichzeitig direkt
eine Autorität auch aus dem einschlägigeu Gebiele, an welche
Sie sich gefl. gleichsalls direkt ivenden wollen.
K. k>. in Köln. TaS mag wol beim Kleingewehrfeuer auf
Kolounen der Fall scin. Wir glauben aber doch, selbst da wo wir
Jhrer Meinung nach „unsere Litischeu Pfeile" scheinbar ziellos
auf die Allgemeinheit richteu, nie den ilnrechten getroffen zu habeu
— wenn sich überhaupt jemand getroffen sühlt. Übrigens sind
wir doch wol hamiloser als Sie annehmen.
k>. B. in Tr. Wir bedauern das Vorkommnis sshr, sehen uns
aber Jhuen, wie alleu unseren geehrtcu Postabouneuten gegenüber
zu der ausdrücklicheu Erklttruug genötigt, daß wir für die wohl-
behalteue Ankunft der bei den Postänilern direkt bestellten Exem-
plare keine Garantie übernchmen könuen, da diese seitens der
Posteinliefemngsstclle selbst emballiert werden. Es dürfte des-
halb, wenn irgend angängig, der Bezug durch den Buchhandel
stets vorzuziehen seiu.
A. R. in wicn. Über das Erscheineu des Werkes läßt
sich nach Mitieilung des Herm Professor R. zur Zeit noch
nichts Positives angeben.
R. B. in Rop. Besten Dank für Jhr dlnerbieten. Zu-
gestauden, Musik ist eiue schöne Kunst, daruni aber noch keine
bildende, wenigstens nicht im Siune unseres Programms.
Artbur k>. in Bstdt: Herzlichen Glückwunsch! Nur machen
Sie auch Feuerbachs Wort, 'daß für den wahren Künstler die
Heirat, und besonders die sog. glückliche, die gefährlichste Klippe
sei, nach Kräften zu schanden!

Rcdigiert unter verantwortlichkeit der Verlagsanstalt sür Ruust und Ivissenschast vorm. Fr. Bruckniaun (vorstand: A. Bruckmannl
Druck der verlagsanstalt Bruckmann in München.
 
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