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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Pecht, Friedrich: Die Berliner Jubiläums-Ausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0345

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Von Friedrich j)echt

27,



Achtung behandeln, als es jedenfalls von einem ungewöhnlich feinen Geschmack und hochachtbarem Können
Zeugnis gibt. Darin unterscheidet sich dieser Künstler gründlich von den früheren Cornelianern: daß er das
Handwerk seiner Kunst besser als die meisten gelernt hat. Es fragt sich nun, hat er, der diese klassische Sprache
so wohlthuend edel spricht, auch etwas ihr entsprechend Hohes zu sagen? Leer und phrasenhaft, wie es sonst die
Nachahmer sind, wird diesen Maler aber niemand finden, es ist offenbar ein tief ernster, hoher und edler Geist,
der aus seiner Weltbetrachtung spricht. Viel zweifelhafter ist es, ob diese symbolisierende Weltbetrachtung
nicht durch ihre Schwerverständlichkeit allein schon des Zweckes verfehlt. Jmmerhin hat Raffael keinen besseren
Jnterpreten gefunden, und für einen großen monumentalen Bau wirkt besonders der große Fries, welcher um
den ganzen Tambonr der Kuppel herumläuft, überans angemessen und wohlthuend. Ja wer jemals die vier
Fakultäten des Vorbilds in den Stanzen des Vatikans bewundert hat, wird in den vier Figuren der Tugen-
den in den Zwickeln unterhalb desselben ihre Gegenbilder mit Vergnügen wiedererkennen, wie die vier apokalyp-
tischen Reiter des Cor-
nelius in dem bis jetzt
allein vollendeten Ge-
mälde des Kriegs in
den Lunetteu unter
diesen Zwickeln. So
lange ich bloß den
Karton dieses Bildes
in der Ausstellung sah,
war es mir wie viele
andere Allegorien un-
verständlich und schien
kaum die Mühe ver-
lohnend, diese Rätsel
aufzulösen. Jn der
Ruhmeshalle selber
aber hat Geselschaps
Malerei wenigstens
den großen Vorzug
voraus vor anderen
der Schule, daß sie
die Komposition deut-
licher und wohlthuen-
der, nicht nngenieß-
barer macht. — Ohne
irgend Kolorist zu sein,
beleidigt Geselschap
nie,maltvielmehr voll-
kommen ruhig, be-
scheiden und ange-
messen, ohne je die
Fläche anfzuhebenoder
die Gliederung der
Architektur zu unter-
brechen. Für solche
monumentale Auf-
gaben wüßte ich ihm keinen zweiten an die Seite zu setzen in Deutschland. Freilich ermangelt auch er jener bezaubern-
den Kühnheit, die z. B. in dem blauen Gewande der „Poesie" seines Vorbildes liegt und die der Nachahmer eben
niemals hat oder.Haben kann. Jm „Krieg" nun sieht man in der Mitte die Nemesis, begleitet von der Ge-
rechtigkeit und Rache auf einem von Fnrien gezogenen Wagen heranrasen, rechts von ihr den Krieg und die
Pest, links Tod und Hungersnot, ziemlich genau wie man sie aus des Cornelius apokalyptischen Reitern schon
kennt, die Menschheit niederreitend. Rechts im Vordergrunde setzt sich diese zur Wehre, ein titanenartiger Riese
schleudert einen Felsblock den auf ihn Eindringenden entgegen, während seine Begleiter schon unter den Hufen
ihrer Rosse niedergeworfen oder den Pseilen 'der „Pest" erlegen sind. Links hat eine vielköpfige Hydra die
Menschen umschlungen nnd zerbissen.
(Fortsetzung folgt.)
Aunst für Alle I 38

Vie Irbrnsmüdrn. 5kizze zu seinem Aussteüungsbilde von Lmil Neide
 
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