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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Pecht, Friedrich: Die Berliner Jubiläums-Ausstellung, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0435

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344 Die Berliner Iubiläums-Ausstellung. Von Fr. j)ecbt
schönstm Bilder gemalt. Alb. Hertel gibt eineRnhe auf der Flucht nach Ägypten mit poetischer Empfindung
wieder, die bei dem den Weg zeigenden Engel einen phantastischen Zug erhält, wie er zur ganzen wilden Land-
schaft paßt.
Damit wären wir bereits am Ende der „historischen" Landschasten, denen freilich eine so große Zahl
realistischer folgt, daß es fast unmöglich wäre, auch nur die besseren alle anzusühren und wir uns daher in
der Regel auf die beschränken müssen, deren Abbildung wir zu bringen gedenken. So Anckers „Fischcr bei
Skagen", wo das nordische Meer beim Sprühregen eines kalten Tages mit großer Originalität und Meistcrschaft
geschildert, das Ganze vortrefflich gestimmt ist. Einen Herbsttag gibt dann Frau Tina B l au mit jener liebens-
würdigen Naturempfindung und gemütvollen Beseelung des kleinsten, die ihr längst alle Herzen gewonnen
haben. Sie gehört zu den wenigen malenden Damen, die ein echtes Talent und wirkliche Originalität besitzen,
wie fie denn z. B. ihrem Namen schon durch die besondere Vorliebe Ehre macht, mit der sie das Blau des
Himmels darstellt und zu feinen koloristischen Gegensätzen verwertet.
Heinrich Petersens schöner Darstellung der tropischen Natur im Kamerunpanorama haben wir
schon gedacht, hier haben wir noch ein Lotsenboot zu erwähnen, das auf trefflich gemalter stürmischer See
einem Dampfschiff entgegenfährt, und das Hafenbild von Helfingör bringt dann bei beginnendem Sturm
sehr lebendig und wirksam Fritz Stoltenberg, wie Bodenstein ein Fleet in Hamburg und Rodeck dort
ein sehr feines Hafenbild. Das sieht man jedenfalls klar, daß die ganz auf die See gerichtete Ausmerksamkeit
der Nation sich in den vielen Marinen aller Art ausspricht, deren Zahl noch nie so groß nnd zugleich von so
guter Beschaffenheit war.
Es bleibt mir nun nur noch übrig, der Hochgebirgsbilder auch zu gedenken, die nicht an einen See
oder Fjord geknüpft sind. Da dürften wohl die Berliner, wie Kameke mit seinen grandiosen Bildern vom Trafoi-
Gletscher und Stilfser Joch, die das Gigantische wie den Ernst dieser Natur trefflich wiedergeben, und
Ludwig mit seinem hochpoetischen Gschnitzthal, dann Metzener in Düsseldorf mit das beste gebracht haben;
auch Graf Harrach in Berlin bringt eine sehr wirksame Szene dieser Art aus dem Hochgebirge und eine der
schönsten Wladimir Jettel aus Dresden in einem Wildbach von ungewöhnlicher Feinheit des Kolorits.
Die Wiener Landschafter bringen zwar wenig, aber nur gutes, so überaus grandios Hans Makart
eine „heroische Landschaft" in Dämmerung, dann sehr fein Eugen Jettel einen köstlichen Hintersee, eine
wahre Perle, und v. Lichtenfels einen nicht minder zart kolorierten Gebirgswafferfall und sein bekanntes
Küstenbild aus Jstrien. Köstlich ist auch Halauskas Mainlandschaft und Rob. Ruß' Blick auf Meran, das
ich indes, obwohl jedes Jahr dort monatelang verweilend, doch nicht erkannte und mich nnr an dem Zauber
des Abendlichts freute, den er über die unbekannte Stadt ausgegoffen, bis mich der Katalog belehrte.
Wunderbar geistvoll gab dann Altmeister Rndolf Alt Makarts Atelier und das Chorgestühl in
St. Stephan in Aquarell wieder.
Endlich habe ich noch der meisterhaften Stimmungsbilder zu gedenken, deren erstes Douzette von
Alt-Prerow, wohl einem märkischen Dorfe, gab, das schon im Dunkel begraben liegt, während der Abendschein
noch durch die Wolken bricht. Oder des Waldrandes von Buchholz in Weimar mit Blick auf den Kyff-
häuser, danu Canals trefflicher Rheinlandschaft, der Liesegang in Düsseldorf einenicht minder gute gesellte,
und Oeders Frühlingsbild, oder Blick von der holländischen Küste aufs ferne Meer, wie Karl Ludwigs
Heide mit Wald bei regnerischem Abendhimmel, den Stäb li unter mächtigen Bäumen am See durchschimmern
läßt. Damit beschließen wir denn die Übersicht über eine Produktion, die zu einer vollständig erschöpsenden
zu machen bei ihrer Reichhaltigkeit ganz unmöglich wäre.
Unter den nicht sehr zahlreichen Tierstücken nehmen dann Anton Braiths Rinder, die aus dem
Stalle kommen und nun ihre Freude durch lustige Sprüuge bezeugen, die erste Stelle ein, durch die Meister-
schaft ihrer Eharakteristik in Zeichnung und Farbe, wie großartiger Formauffassung. Letztere zeigen anch
Zügels „Ochsen am Pfluge", und Viktor Weishaupts „Viehtränke" erfreut durch das gesunde Natur-
leben des Ganzen, wie die gute Charakteristik der im Wasser stehenden Kühe, während Alex. Wagner einen
Pferdetrieb auf einer ungarischeu Pußta mit großer Lebendigkeit schildert. Brendel in Weimar und
Hofner in München geben Schafherden mit gewohnter Virtuosität, ersterer auch einen Pferdemarkt mit be-
souders gutem Humor. Ganz reizend sowohl durch die Erfassung der eigenartig humoristischen Natur dieser
Tiere als durch die überaus feine Färbung sind Jul ius Adams „Spielende Katzen", die ihn dem berühmten
Katzcnraffael Mind mehr als gewachsen zeigen in dieser Spezialität. Sein Bildchen ist eine wahre Perle.
Guido v. Maffei gibt die bei uns jagdbaren Tiere. Zum köstlichsten von Humor gehören indes Paul
Meyerheims Tierbilder, besonders sein erwachender und sich neben der noch schlafenden Gemahlin gähnend
streckender Löwe, wie auch der, welcher mit einem Hündchen spielt, wo uns denn der eine das eheliche und häusliche
Glück, der andere das Scherzbedürfnis jeder Kreatur auf das lustigste versinnlicht. Durch den schönen Ton
der an die Niederländer erinnernden Landschaft bestechen W. Freys Kühe im Wasser, wie nicht weniger
Frieses, eines Berliners, Kampf zwischen Auerochsen im Urwald, der dramatisch genug ausfällt, wie der
 
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