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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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1. Septemberheft
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Donath, Adolph: Die Eröffnung des Berliner Schloßmuseum
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Zülch, Walther Karl: Ein Autogramm Balthasar Neumanns des Erbauers der Würzburger Residenz
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Sorgenfrei, Paul: Kunstglas und Elfenbein auf der Leipziger Herbstmustermesse 1922
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0024

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6m Autogt’amm Baltbafat’ JSeumanns,

des Oebauet?s det? LDüeEbut’get? Refidens.

Das Würzburger Bischofschloß, eine der genialsten Schöp-
fungen deutscher Barockkunst und des deutschen Rokoko, ist zur
Zeit als Museum mit 5C Prunkräumen geöffnet. Der Ruhm des
Erbauers, Balthasar Neumann’s (geb. 1687 in Eger, gestorben
1753 in Würzburg) ist in jüngsten Tagen Gegenstand einer kunst-
wissenschaftlichen Kontroverse geworden: es steht zur Entschei-
dung, wie weit der Wiener Lucas von Hildebrandt, der Mainzer
Maximilian von Welsch und der Franzose Germain Boffrand an
der Bauidee teilhaben. Der Bau begann nach B. Neumanns Plan
1719 und war im Außenbau 1744 vollendet. 1712 hatte B. Neu-

Abb. 1: Die Kolonnaden der Peterskirche in Rom mit Handschrift
Balthasar Neumanns

mann eine Studienreise durch ltalien, Frankreich und die Nieder-
lande gemacht, von dieser Reise sich 347 Kupferstiche nach be-
rühmten italienischen Architekturen mitgebracht, die heute als
Sammelband im Besitz der Heidelberger Universität sich be-
finden. Aus diesem Bande bilden (Abb. 1) wir den wundervollen
Säulenhof der Peterskirche, einen Entwurf Lorenzo Berninis, ab,
auf dem handschriftlich eingetragen steht: Ex libris Balt.
Neumann. Das „von“ ist von einem späteren Besitzer, etwa dem
Sohne Ignaz von Neumann, eingeschoben worden. Diese „italie-

Abb. 2

Dekorations-

entwurf

Neumanns,

als

Makulatur

eingeklebt.

nische Studienmappe“ Balthasar Neumanns in der Heidelberger
Bibliothek, die von des Baumeisters intensiver Beschäftigung mit
den großen italienischen Architekten des 17. jahrhunderts Zeugnis
gibt, enthält in eingeklebter Makulatur eine Reihe von Hand-
zeichnungen (Abb. 2) und Baurissen. Vier Jahre nach Beginn

des Würzburger Baues, 1723 wurde B. Neumann zum Studium
nach Paris geschickt, um seine Baupläne dem Kardinal Rohan
und den berühmten Architekten de Cotte, Vater und Sohn, vor-
zulegen. Diese drei erklären einstimmig Neumann’s Ideen „als nach
italienischem Geschmack und Architektur gemacht, das viel auf
italienische Manier und etwas deutsch empfunden wäre“! AIso
die Franzosen selbst bezeichneten Neumann’s Stil 1723 für alles
andere, als französisch! Gewiß aber hat Neumann auf dieser
Reise die Keime des Rokoko empfangen, die er später genial in
der Dekoration einzuordnen wußte. ln glücklichster Verbindung
mit der Eröffnung des Residenzmuseums hat jetzt die Direktion
des Bayrischen Schloßmuseums eine Balthasar Neumann-Aus-
stellung veranstaltet, die eine Fülle von Dokumenten aus dem
Schaffen des großen Baukünstlers, Zeichnungen, Modelle und
Stiche, mitten in seiner gewaltigsten Schöpfung vor Augen führt.
Und es ist zu erwarten, daß im Anschluß daran der Zweifel end-
lich gelöst wird, ob der Schöpfer der Würzburger Residenz mit
Recht den stolzen Namen Balthasar Neumann’s trägt. (Vgl. Zeit-
schrift für Geschichte der Architektur 1921, August.)

W. K. Z ü 1 c h.

Kunstglas und 6lfcnbein.

Auf dev leipziQev Het’bstmustecmesse 1921.

Es ist zu bedauern, daß die Kunstglasindustrie auf den
Leipziger Mustermessen sich noch nicht zusammenfassend orga-
nisiert hat, so daß es jetzt, als nicht nur in verschiedenen Mess-
häusern, sondern auch in Geschätten verstreut ihre Ausstellungen
stattfinden, außerordentlich erschwert ist, einen Überblick über
ihre Leistungen zu gewinnen. Doch ist ihre Beteiligung an den
Messen eine immer größere geworden, so daß wohl auch hier
die leidige Raumfrage ein Hindernis zur Verwirklichung einer
Konzentration bildet. Sind es doch ca. 100 Firmen, die zur letzten
Herbstmustermesse in Leipzig (28. August bis 3. September) ver-
treten waren mit Kunstgläsern aller Art.

Man muß der Kunstglasindustrie, vor allem der böhmischen,
das Zeugnis ausstellen, daß sie dern Qualitätsgedanken immer mehr
zum Durchbruch verhilft, somit die Bestrebungen der Leipziger
Mustermesse lebhaft unterstützt, nur Qualitäisarbeit auszustellen.
Eine einigermaßen geschlossene Ausstellung in Kunstglas bot das
Tschechoslowakische Messhaus, wo ca. 30 solche Firmen aus-
gestellt hatten, während aber auch noch anderweitige Firmen aus
der Tschechoslowakei zu finden waren. Das böhmische
Kunstglas war es wieder, das quantitativ und qualitativ die
Spitze hielt. Ein Teil der nordböhmischen Glasindustrie hat bei
der Herstellung von Glasnippes u. a. eine neue Dekorart an-
gewendet, indem z. B. die für Zierblumen erzeugten kleinen
Blumentöpfchen mit Schmelzemailfarben ausgestattet und durch
Anbringen von Schlifflinien gewissermaßen Überfangeffekte vor-
getäuscht werden. Durch Kombination verschiedener Schmelz-
farben werden Mosaikdekore erzielt, die als neu angesprochen
sind. Auch bei modernen Beleuchtungsartikeln, die gleichfalls in
gewissem Sinne als Kunstglas aufzufassen sind, hat diese neue
Methode Verwendung gefunden. In Beleuchtungsartikeln leisten
deutsche Firmen Hervorragendes, vor allem auch in der Unter-
glasmalerei, wovon man prächtige Ampeln, Hängelampen und
Tischlampen sah. Die Unterglasmalerei, die sich erst vornehmlich
auf Vasen beschränkte, wovon auf der Messe entzückende Rosen-
dekore ausgestellt waren, entwickelt sich immer mehr zu einem
durch verfeinerte Arbeit ausgezeichneten kunstgewerblichen Artikel,
nachdem sich die K u n s t in ihren Dienst gestellt hat und Ent-
würfe hervorbringt, die an Vielgestaltigkeit und Farbenreichtum
nichts zu wünschen übrig lassen.

Glas, auch das Luxusglas, verliert niemals seinen praktisch-
zweckvollen Charakter und fordert nur infolge seiner hervor-
ragenden und verschiedenartigen Bearbeitungsmöglichkeiten zu
einer dekorativen Behandlung auf, die in den mannigfachen, jelzt
noch ausgebildeten Techniken ihren Ausdruck findet. Darum ist
es auch unangebracht, auf diese Art Gläser eine „Luxussteuer“
zu legen, die imstande ist, die Qualitälsarbeit zu schädigen. Denn

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