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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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2. Septemberheft
DOI Artikel:
Widmer, Johannes: Die Hodlerausstellung in Bern
DOI Artikel:
Martin, Wilhelm: Rembrandt-Rätsel, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0044

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als das Land ersah, auf das er halten müsse. Da ge-
wann und betrat er den Boden einer monumental-
gegenwartsfrischen, einer modernen real-idealen Dar-
stellung. In diesem Sinne ist die Hodlerschau in Bern

gerade heute dank ihrer Heroik im Friedenswerke nicht
nur von nationaler, sondern von europäischer, und nicht
nur von ästhetischer, sondern von pankultureller Bedeutung,
ein Jungbrunnen aller der Erneuerung harrenden Geister.

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ii.*)

Jie „Frau mit der Bibel“ der Sammlung Frick (früher
Porg£s) ist noch in Emile Michel’s Rembrandt-
buch (1893), sowie auch in dem Prachtwerk über
die Amsterdamer Rembrandt - Ausstellung (1898) ab-
gebildet. Jetzt glaubt von denselben Autoritäten, welche
das Bild damals für echt hielten, keiner mehr an die
Autorschaft Rembrandts. Auch Valentiner (S. 125, Be-
merkung zu Band I S. 331) verwirft sie.* 5) Auch geht
eine Verschärfung des kritischen Blickes daraus hervor,
daß man nicht nur jetzt verschiedene früher allgemein
als echt anerkannte Bilder verwirft, weil davon seither
bessere Exemplare zu Tage getreten sind,6) sondern daß
auch nach Bildern gesucht wird, von denen man nur
Exemplare kennt, die nicht gut genug sind. So erwähnte
schon Hofstede de Groot im Rembrandt-Band seines
kritischen Verzeichnisses (S. 468) verschiedene Exemplare
eines verschollenen Originals, welches dann erst im
Jahre 1920 von Bredius gefunden ist (Abb. 2).7)

Dies alles weist auf Fortschritt hin, aber doch ist
das Resultat noch nicht befriedigend. Es sind zuviele
Bilder dabei, welche zeichnerisch und im Aufbau zu
schwach, oder geistig zu matt sind.

Es lohnt sich daher, immer von Neuem kategorisch
die Beschaffenheit unserer derzeitigen Rembrandtkennt-
nisse festzustellen, die sich wie folgt ergibt:

A. Erstens liegen die historisch als echt belegten
Bilder vor, welche den Ausgangspunkt unserer Kenntnis
bilden. Daß Rembrandt sich beim Schaffen derselben —
außer in rein mechanischen Dingen — von Schülern hat

*) Siehe „Der Kunstwanderer“ 1. Septemberheft.

5) Er sagt: „wahrscheinlich N. Maes, nach Bredius van der
Pluym.“ Vor kurzem hatte ich Gelegenheit, das Bild in der Samm-
lung Frick wiederzusehen und mit dem bezeichneten van der
Pluym in der Sammlung Stillwell in Neuyork zu vergleichen. Es
unterliegt m. E. keinem Zweifel, daß Bredius’ Zuschreibung der
„Frau rnit der Bibel“ an van der Pluym die einzig richtige ist.

6) Valentiner (S. VI) erwähnt sechs solche Fälle. Davon
bilden wir die beiden Exemplare des Frauenbildnisses ab (Abb. 3
und 4), von denen das eine, ohne Buch, 1909 noch als echt galt,
während jetzt das bessere mit dem Buch für echt gehalten wird.

■) Da die Druckproben für das erste Stück dieses Aufsatzes
auf der Post verloren gingen, ist ein Fehler stehen geblieben in
der Beischrift der Abbildung. Dieser Rembrandt ist nämlich 1645
datiert und befindet sich nicht bei Dr. Bredius, sondern in der

Sammlung Demandolx Dedons in Marseille.

helfen lassen, etwa wie Rubens, glaube ich deshalb nicht,
weil es sich an diesen Bildern nirgends feststellen läßt
und keinerlei Tradition davon spricht.

B. Zweitens gibt es die durch echte Bezeichnung
belegten Bilder. In diese Rubrik schleichen sich leicht
diejenigen falsch bezeichneten Bilder ein, welche vor
etwa hundert oder mehr Jahren von anderer Hand mit
Rembrandts Namen signiert worden sind. Deren Be-
zeichnung nimmt das Putzmittel nicht so leicht mit fort
und daher hält manch einer dieselben bona fide für echt.
Nochmals sei hier an das erinnert, was bei Moes van
Biema, de Nationale Konstgalery, S. 185, über Signatur-
fälschungen im Jahre 1797 publiziert wurde.8)

Aber sogar unter den echt bezeichneten Rembrandts
dürften sich nicht eigenhändige Bilder befinden. Es gibt
Gemälde, wie z. B. die Flora der Sammlung Meyer von
Stadelhofen (Val. I S. 138), welche sich trotz echter Be-
zeichnung nicht in sein Oeuvre einreihen lassen. Von
der ganzen Gruppe von „Kindern mit Kalbsaugen“ (sit
venia verbo!), voran das Bild der Wallace-Collection
(Val. I S. 139), ist vielleicht nur eines ganz von Rem-
brandt und sind die übrigen höchstens mehr oder weniger
von ihm übergangen. Dem Jouderville stehen sie am
nächsten.

Auch das jetzt von Valentiner wegen der echten
alten Bezeichnung dem Rembrandt gegebene Bild eines
bärtigen Mannes (S. 36 des neuen Bandes) kann nicht
von ihm selber herrühren, weil es die für Rembrandt
charakteristische Pinselführung nicht aufweist und weil
es eine wenig lebendige, nur mit mittelmäßiger Begabung,
wenn auch mit Fleiß und Hingebung gemalte Studie ist.

Ich zweifle nicht daran, daß Rembrandt gelegentlich
solche Studien — und auch Bilder — seiner Schüler
signiert hat. Wir wissen ja schon jetzt — Hofstede de
Groot hat es zuletzt im Bredius-Album S. 87 gesagt -
daß Rembrandt die von ihm übermalte Schüler-Kopie der
Grablegung (Dresdner Galerie) einfach selbst bezeichnet
hat. Auch daß Rembrandt Schülerarbeiten verhandelte,

8) „Ich werde — schreibt ein Restaurator einem Sammler —
besser den Namen in Holland auf das Bild setzen, denn hier [in
Brüssel] habe ich keinen [d. h. keine Signatur als Beispiel] zur
Hand.“

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