Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 3./4.1921/22
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0051
DOI issue:
2. Septemberheft
DOI article:Collin, Ernst: Deutsche Einbandkunst: die Ausstellung des Jakob Krauße-Bundes
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0051
unserer Bücherfreunde, die das meiste Geld für Biicher
und ihre Einbände ausgeben, wodurch selbstverständlich
die Versuchung für den Buchbinder, den skurrilen biblio-
philen Wiinschen nachzugeben, sehr groß ist. Es ist
schade, wenn z. B. ein Meister wie Paul Kersten tagelang
sitzen muß, um ein Holzschnitt in Leder millimetergenau
nachzubilden, anstatt diese Zeit ftir seine schönen Arbeiten
nach eigenen Entwürfen auszunutzen.
Auch die Wirkung der verstorbenen- Mitgliedern des
Bundes geltenden Gedächtnisschau, in der wir u. a. die
Namen Georg Collin Berlin und Eduard Ludwig
Frankfurt a. M. finden, wird durch solche bibliophilen
Prachteinbände stark beeinträchtigt. Von Georg Collin
wird das im Jahre 1873 entstandene Meistersttick, das
sich im Schloßmuseum befindet, gezeigt. Eine Arbeit,
ganz im klassisch sein wollenden Stil der Gründerjahre,
aber von einer technischen Vollendung und einer ge-
schlossenen Durchfiihrung der dekorativen Idee, die
erstaunlich bleibt.
Wie trefflich Kersten es versteht, mit der Einband-
verzierung zu symbolisieren, und wie er auch trotz des
Gegenständlichen das aus der Technlk herausgefiihlte
Dekorative gibt, erkennen wir aus dem weißen Schweins-
ledereinband zu E. T. A. Hoffmanns ,,Goldenem Topf“
(Abbildung 1). Das Mittelsttick des Vorderdeckels besteht
aus bunter Lederauflage; die Arbeit ist mühevoll, die
einzelnen Lederteilchen sind mit dem Schnitzmesser aus
papierdiinnen Lederstücken geschnitten und auf das
Grundleder des Deckels gesetzt. Bei dem in diesem
Jahre entstandenen Kerstenband ist der Einfluß des Ex-
pressionismus unverkennbar. Es ist Kersten ausgezeichnet
gelungen, die Vielheit der Teile zu einer geschlossenen
Wirkung zu bringen, nicht allein deshalb, weil sie vom
Oval umrahmt werden, sondern weil sie sich gewisser-
maßen ineinanderschachteln.
Als Musterbeispiel symbolischer Linienwirkung darf
der schwarze Kalblederband zu Hölderlins ,,Hymnen“
von Otto Dorfner Weimar, gelten (Abbildung 2). Die
Verzierung des Einbandes ist Handvergoldung und setzt
sich aus geraden und gebogenen Linien zusammen. Ich
habe das Gefühl, als ob das Linienspiel aufjubelnd zum
Himmel steigt.
Hugo Wagner, Breslau, deutet in dem blauen
Saffianband zu von Strom, „Affenheim“ (Abbildung 3)
durch die bunte Lederauflage, die mit Goldstempeln ver-
mischt und belegt ist, das exotische Leben an, auf das
uns der Titel weist. Die Farben sind sehr gut zusammen
abgestimmt und zurückhaltend in der Wirkung.
Nicht als Beispiel der Beziehung zwischen Buch-
inhalt und Einband sei der braune Saffianband zu Omars
„Sinnspriichen“ (Abbildung 4) abgebildet, der aus der
von weiblicher Hand geleiteten Hamburger Werk-
statt flir Bucheinband hervorgegangen ist. Dieser
Einband ist vielmehr ein sehr schöner Beweis für Viele,
wie es die Buchbinder von heute verstehen, aus Ornament-
elementen, wie sie in ihrem Stempelvorrat reichlich vor-
handen sind, eine reiche Verzierung zu gestalten.
Der Möglichkeiten, mit einfachen Mitteln den Buch-
einband zu verzieren, gibt es noch zahlreiche, und sie
sind, wie die Ausstellung des Krauße-Bundes zeigt, aus-
giebig und individuell ausgenutzt worden. Unsere Aus-
führungen und die wenigen Abbildungen wollen nichts
weiter als die Lust erwecken, sich jene wirklich schöne
Aussteliung anzusehen.
*
Abb. 1. Einband zu „E. T. A. Hoffmann, Der goldene Topf“.
Weißes Schweinsleder mit Lederauflage. Entwurf und Ausführung:
Paul Kersten, Berlin-Schöneberg.
Abb 2. Einband zu „Hölderlin, Hymnen“. Schwarzes Kalb-
leder mit Handvergoldung. Entwurf und Ausführung: Otto
Dorfner, Weimar.
Abb. 3. Einband zu „von Strom, Affenheim“. Hellblaues
Saffian mit Handvergoldung, Blinddruck und Lederauflage. Ent-
wurf und Auslührung: Hugo Wagner, Breslau.
Abb. 4. Einband zu „Die Sinnsprüche Omars“. Braunes
Saffian mit Handvergoldung. Entwurf und Ausführung: Hamburger
Werkstatt für Bucheinband, Hamburg.
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und ihre Einbände ausgeben, wodurch selbstverständlich
die Versuchung für den Buchbinder, den skurrilen biblio-
philen Wiinschen nachzugeben, sehr groß ist. Es ist
schade, wenn z. B. ein Meister wie Paul Kersten tagelang
sitzen muß, um ein Holzschnitt in Leder millimetergenau
nachzubilden, anstatt diese Zeit ftir seine schönen Arbeiten
nach eigenen Entwürfen auszunutzen.
Auch die Wirkung der verstorbenen- Mitgliedern des
Bundes geltenden Gedächtnisschau, in der wir u. a. die
Namen Georg Collin Berlin und Eduard Ludwig
Frankfurt a. M. finden, wird durch solche bibliophilen
Prachteinbände stark beeinträchtigt. Von Georg Collin
wird das im Jahre 1873 entstandene Meistersttick, das
sich im Schloßmuseum befindet, gezeigt. Eine Arbeit,
ganz im klassisch sein wollenden Stil der Gründerjahre,
aber von einer technischen Vollendung und einer ge-
schlossenen Durchfiihrung der dekorativen Idee, die
erstaunlich bleibt.
Wie trefflich Kersten es versteht, mit der Einband-
verzierung zu symbolisieren, und wie er auch trotz des
Gegenständlichen das aus der Technlk herausgefiihlte
Dekorative gibt, erkennen wir aus dem weißen Schweins-
ledereinband zu E. T. A. Hoffmanns ,,Goldenem Topf“
(Abbildung 1). Das Mittelsttick des Vorderdeckels besteht
aus bunter Lederauflage; die Arbeit ist mühevoll, die
einzelnen Lederteilchen sind mit dem Schnitzmesser aus
papierdiinnen Lederstücken geschnitten und auf das
Grundleder des Deckels gesetzt. Bei dem in diesem
Jahre entstandenen Kerstenband ist der Einfluß des Ex-
pressionismus unverkennbar. Es ist Kersten ausgezeichnet
gelungen, die Vielheit der Teile zu einer geschlossenen
Wirkung zu bringen, nicht allein deshalb, weil sie vom
Oval umrahmt werden, sondern weil sie sich gewisser-
maßen ineinanderschachteln.
Als Musterbeispiel symbolischer Linienwirkung darf
der schwarze Kalblederband zu Hölderlins ,,Hymnen“
von Otto Dorfner Weimar, gelten (Abbildung 2). Die
Verzierung des Einbandes ist Handvergoldung und setzt
sich aus geraden und gebogenen Linien zusammen. Ich
habe das Gefühl, als ob das Linienspiel aufjubelnd zum
Himmel steigt.
Hugo Wagner, Breslau, deutet in dem blauen
Saffianband zu von Strom, „Affenheim“ (Abbildung 3)
durch die bunte Lederauflage, die mit Goldstempeln ver-
mischt und belegt ist, das exotische Leben an, auf das
uns der Titel weist. Die Farben sind sehr gut zusammen
abgestimmt und zurückhaltend in der Wirkung.
Nicht als Beispiel der Beziehung zwischen Buch-
inhalt und Einband sei der braune Saffianband zu Omars
„Sinnspriichen“ (Abbildung 4) abgebildet, der aus der
von weiblicher Hand geleiteten Hamburger Werk-
statt flir Bucheinband hervorgegangen ist. Dieser
Einband ist vielmehr ein sehr schöner Beweis für Viele,
wie es die Buchbinder von heute verstehen, aus Ornament-
elementen, wie sie in ihrem Stempelvorrat reichlich vor-
handen sind, eine reiche Verzierung zu gestalten.
Der Möglichkeiten, mit einfachen Mitteln den Buch-
einband zu verzieren, gibt es noch zahlreiche, und sie
sind, wie die Ausstellung des Krauße-Bundes zeigt, aus-
giebig und individuell ausgenutzt worden. Unsere Aus-
führungen und die wenigen Abbildungen wollen nichts
weiter als die Lust erwecken, sich jene wirklich schöne
Aussteliung anzusehen.
*
Abb. 1. Einband zu „E. T. A. Hoffmann, Der goldene Topf“.
Weißes Schweinsleder mit Lederauflage. Entwurf und Ausführung:
Paul Kersten, Berlin-Schöneberg.
Abb 2. Einband zu „Hölderlin, Hymnen“. Schwarzes Kalb-
leder mit Handvergoldung. Entwurf und Ausführung: Otto
Dorfner, Weimar.
Abb. 3. Einband zu „von Strom, Affenheim“. Hellblaues
Saffian mit Handvergoldung, Blinddruck und Lederauflage. Ent-
wurf und Auslührung: Hugo Wagner, Breslau.
Abb. 4. Einband zu „Die Sinnsprüche Omars“. Braunes
Saffian mit Handvergoldung. Entwurf und Ausführung: Hamburger
Werkstatt für Bucheinband, Hamburg.
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