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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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1. Oktoberheft
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Aus der Museums- und Sammlerwelt / Kunstausstellungen / Vom holländischen Kunstmarkt / Schweizerische Kunstchronik / Londoner Kunstschau / Ein neuer Theaterbau in Berlin / Das Kunstwerk eines kriegsbinden Bildhauers / Neue Kunstbücher / Kunstkataloge / Bode über die Auktion seiner Bibliothek / Eine Holzschnitzerei vom Berge Athos / Werbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0078

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Aus dev jvtufeumsz und Sammlet’tDelt*

JHeues uon de v BadKeben Kun(tbade In Kat?(st?ube.

Man schreibt uns aus Karlsruhe: Eine Kunst, die weiten
Kreisen des Volkes nur durch Museen bekannt gemacht werden
kann, wird niemals Gemeingut eines Volkes zu nennen sein.
Fragen wir jedoch, wie steht es mit der deutschen Plastik des
Mittelalters? Kennt das Volk seine Schätze? So scheint mir der
Fall gegeben, in dem es Aufgabe des Museums ist, dazu bei-
zutragen, daß das Volk seinen wertvollsten Kunstbesitz soweit
als möglich kennen lerne. Und dies ist bis zu einem hohen Grade
möglich, wie die Ausstellung beweist, die der Direktor der Ba-
dischen Kunsthalle in Karlsruhe, Dr. W. F. Storck»
Ende September unter dem Titel „Die deutsche Plastik des
Mittelalters“ eröffnet hat. Die drei Teile der Sammlung, die
zum Teil neugeschaffener Besitz der Badischen Kunsthalle ge-
worden ist, erstrecken sich auf die Plastik des Freiburger Münsters,
auf die mittelalterliche Plastik am Oberrhein und auf die Meister
der Spätgotik. Originale müssen im ersten Teil begreifIicher-
weise fehlen. Im zweiten sind sie durch eine Anzahl charak-
teristischer Werke vertreten. In allen drei Teilen nehmen künst-
lerische Photographien, die das Original entweder ersetzen oder
in ihrer Zugehörigkeit zum vorhandenen naturgetreuen Gipsabguß
die Möglichkeit bieten, den Standort des Werkes am Bau kennen
zu lernen. Das Prunkstück der Freiburger Abteilung bildet ein
Abguß des heiligen Grabes (um 1340), der dieses wichtige Denk-
mal der gotischen Plastik in seiner ursprünglichen Form zeigt.
In der Plastik vom Oberrhein, die Schöpfungen des 14., 15. und
auch noch des 16. Jahrhunderts umfaßt, hat ein Wechsel des
Materials stattgefunden. Statt Stein verwendet der Künstler Holz.
Die Photographien vermilteln hier nicht nur schärfere, sondern
in den meisten Fällen auch originalgetreuere und deshalb schönere
Eindrücke, denn durch spätere oft barbarische Übermalung, die
man schon Lackieren nennen darf, wurde der Ausdruck dieser
Bildwerke nur zu häufig schwer beeinträchtigt. Die elsäßische
Plastik Nikolaus Gerhard von Leydens, der Gipfelpunkt der
spätgotischen Plastik, der Breisacher Hochaltar, werden hier den
Beschauer vor allem entzücken. Eines der unerhörtesten Werke
dieser Zeit, der riesige Christus von Pfullendorf, in der Vorhalle
der Kunsthalle aufgestellt, stammt aus dem Freiburger Diözesan-
Museum, das auch andere Originale zur Verfügung gestellt hat.
Zur Ausgestaltung des dritten Teiles standen Dr. Storck die von
Prof. v. Grolmann mit Unterstützung der Wiesbadener Gesellschaft
für bildende Kunst geschaffenen Sammlungen zur Verfügung,
ausschließlich photographische Reproduktionen, jedoch von
erstaunlicher Vollendung der Technik. Mit dem Namen Veit
Stoß, Adam Kraft, Hans Backoffen, Hans Seyfer, Tilmann Riemen-
schneider und Peter Vischer ist der Inhalt dieses Teils der Aus-
stellung klar genug gekennzeichnet.

Mit der vorbildlichen Anordnung dieser Ausstellung sind
Dr. Storcks jüngste Arbeiten in der Kunsthalle aber keineswegs
erschöpft. War die Neuordnung der Galeriebestände im Frühjahr
bis zum Holländersaal fortgeschritten, worüber ich im 1./2. Juni-
heft des „Kunstwanderers“ berichtete, so zeigen die soeben
fertiggestellten Kabinette und Säle zunächst die Entwicklung der
deutschen Malerei im 17. und 18. Jahrhundert, Landschafter und
Genremaler. Für Karlsruhe haben sich sodann aus den Werken
Schwinds, Schirmers und vor allem Feuerbachs Sammelplätze von
besonderem kunstgeschichtlichen Wcrt ergeben. M.

*

Professor Dr. Richard Graul, der Direktor des Kunst-
gewerbe-Museums in Leipzig, beging in diesen Tagen die Feier
seiner 25jährigen Zugehörigkeit zu seinem Leipziger Kunstinstitut.
Die Kunstwissenschaft verdankt dem jetzt59jährigenausgezeichneten
Gelehrten und vortrefflichen Organisafor eine Reihe von wichtigen
Arbeiten zur Entwicklungsgeschichte des alten Kunstgewerbes.
Graul ist im übrigen auch ein hochgeschätzter Kenner der Rem-
brandt’schen Graphik, über die er äußerst wertvolle Studien
publiziert hat.

Der Ägyptologe, Professor Dr. Georg M o e I 1 e r, einer von
den begabtesten und fleißigsten jüngeren Berliner Forschern, ist
während einer Reise plötzlich in Upsala gestorben. Moeller, der
ord. Honorarprofessor für Ägyptologie an der Universität Berlin
und Kustos der ägyptischen Abteilung an den Preußischen Staats-
museen war, hat bloß ein Alter von 45 Jahren erreicht. Er
stammte aus Caräcas (Südamerika), war Schüler von Sethe und
Ermann und betätigte sich längere Zeit auch an den Ausgrabungen
der Deutschen Orienfgesellschaft in Ägypten. Seine erste
Publikation (1910) war den „Ägyptischen Goldschmiedearbeiten“
gewidmet. 1915 schrieb er über die Mumienbilder an den Berliner
Museen, 1919 über das Mumienportiät. Die Ägyptologie verliert
mit ihm eine ihrer stärksten Stützen.

*

Auf dem Weißen Hirsch bei Dresden ist nach Iangem
Krankenlager Georg Treu, der langjährige hochverdiente Leiter
der Skulpturensammlung in Dresden und Professor der Kunst-
geschichte an der Technischen Hochschule in Dresden im Alter
von 80 Jahren gestorben. Über die Bedeutung Geheimrats Treu,
der 1871—81 die Ausgrabungen in Olympia durchführte, wird
noch zu sprechen sein.

*

In P a r i s ist Jules P o r g e s , der Besitzer der berühmten
Niederländer-Sammlung, im 82. LebPnsjahre verschieden.

*

Am 7. Oktober wurde Georg H e r m a n n , der beliebte
Romanschriftsteller, der auch als Kunstschriftsteller geschätzt ist,
50 Jahre alt. Hermann hat namentlich über Japan-Kunst und das
deutsche Biedermeier Publikationen erscheinen Iassen, die sein
besonderes Verständnis für diese Materien zeigen. Georg Her-
mann ist auch passiorierter Japan- und Biedermeier-Sammler.

*

Die das gesamte Gebiet des Kunstgewerbes und der Künste
J a p a n s umfassende B i b 1 i o t h e k des verstorbenen ehemaligen
japanischen Generalkonsuls in Berlin, Gustav Jacoby, über
dessen Verdienste um die Kenntnis der Schwerfzieraten und
Waffen Alt-Japans im „Kunstwanderer“ berichtet wurde, ist in
den Besitz des Antiquariats Paul Graupe in Berlin über-
gegangen. Eine Bibliothek dieser Art ist seit vielen Jahren nicht
im Handel gewesen.

*

„Die antiken Münzen und die Medaillen der
Kunsthalle zu Hamburg“ heißt ein Führer, den Hans
Börger über die reichhaltige Schausammlung des von Pauli
geleiteten Hamburger Kunstinstituts verfaßt hat. Vorläufig liegt
der erste Teil der Bearbeitung vor. Sie ist vortrefflich gegliedert.
Die erfreulich knapp geführte Einleitung Börgers verrät seinen
sicheren Blick für die Münzkunst und die Beschreibungen, die
den einzelnen Abteilungen vorangesetzt sind, zeichnen sicli
durch ernste Sachlichkeit aus. Die Publikation, der auch zehn
Tafeln beigefügt sind, wird unsere numismatischen Kreise
zweifellos interessieren.

Unter dem Titel „Meisterwerke unserer Kunsthalle“ erschien
im Hanseatischen Kunstverlag, Hamburg, eine Schrift von Pro-
fessor Dr. Gustav Bromig über die Hamburger Kunst-
h a I 1 e. Das mit sechs Abbildungen geschmückte, dem Andenken
Lichtwarks gewidmete Büchlein stellt einen populären Führer durch
die Säle der von Gustav P a u I i künstlerisch-klug geleiteten
Hamburger Kunsthalle dar.

*

In Verbindung mit der Arbeitsgemeinschaft des Deutschen
Werkbundes für den Mittelrhein veranstaltet soeben das K u n s t -
gewerbe-Museum in Frankfurta. M. eine Ausstellung
neuzeitiger hessischer Keramik. Die über ganz
Hessen nördlich und südlich des Mains verbreitete, in alten
Traditionen arbeitende Bauerntöpferei wird in reicher Aus-
wahl gezeigt, ferner die im sogenannten Kannebäckerländchen.
im Westerwald, seitjahrhundertenheimische Stei nzeugware,
sowie die neuen Arbeiten der Wächtersbacher Steingut-
fabrik in Schlierbach bei Wächtersbach. Die Ausstellung
dauert bis Ende Oktober.

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