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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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1. Novemberheft
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Gronau, Georg: Das Bildnis des Lorenzo Cybò von Parmigianino
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0126

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den Unterhändler Morell, dem auch Landgraf WilhelmVIII.
von Hessen und damit die Casseler Galerie manches
wertvolle Stück zu verdanken hat); die meisten Italiener
der Kopenhagener Galerie haben die gleiche Provenienz.
Bei der hohen Stellung des Vorbesitzers, der Staats-
sekretär Papst Benedikts XIV. war, liegt der Gedanke
nahe, daß er das Bild direkt in Rom, etwa von Nach-
kommen der Familie des Dargestellten, erworben haben
wird.

Damit ist dann der Verbleib eines hervorragenden
Werkes aus Parmigianinos Anfängen festgestellt. Es
muß zu den frühesten Bildern gehören, die er in Rom
geschaffen hat; das Datum lehrt uns, daß wir hier das
Werk eines erst Zwanzigjährigen vor uns haben. Nichts
könnte die erstaunliche
Begabung dieses Malers
glänzender dartun, als eine
solche Meisterleistung.

In früherer Zeit wurde
das Porträt Lorenzo Cybö’s
in einem bedeutenden Bild-
nis eines hoch aufgerich-
teten, ernst blickenden
Mannes gesucht, das, seit
dem 17. Jahrhundert im
Besitz der spanischen Krone
befindlich, unter den stolzen
Kunstwerken des Prado
sich mit Ehren behauptet.

Dazu gehört, ihm durch
die Provenienz offenbar
eng verknüpft, das Bild einer
vornehmen Frau, von drei
Kindern umgeben,1) in der
Madrazo, der Verfasser des
ausgezeichneten „Catalogo
descriptivo“ der Prado-
Galerie (Madrid 1872) dem-
zufolge Riccarda Malas-
pina erblicken wollte. In
einem Inventar von 1686
der Bilder im Alcazar zu
Madrid hatte er freilich die
Angabe gefunden, die
Bilder stellten einen Conde de San Sigundo und
dessen Gattin dar; da er aber über diese Persön-
lichkeiten keine Kunde hatte, glaubte er sich darüber
hinwegsetzen und Vasari’s Beschreibung auf das Männer-
bildnis beziehen zu dürfen. Wogegen zunächst zu be-
merken wäre, daß das Madrider Bild in keiner Form
den militärischen Rang, den der Marchese Cybö bekleidet,
zu erkennen gibt; Verstöße solcher Art wird man aber
bei einem Porträt dieser Epoche nicht finden.
Auch hätte Vasari gewiß nicht das weibliche Gegenstück
mit Stillschweigen übergangen, wenn ein solches exi-
stiert hätte.

Schon vor langen Jahren hat Corrado Ricci in einer

:) Abb, in dem angefühiten Werk von Frau Dr. Fröhlich-
Bum T. VII, das Gegenstück S. 36.

Abhandlung über einige Bilder Parmigianinos, die früher
in Parma sich befunden haben 2), die Frage richtig ge-
stellt, wer die in diesen Bildnissen Dargestellten sind.
Es ist Pier Maria Rossi, Graf von San Secondo, wie
sich aus einer Medaille sowie einer Erwähnung eines
Autors, der bereits 1583 von dem Bildnis von Parmigianino
spricht, ergibt; dessen Gattin war Camilla Gonzaga und
von den dargestellten Kindern werden zwei Troilo, der
Erstgeborene von fünf Söhnen des Paares, und der
spätere Kardinal Jppolito sein; der dritte vermutlich
Sigismondo. Aus dem Alter der Kinder läßt sich folgern,
daß die Bildnisse des gräflichen Paares nicht vor 1532,
wohl während eines Aufenthaltes des Malers am Wohn-
sitz der Dargestellten, entstanden sind, womit alle die

stilkritischen Erörterungen,
die in der neuesten Biogra-
phie des Malers zu lesen
sind (S. 31 und 34) hinfällig
werden. In des Meisters
römische Zeit gehören sie
keinesfalls.

Eine weitere Stütze, daß
Ricci die richtigen Namen
gefunden hat, vermag ich
zu geben und zugleich die
Geschichte der Bilder über
die Zeit ihrer Erwerbung
für die spanischen Samm-
lungen hinaus zu verfolgen.
In dem Buch von Campori
„Raccolta di cataloghi ed
inventarii inediti“ (Modena
1870) findet man u. a. eine
Serie von neun Katalogen
unter der Sammelangabe
„vendibili in ignote localitä
d’Italia“ abgedruckt. An
sechster Stelle ein Katalog,
in dem mit großen Namen
nicht gespart ist; das will
an sich für den, der Kata-
loge aus Vergangenheit und
Gegenwart kritisch durch-
zusehen gewohnt ist, nicht
viel besagen. Sieht man aber genauer zu, so er-
kennt man mit Interesse eine Reihe der darin auf-
geführten Bilder in berühmten Stücken der Galerie
des Prado wieder; ich erwähne Lottos schönes Doppel-
bildnis eines jungen Paares mit Amor (Nr. 332), den
trefflichen Catena (Nr. 108), einen Bassano (Nr. 30), die
alte Kopie nach Leonardos Sankt Anna-Bild (Nr. 399).
Hier finden sich nun auch die beiden Bildnisse be-
schrieben: „Ritratto d’uno de’conti di S. Secondo, del
Parmigianino. Ritratto della Contessa di San Secondo
contre suoi figliuoli dal naturale, di mano d’Antonio
da Correggio.“ Daß das zweite Bild einem Größeren
zugeschrieben ist, braucht nicht abzuschrecken; die

2) Parma 1896, Auszug aus dem Archivio storico per le
provincie Parmensi Bd. IV. 1895.

Parmigianino, Das Bildnis des Lorenzo Cybö

Kopenhagen, Museum

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