Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 3./4.1921/22
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0350
DOI Heft:
1. Märzheft
DOI Artikel:Berling, Karl: Der zinnerne Apostelkrug im Kunstgewerbemuseum zu Dresden
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0350
Dic in ilirer Wirkung von der Verzierung nirgends
beeinträchtigte Forni des Kruges (Fig. 1) ist von beson-
derer Kraft. Sie zeigt einen auf hohem, profilierten
Standring gestellten breiten, nach oben leicht eingezogenen
Zylinder und einen Deckel, dessen äußere Hälfte hori-
zontal gestellt, dessen Mitte kuppelartig aufgetrieben ist
und mit hohem, kegelartigen Knopf schließt. Der kräftige
und weitausladende Henkel ist zweckentsprechend gebogen,
der Scharnierdrücker zweiseitig als geflügelte Halbfigur
ausgebildet. Der Zylinder mit seinem Boden ist über
einen Hoizkern gegossen und innen wie außen konisch
abgedreht. Der diesem
angesetzte Standring
dürfte aus einer Stirn-
form gegossen sein.
Die gute Wirkung
der einfachen und
durchaus materialge-
rechten Form wird
durch eine weitgehend
angewandte Gravie-
rung noch gehoben.
Am untern Teil der
Wandung und auf dem
flachen Teil des
Deckels ist je ein Fries
von leichtem Ranken-
werk, dessen Blätter
horizontal gestrichelt
sind, angebracht. Je-
ner wird vonvierwenig
verzierten Vierpässen,
dieser von vier Kreisen
unterbrochen, von de-
nen der eine ein aus
H. A. F. zusammen-
gesetztes Monogramm
und 1.629 zeigt. Man
darf wohl annehmen,
daß sich das Mono-
gramm auf den Be-
sitzer oder Schenk-
geber bezieht und die
Jahreszahl die der
Entstehungszeitangibt.
Auf dem Hauptteil
der Wandung sind in
13 einfach gestalteten, in Stichbogen gcschlossenen Nischen
Christusund die 12 Apostel mit den Unterschriften „Salvator'S
„S. Petrus“ usw. gestochen. Außerdem ist auf der Vorder-
seite der Deckelkuppel eine wohl lediglich auf eine
spätere Besitzänderung hinweisende Inschrift: „C. A.
Rütschel 1760“ angebracht.
So vereinen sich hier Technik, Form und Verzierung
zu einem einheitlichen, kraftvollen, geschlossenen und doch
reichen Kunstwerke, das ein beredtes Zeugnis von der
Höhe des sächsischen Zinngießerhandwerks in der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts zu geben vermag.
Auf dem Henkel sind kurz unterhalb des Scharnieres
die drei liicr (Fig.2) in doppelter Größe abgebildeten Marken
eingeschlagen. Wenn diese auch, da sie stark verdrückt
sind, in Wirklichkeit nicht so klar wie in der Zeichnung
erscheinen, so kann doch über das, was sie bedeuten
sollen, kein Zweifel herrschen.
Die Marke a muß als Stadtmarke angesprochcn
werden. Das bekannte Bergmannszeichen, Schlägel und
Eisen gekreuzt, führt eine größere Anzahl erzgebirgischer
Städte teilweis in Verbindung mit anderem im Wappen.
Mit Vorliebe haben nun die in solchen Städten ansässigen
Zinngießer dies ihnen besonders willkommene Schild-
zeichen zunächst allein
angewandt, dann aber,
als unliebsame Ver-
wechselungen vor-
kamen, irgendwelche
Unterscheidungsmerk-
male hinzugesetzt. So
fügt man z. B. in Alten-
berg noch eine Krone
bei, inGeysing 2Sterne
und einen Kräl (eine
Art Rechen der Hütten-
leute), in Annaberg,
Schneeberg, Marien-
berg, Johanngeorgen-
stadt, Thum u. a. Buch-
staben. Wann dies
geschah, läßt sich im
einzelnen schwer be-
stimmen. Wahrschein-
lich ist, daß sich das
Genannte im großen
ganzen 1708 ein-
gebürgert hatte.
In welcher Stadt
sich unser 1629 ent-
standener, nach Mit-
teilung des früheren
Besitzers aus der
Amtshauptmannschaft
Dippoldiswalde stam-
mender Krug an-
gefertigt worden ist,
hat sich bis jetzt mit
Sicherheit nicht nach-
weisen lassen. Ich
nahm früher an, daß Schlägel und Eisen ohne Beizeichen
als Stadtmarke für Glashütte gebraucht wurde, eine Ver-
mutung, die mir durch Altenberger und Dippoldis-
waldaer Zinnsammler bestätigt worden war.
Die kursächsische Zinngießerverordnung, die 1614
landesherrlich bestätigt wurde, bestimmte, daß unter andern
die Glashütter Zinngießer der Dresdner Kreisinnung unter-
stellt sein sollten. Man hat also damals Vorsorge ge-
troffen, fiir den Fall, daß hier Zinngießer ansässig wurden.
Ob dies indessen wirklich geschehen ist, darüber sind
mir neuerdings Zweifel gekommen. Jedenfalls gibt es
in Sachsen verschiedene Städte, die wohl für Zuteilung
Fig. 1. Sächsischer Apostelkrug von 1629.
Höhe 25 cm, oberer Durchmesser 14,5 cm
292
beeinträchtigte Forni des Kruges (Fig. 1) ist von beson-
derer Kraft. Sie zeigt einen auf hohem, profilierten
Standring gestellten breiten, nach oben leicht eingezogenen
Zylinder und einen Deckel, dessen äußere Hälfte hori-
zontal gestellt, dessen Mitte kuppelartig aufgetrieben ist
und mit hohem, kegelartigen Knopf schließt. Der kräftige
und weitausladende Henkel ist zweckentsprechend gebogen,
der Scharnierdrücker zweiseitig als geflügelte Halbfigur
ausgebildet. Der Zylinder mit seinem Boden ist über
einen Hoizkern gegossen und innen wie außen konisch
abgedreht. Der diesem
angesetzte Standring
dürfte aus einer Stirn-
form gegossen sein.
Die gute Wirkung
der einfachen und
durchaus materialge-
rechten Form wird
durch eine weitgehend
angewandte Gravie-
rung noch gehoben.
Am untern Teil der
Wandung und auf dem
flachen Teil des
Deckels ist je ein Fries
von leichtem Ranken-
werk, dessen Blätter
horizontal gestrichelt
sind, angebracht. Je-
ner wird vonvierwenig
verzierten Vierpässen,
dieser von vier Kreisen
unterbrochen, von de-
nen der eine ein aus
H. A. F. zusammen-
gesetztes Monogramm
und 1.629 zeigt. Man
darf wohl annehmen,
daß sich das Mono-
gramm auf den Be-
sitzer oder Schenk-
geber bezieht und die
Jahreszahl die der
Entstehungszeitangibt.
Auf dem Hauptteil
der Wandung sind in
13 einfach gestalteten, in Stichbogen gcschlossenen Nischen
Christusund die 12 Apostel mit den Unterschriften „Salvator'S
„S. Petrus“ usw. gestochen. Außerdem ist auf der Vorder-
seite der Deckelkuppel eine wohl lediglich auf eine
spätere Besitzänderung hinweisende Inschrift: „C. A.
Rütschel 1760“ angebracht.
So vereinen sich hier Technik, Form und Verzierung
zu einem einheitlichen, kraftvollen, geschlossenen und doch
reichen Kunstwerke, das ein beredtes Zeugnis von der
Höhe des sächsischen Zinngießerhandwerks in der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts zu geben vermag.
Auf dem Henkel sind kurz unterhalb des Scharnieres
die drei liicr (Fig.2) in doppelter Größe abgebildeten Marken
eingeschlagen. Wenn diese auch, da sie stark verdrückt
sind, in Wirklichkeit nicht so klar wie in der Zeichnung
erscheinen, so kann doch über das, was sie bedeuten
sollen, kein Zweifel herrschen.
Die Marke a muß als Stadtmarke angesprochcn
werden. Das bekannte Bergmannszeichen, Schlägel und
Eisen gekreuzt, führt eine größere Anzahl erzgebirgischer
Städte teilweis in Verbindung mit anderem im Wappen.
Mit Vorliebe haben nun die in solchen Städten ansässigen
Zinngießer dies ihnen besonders willkommene Schild-
zeichen zunächst allein
angewandt, dann aber,
als unliebsame Ver-
wechselungen vor-
kamen, irgendwelche
Unterscheidungsmerk-
male hinzugesetzt. So
fügt man z. B. in Alten-
berg noch eine Krone
bei, inGeysing 2Sterne
und einen Kräl (eine
Art Rechen der Hütten-
leute), in Annaberg,
Schneeberg, Marien-
berg, Johanngeorgen-
stadt, Thum u. a. Buch-
staben. Wann dies
geschah, läßt sich im
einzelnen schwer be-
stimmen. Wahrschein-
lich ist, daß sich das
Genannte im großen
ganzen 1708 ein-
gebürgert hatte.
In welcher Stadt
sich unser 1629 ent-
standener, nach Mit-
teilung des früheren
Besitzers aus der
Amtshauptmannschaft
Dippoldiswalde stam-
mender Krug an-
gefertigt worden ist,
hat sich bis jetzt mit
Sicherheit nicht nach-
weisen lassen. Ich
nahm früher an, daß Schlägel und Eisen ohne Beizeichen
als Stadtmarke für Glashütte gebraucht wurde, eine Ver-
mutung, die mir durch Altenberger und Dippoldis-
waldaer Zinnsammler bestätigt worden war.
Die kursächsische Zinngießerverordnung, die 1614
landesherrlich bestätigt wurde, bestimmte, daß unter andern
die Glashütter Zinngießer der Dresdner Kreisinnung unter-
stellt sein sollten. Man hat also damals Vorsorge ge-
troffen, fiir den Fall, daß hier Zinngießer ansässig wurden.
Ob dies indessen wirklich geschehen ist, darüber sind
mir neuerdings Zweifel gekommen. Jedenfalls gibt es
in Sachsen verschiedene Städte, die wohl für Zuteilung
Fig. 1. Sächsischer Apostelkrug von 1629.
Höhe 25 cm, oberer Durchmesser 14,5 cm
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