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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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1. Juniheft
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Bogeng, Gustav A. E.: Deutsche Buchkünstler und Buchkunstwerkstätten der Gegenwart, [1]: Buchdruckerkunst und Buchschönheiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0521

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eine Stellung ein, die sie aus einer geschichtlichen Ent-
wicklung heraus den alten Meistern näherte, denen sie
schon dadurch nahe standen, daß sie aus Gründen zu-
nächst technischer Art sich ihnen häufig verwandter
fühlen mochten als der in Maschinensälen geübten
Schnellpressenarbeit ihrer Gegenwart. Dahin war man
durchaus nicht aus archaisierenden oder romantisie-
renden Verallgemeinerungen gelangt, obschon auch
solche gelegentlich nicht fehlen mochten, sondern aus
der Erkenntnis, daß jene alt-en Meister dem Efrelement
eines jeden Buchdruckes, der Schrift, noch erheblich
verständnisvoller gegenüberstanden als eine Zeit, der
im Mechanisieren und Typisieren, nach jahrhunderte-
langen Ausgleichen, die Formensprache der Lettern
fast schon verloren gegangen war. Indem man also
bedacht blieb, ästhetisch und technisch die hier ver-
steckten alten Kunstgeheimnisse wiederzufinden, den

Eine Kunstlehre des schönen Druckens entstand in-
sofern neu, als mancherlei (meist seit der Maschinen-
druckzeit entstandene) Mißstände berichtigt und besei-
tigt wurden, als die Regelmäßigkeit bester Drucklei-
stung auch nach ihren theoretischen Gesetzen genauer
untersucht wurde. (Und bisweilen schon wieder zum
alleinseligrnachenden Dogma zu erstarren drohte.)
Nachdem dieses, das gute Stück Arbeit, auch in der
Praxis wenigstens in (einigen) Werkstätten wieder er-
reicht, durch eine allgemeine Besserung der Druck-
giite verstärkt worden war, konnte man den einzelnen
Verhältnissen eines Buches zu seinem Ganzen ein noch
genaueres Überlegen und Versuchen widmeii. Dabei
erweiterte sich der Arbeitskreis, dessen Beschränkung
vorher, um überhaupt zu einem ersten Ziele zu ge-
langen, notwendig gewesen war. Die Ausstattung, das
Bild als Teil des Werkinhaltes, als Buchschmuckmittel

Diurnale-

Breviergebete

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Auktion bei
Math. Lempertz
(P. Hanstein
und Söhne)
in Bonn

Aufbau des Buches wieder organisch-typographisch zu
gestalten, erreichte man allmählich in der Buchdrucker-
kunstübung eine Höhe, von der aus erkennbar wurde,
daß die Beseelung des Buches mit dem Geiste seines
Herstellers sein eigentliches Leben, seine Wesenheit
schafft. Die alten Meister hatten aus dieser Überzeu-
gung, die ihnen zur Werkstatt-Treue wurde, ihre Arbeit
geleistet, der bewußte Leitgedanke ihres Schaffens war
es, wenn sie recht und schlecht ein Buch druckten, in-
dessen kaum gewesen, in der Buchform die Verkörpe-
rung eines Werkes zu liefern, das dessen Urheber, den
Verfasser, und den. an den es sich wenden wollte, den
Leser, so weit zusammen führte, wie das ein Buch ver-
mag. Den Ausdruck, den ein Druckwerk für eine gei-
stige und künstlerische Schöpfung, für ein Schriftwerk,
finden kann, ihm individuell zu verleihen, war die Ab-
sicht der modernen Pressen, der sie sich, jede in ihrer
Weise, anzupassen wünschten.

und in seiner Verbindung mit dem Schriftsatz, die
alten und die neuen Druckschriften nach ihrer Fähig-
keit, die ästhetischen und psychologischen Buchele-
mente zu entwickeln, das räumlich für ein bestimmtes
Buch sinngemäße und der zeitliche Ausgleich, den es
schaffen soll (gerade solche Stilfragen sind wichtig,
wo es sich häufig darum handelt, der Vergangenheit
angehörende Werke für die Gegenwart zu beleben und
für die Zukunft zu erhalten), mancherlei andere Einzel-
heiten der Herstellung, die bisher als Kleinigkeiten
weniger beachtet wurden, jetzt aber dem geschärften
und geschulten Sinn auffielen, bekamen Wichtigkeit.
Will man das alles kurz kennzeichnen, so läßt sich viel-
leicht sagen, daß die Bestrebungen der Pressen darauf
gerichtet sind, die äußere Buchform aus der inneren
Werkform zu gewinnen, die künstlerische Individuali-
tät, auf die sich die Selbstgeltung einer Presse gründen
soll, mit aller möglichen technischen Präzision zu ver-

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