Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 3./4.1921/22
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DOI Heft:
2. Juniheft
DOI Artikel:Straus-Negbaur, Tony: Wie ich Japan entdeckte und sammelte
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großen Schreibtisches, worauf
einige Herren durch die Sei-
tentüren eintraten. Er erklär-
te den Chefs. ich würde ih-
nen einen kurzen Vortrag über
japanische Farbenholzschnitte
halten, zwecks Ausstellung
derselben im folgenden Jahre.
Und nun begannen meine
Qualen. Ich saß wie auf
einem Isolierschemel und ra-
debrechte in furchtbarem Ita-
lienisch, „was eigentlich ein
Japandruck ist“.
Wie dem nun sei, den
Herren gefiel die Sache. Je-
denfalls offerierte mir Direk-
tor Ricci einen Extra-Pavillou
in der Ausstellung. Er hatte
meinen Frankfurter Katalog
mit den Reproduktionen ge-
sehen, was ihn wohl am mei-
sten bestochen haben wird.
Aber nach vielem Hin und Her
fragte er, ob ich die Trans-
port- und Versicherungs-
spesen tragen wolle. Ich ver-
neinte. Und so endete unter
vielen Höflichkeitsbezeugun-
gen diese kurze Tragiko-
mödie.
Unter Direktor Stein-
manns Leitung fand noch im
im Jahre 1910 eine Ausstellung einiger meiner Japan-
drucke in Schwerin in Mecklenburg statt. Und Bremen
stellte 1911 noch unter Direktor Pauli einen Teil meiner
Sammlung in der Kunst-
halle aus. Ich hatte Ge-
legenheit, die neuerwor-
benen großen Franzosen
Degas, Manet u. a. m. un-
ter Führung Dir. Paulis
zubewundern. Ebenso im
Kupferstichkabinett viel
Herrliches. Eine „kleine
Passion“ Dürers ist mir
heute noch unvergessen.
Dr. Hermann Smitt, der
Arzt und Kunstfreund,
der, wie man mir
sagte, seine schönen
Handzeichnungen der
Kunsthalle schenkte, war
mir schon in frühe-
ren Jahren ein guter Be-
rater gewesen. Ich ver-
brachte anregende Stun-
den in seinem schönen
Hause in Horn bei Bre-
Torii II Kiyomasu, c. 1679, fl763
Im Jahre 1912 brachte
Berlin in seiner Ostasiatischen
Ausstellung in der Akademie
der Künste auf dem Pariser
Platz einen Teil meiner fein-
sten Blätter. Ein bekannter
Museumsdirektor hatte gesagt,
japanische Farbenholzschnitte
seien wie Neu-Ruppiner Bil-
derbogen! Das hatte man mir
berichtet. Als ich später er-
fulir, daß eben jener Herr jetzt
selber „Neu-Ruppiner Bilder-
bogen“ sammele, freute ich
mich, daß aus einem Saulus
ein Paulus geworden war.
Seit dieser Berliner Ausstel-
lung habe ich trotz vielfacher
Aufforderungen keine Japan-
drucke mehr verliehen. Aber
an dieser Stelle möchte ich
nicht vergessen zu erwähnen,
daß wenn ich in früheren Jah-
ren besuchsweise von Frank-
furt nach Berlin gekommen
war, ich nie vergeblich um
Belehrung bei Geheimrat Jes-
sen im Kunstgewerbemuseum
anklopfte.
Im Mai 1912 fulir ich nach Amerika. Als Japan-
sammlerin kam ich natürlich mit sehr großen Erwar-
tungen. Diese wurden aber im Lande der großen Mög-
lichkeiten weit, weit
übertroffen. Schon in
New-York verdankte ich
der Freundlichkeit von
Howard Mansfield die
Besichtigung seiner eige-
nen ausgewählten Far-
bendrucke, außerdem sel-
tener Korins und ande-
rer frühen Kunstwerke.
Seine Whistlersammlung
war einzigartig. Er er-
möglichte mir einen Be-
such bei Mrs. Have-
meyer. Nicht bloß herr-
liche persische Kerami-
ken, feinste Japandrucke
uud eine köstliche Bilder-
galerie ersten Ranges
konnte man da bewun-
dern. Es gab auch im
Bibliothekszimmer einige
große Rembrandt und in-
men. Ausgewählte Japan-
drucke und andere seltene
Kostbarkeiten gab es da in
Menge.
Torii II Kiyomasu, c. 1679, f 1763
Okumura Toshinobu,
f vor 1743
467
einige Herren durch die Sei-
tentüren eintraten. Er erklär-
te den Chefs. ich würde ih-
nen einen kurzen Vortrag über
japanische Farbenholzschnitte
halten, zwecks Ausstellung
derselben im folgenden Jahre.
Und nun begannen meine
Qualen. Ich saß wie auf
einem Isolierschemel und ra-
debrechte in furchtbarem Ita-
lienisch, „was eigentlich ein
Japandruck ist“.
Wie dem nun sei, den
Herren gefiel die Sache. Je-
denfalls offerierte mir Direk-
tor Ricci einen Extra-Pavillou
in der Ausstellung. Er hatte
meinen Frankfurter Katalog
mit den Reproduktionen ge-
sehen, was ihn wohl am mei-
sten bestochen haben wird.
Aber nach vielem Hin und Her
fragte er, ob ich die Trans-
port- und Versicherungs-
spesen tragen wolle. Ich ver-
neinte. Und so endete unter
vielen Höflichkeitsbezeugun-
gen diese kurze Tragiko-
mödie.
Unter Direktor Stein-
manns Leitung fand noch im
im Jahre 1910 eine Ausstellung einiger meiner Japan-
drucke in Schwerin in Mecklenburg statt. Und Bremen
stellte 1911 noch unter Direktor Pauli einen Teil meiner
Sammlung in der Kunst-
halle aus. Ich hatte Ge-
legenheit, die neuerwor-
benen großen Franzosen
Degas, Manet u. a. m. un-
ter Führung Dir. Paulis
zubewundern. Ebenso im
Kupferstichkabinett viel
Herrliches. Eine „kleine
Passion“ Dürers ist mir
heute noch unvergessen.
Dr. Hermann Smitt, der
Arzt und Kunstfreund,
der, wie man mir
sagte, seine schönen
Handzeichnungen der
Kunsthalle schenkte, war
mir schon in frühe-
ren Jahren ein guter Be-
rater gewesen. Ich ver-
brachte anregende Stun-
den in seinem schönen
Hause in Horn bei Bre-
Torii II Kiyomasu, c. 1679, fl763
Im Jahre 1912 brachte
Berlin in seiner Ostasiatischen
Ausstellung in der Akademie
der Künste auf dem Pariser
Platz einen Teil meiner fein-
sten Blätter. Ein bekannter
Museumsdirektor hatte gesagt,
japanische Farbenholzschnitte
seien wie Neu-Ruppiner Bil-
derbogen! Das hatte man mir
berichtet. Als ich später er-
fulir, daß eben jener Herr jetzt
selber „Neu-Ruppiner Bilder-
bogen“ sammele, freute ich
mich, daß aus einem Saulus
ein Paulus geworden war.
Seit dieser Berliner Ausstel-
lung habe ich trotz vielfacher
Aufforderungen keine Japan-
drucke mehr verliehen. Aber
an dieser Stelle möchte ich
nicht vergessen zu erwähnen,
daß wenn ich in früheren Jah-
ren besuchsweise von Frank-
furt nach Berlin gekommen
war, ich nie vergeblich um
Belehrung bei Geheimrat Jes-
sen im Kunstgewerbemuseum
anklopfte.
Im Mai 1912 fulir ich nach Amerika. Als Japan-
sammlerin kam ich natürlich mit sehr großen Erwar-
tungen. Diese wurden aber im Lande der großen Mög-
lichkeiten weit, weit
übertroffen. Schon in
New-York verdankte ich
der Freundlichkeit von
Howard Mansfield die
Besichtigung seiner eige-
nen ausgewählten Far-
bendrucke, außerdem sel-
tener Korins und ande-
rer frühen Kunstwerke.
Seine Whistlersammlung
war einzigartig. Er er-
möglichte mir einen Be-
such bei Mrs. Have-
meyer. Nicht bloß herr-
liche persische Kerami-
ken, feinste Japandrucke
uud eine köstliche Bilder-
galerie ersten Ranges
konnte man da bewun-
dern. Es gab auch im
Bibliothekszimmer einige
große Rembrandt und in-
men. Ausgewählte Japan-
drucke und andere seltene
Kostbarkeiten gab es da in
Menge.
Torii II Kiyomasu, c. 1679, f 1763
Okumura Toshinobu,
f vor 1743
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