nun der geistvolle Kunstschriftsteller Fechter, in dessen Dar-
stellungskunst sich auch der gründliche Philosoph Fechter spiegelt,
die Geschichte der Architektur von ihren Anfängen bis zum heu-
tigen Tage bloßlegt, regt er zu intensivem Denken über die Fragen
Raum und Form, Kunstinstinkt und Zeitgeschmack an. Und schon
aus diesem Grunde verdient sein Buch, das rnit zahlreichen guten
Abbildungen versehen ist und das er iibrigens 1916/17 in VVilna
niederschrieb, in allen den Kreisen gelesen zu werden, die der
Materie nahe stehen. Er deutet zunächst das Metaphysische in
der Baukunst der Ägypter an, die den „Kampf gegen den Raum
durchgekämpft liaben — Fechter nennt dieses interessante Kapitel
„Die Verneinung des Raurnes“ — verbreitet sich dann iiber den
„heilenischen Ausgleich“ in der Architektur, das „reine Maß“ und
die , Harmonie“, die ,,die erste Briicke zwischen Menschheit und
Natur“ geschlagen, und setzt der „produktiven antiken Welt“ das
„römische Diesseits“ entgegen, wo in der „Leere“ des Pantheons
„noch gebunden die erste Ahnung der Neuen“ ersteht. Dieses Neue
selbst bringt „die Geburt des Christentums“. Nun analysiert Paul
Fechter die Ideen der neuen Baugeschichte, besonders hinzeigend
auf die romanische Entwicklung in Deutschland. Die Gotik aber
ist ihm „der höchste Wille zum Großen in der Architektur, der je-
mals in der Welt war“, und der Typus des gotischen Baumeisters
scheint ihm „übernationai, wie die Zeit. aber in einem viel größeren
Maße, als es der auch nacli französischen Vorbildern greifende
romanische Meister war“. Dieses Kapitel von der Gotik gehört
unstreitig zu dem künstierisch Stärksten, was bisher über die Kunst
der Gotik geschrieben worden ist. Doch Fechters Ansicht über die
Baukunst der Renaissance, die ihm keine „innere Erfüllung“ be-
deutet, kann ich nicht teilen. Was er schließlich tiber die Kunst
des Barocks sagt, dessen Ende er als „das Ende der Architektur
als geftihlte Gestaltung des Raumes“ bezeiclmet, möchte ich ohne
Einschränkung unterschreiben.
D.
*
Erich Biittner: Exlibris. Erlebnisse und Erfahrungen.
Ein Verzeichnis und 75 Exlibris von den Originalplatten ge-
druckt. Friedrich K a t z Verlag, Berlin.
Erich Büttner hätte Schriftsteller werden sollen. Denn er hat
trockenen Humor, wie man das so nennt, und plaudert drauf los,
daß man fast gerührt ist. Als er 15 Jahre alt war, erhielt er für
ein Exlibris schon „15 bare Mark“. Aber das ist doch, verehrter
Herr Biittner, ein ganz großes Honorar gewesen! Als ich zehn
Jahre v o r h e r (1894) — denn 1904 stand der Exlibris-Künstler
im fünfzehnten Lebensjahre — noch lyrische Gedichte machte und
von der Conradschen „Gesellschaft“ in Leipzig fiir etliche Verse
1 Mark erhielt, war ich sehr stolz, w,eil mir nämlich damals Hans
Merian schrieb, Richard Dehmel bekätne pro Strophe auch nur
1 Mark. Ich wiirde natiirlich nicht von diesem Episödchen
sprechen wenn es liier nicht um eine amiisante Sache ginge. Ja,
Exlibris s i n d eine amüsante Sache. Sollten es wenigstens sein.
E i n e n lachenden Charakterzug miißte der Künstler im „Bücher-
zeichen“ des „Bestellers“ festhalten oder, sagen wir, einen satirisch
anmutenden Zug. Selbst das ernsteste Buch verträgt ein solches
Gesicht. Leute. die sich nicht lachen oder verzerrt sehen können,
sollen eben keine ernsten Biicher lesen. Dies also ist, meine ich,
der springende Punkt der Exlibris-Kunst. Aber ich kenne leider
nur wenige, die derlei können. Etwa den Michl Fingesten. Und
der andere. ist — Erich Biittner. Das Exlibris ist seine ureigenste
Domäne. Hier lebt er sich aus, hier sprudelt er seine Einfälle her-
aus, seine Launen, Schrullen, Humore und Witze. Ob er nun Ein-
stein verewigt oder den Leo Blech, Georg Hermann oder den
Walter von Molo. Immer ist und bleibt er der menschenfrohe,
halb spöttelnde, halb persiflierende, in allen Techniken jongiierende
und brillant expressionistelnde Erich Büttner. Man hat seine
Freude an diesem Buche, eine umso größere Freude, als uns der
Kiinstler noch „ein Alphabet Erfahrungen!“ präsentiert. Da heißt
es beim Büttnerschen Buchstaben O: „Exlibris beweisen den Kul-
turgrad ihres Besitzers für Zeit und Ewigkeit. — P.: Ein Mensch,
der Bücher liebt, kann mit einer guten neutralen Exlibris-Haus-
marke auskommen. Hat er verschiedene Exlibris, ist es besser.
Auch wenn er nicht sammelt. — O.: Zum Beispiel: Erich Büttner
hat mehr denn zwölf Exlibris in Gebrauch. Er gestattet sich trotz-
dem den berechtigten Luxus, in manches geliebte Buch noch eigens
eines direkt hineinzumalen. — R.: Was ein Exlibris kostet? Sei
getrost: die Preise fiir Kunst sind imtner noch recht billig.“
A d o 1 p h D o n a t h.
Georg Wrba von Guido Leo v. P. - S u c h e n. Mit 24 Ab-
bildungen. Umschlagzeichnung von M. S c h 1 e i n i t z.
Dresden. Bernhard Hartung Verlag 1922.
Das ist eine dankenswerte Schrift, die iiber das Leben utid
Schaffen des am 3. Januar 1872 in Miinchen geborenen Bildhauers
Georg Wrba trefflichen Aufschluß gibt. Der Verfasser schildert
ihn als einen „hervorragenden Bildner und Gestalter des Figür-
lichen“. Aber der Architekt und Bildhauer sind in Wrba „so ver-
schmolzen, daß man kaum sagen kann, wo die Grenzen des einen
und des anderen liegen“. Bevor der Bildhauer 1906 nach Dresden
ging, um Schillings Meisteratelier an der Kunstakademie zu iiber-
nehmen, war er in Berlin erfolgreich tätig gewesen. Der Ver-
fasser weist Wrba auch als Porträtisten den gebiihrenden Platz zu
und betont, daß der Künstler auch als Kleinplastiker bedeutsames
geleistet hat. Die dem Text beigefiigten Abbildungen bieten einen
willkommenen Überbiick über die Hauptwerke des Kiinstlers.
„Det? Kunftfammtct’“.
Adolph D o n a t h hat der v i e r t e n vermehrten Auflage
seiner „Psychologie des Kunstsammeln s“, die sich
jetzt im Druck befindet, den Haupttitel „D e r Kunstsammler“
gegeben, um den allgemeineren Charakter des völlig durchgearbei-
teten und um viel neues Material erweiterten Buches stärker zu
betonen. Die vierte, auch um zahlreiche neue Abbildungen ver-
mehrte Auflage von Donath’s „Der Kunstsammler. Psychologie des
Kunstsammelns“ erscheint im Herbst im Verlage von Richard Carl
S c h m i d t & Co. in Berlin.
Berfin W. 35
T. A. Kurfürft 9438
Bfinnes Hof 9
9-4
/
erßittet Angeßote
latfet ein
erftrangiger alter und
zur Beficßtigung aiis-
moderner Meifter, aucß
erwäßiter Arßeiten aiter
großer Oßjeßte
und mocferner Meifter
An= u. Verfiaufsvermittfuncj ivircfdiskret ßebandeit u. gern fjonoriert 11
1
Redaktionsschluss für das 1. Juliheft: 7. Juli. — Redaktionsschluss für das 2. Juliheft: 22. Juli.
Herausgeber u. verantwortlicher Leiter: Adolph Donath, Berlin-Schöneberg. — Verlag „Der Kunstwanderer“, G. m. b H., Berlin.
Redaktion: Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 107. — Druck: Pflaume & Roth, Berlin SW. 68.
Dp. Fpitz Goldsehmidt Dp. Vietop Wallepstein
AIIC □ NCIIE □ GCPIÄLDE □ SKULPIIIREN □ BRONZEN
B E R L I N W 35 Schöneberger Ufer 36a (Privatstraße)
475
stellungskunst sich auch der gründliche Philosoph Fechter spiegelt,
die Geschichte der Architektur von ihren Anfängen bis zum heu-
tigen Tage bloßlegt, regt er zu intensivem Denken über die Fragen
Raum und Form, Kunstinstinkt und Zeitgeschmack an. Und schon
aus diesem Grunde verdient sein Buch, das rnit zahlreichen guten
Abbildungen versehen ist und das er iibrigens 1916/17 in VVilna
niederschrieb, in allen den Kreisen gelesen zu werden, die der
Materie nahe stehen. Er deutet zunächst das Metaphysische in
der Baukunst der Ägypter an, die den „Kampf gegen den Raum
durchgekämpft liaben — Fechter nennt dieses interessante Kapitel
„Die Verneinung des Raurnes“ — verbreitet sich dann iiber den
„heilenischen Ausgleich“ in der Architektur, das „reine Maß“ und
die , Harmonie“, die ,,die erste Briicke zwischen Menschheit und
Natur“ geschlagen, und setzt der „produktiven antiken Welt“ das
„römische Diesseits“ entgegen, wo in der „Leere“ des Pantheons
„noch gebunden die erste Ahnung der Neuen“ ersteht. Dieses Neue
selbst bringt „die Geburt des Christentums“. Nun analysiert Paul
Fechter die Ideen der neuen Baugeschichte, besonders hinzeigend
auf die romanische Entwicklung in Deutschland. Die Gotik aber
ist ihm „der höchste Wille zum Großen in der Architektur, der je-
mals in der Welt war“, und der Typus des gotischen Baumeisters
scheint ihm „übernationai, wie die Zeit. aber in einem viel größeren
Maße, als es der auch nacli französischen Vorbildern greifende
romanische Meister war“. Dieses Kapitel von der Gotik gehört
unstreitig zu dem künstierisch Stärksten, was bisher über die Kunst
der Gotik geschrieben worden ist. Doch Fechters Ansicht über die
Baukunst der Renaissance, die ihm keine „innere Erfüllung“ be-
deutet, kann ich nicht teilen. Was er schließlich tiber die Kunst
des Barocks sagt, dessen Ende er als „das Ende der Architektur
als geftihlte Gestaltung des Raumes“ bezeiclmet, möchte ich ohne
Einschränkung unterschreiben.
D.
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Erich Biittner: Exlibris. Erlebnisse und Erfahrungen.
Ein Verzeichnis und 75 Exlibris von den Originalplatten ge-
druckt. Friedrich K a t z Verlag, Berlin.
Erich Büttner hätte Schriftsteller werden sollen. Denn er hat
trockenen Humor, wie man das so nennt, und plaudert drauf los,
daß man fast gerührt ist. Als er 15 Jahre alt war, erhielt er für
ein Exlibris schon „15 bare Mark“. Aber das ist doch, verehrter
Herr Biittner, ein ganz großes Honorar gewesen! Als ich zehn
Jahre v o r h e r (1894) — denn 1904 stand der Exlibris-Künstler
im fünfzehnten Lebensjahre — noch lyrische Gedichte machte und
von der Conradschen „Gesellschaft“ in Leipzig fiir etliche Verse
1 Mark erhielt, war ich sehr stolz, w,eil mir nämlich damals Hans
Merian schrieb, Richard Dehmel bekätne pro Strophe auch nur
1 Mark. Ich wiirde natiirlich nicht von diesem Episödchen
sprechen wenn es liier nicht um eine amiisante Sache ginge. Ja,
Exlibris s i n d eine amüsante Sache. Sollten es wenigstens sein.
E i n e n lachenden Charakterzug miißte der Künstler im „Bücher-
zeichen“ des „Bestellers“ festhalten oder, sagen wir, einen satirisch
anmutenden Zug. Selbst das ernsteste Buch verträgt ein solches
Gesicht. Leute. die sich nicht lachen oder verzerrt sehen können,
sollen eben keine ernsten Biicher lesen. Dies also ist, meine ich,
der springende Punkt der Exlibris-Kunst. Aber ich kenne leider
nur wenige, die derlei können. Etwa den Michl Fingesten. Und
der andere. ist — Erich Biittner. Das Exlibris ist seine ureigenste
Domäne. Hier lebt er sich aus, hier sprudelt er seine Einfälle her-
aus, seine Launen, Schrullen, Humore und Witze. Ob er nun Ein-
stein verewigt oder den Leo Blech, Georg Hermann oder den
Walter von Molo. Immer ist und bleibt er der menschenfrohe,
halb spöttelnde, halb persiflierende, in allen Techniken jongiierende
und brillant expressionistelnde Erich Büttner. Man hat seine
Freude an diesem Buche, eine umso größere Freude, als uns der
Kiinstler noch „ein Alphabet Erfahrungen!“ präsentiert. Da heißt
es beim Büttnerschen Buchstaben O: „Exlibris beweisen den Kul-
turgrad ihres Besitzers für Zeit und Ewigkeit. — P.: Ein Mensch,
der Bücher liebt, kann mit einer guten neutralen Exlibris-Haus-
marke auskommen. Hat er verschiedene Exlibris, ist es besser.
Auch wenn er nicht sammelt. — O.: Zum Beispiel: Erich Büttner
hat mehr denn zwölf Exlibris in Gebrauch. Er gestattet sich trotz-
dem den berechtigten Luxus, in manches geliebte Buch noch eigens
eines direkt hineinzumalen. — R.: Was ein Exlibris kostet? Sei
getrost: die Preise fiir Kunst sind imtner noch recht billig.“
A d o 1 p h D o n a t h.
Georg Wrba von Guido Leo v. P. - S u c h e n. Mit 24 Ab-
bildungen. Umschlagzeichnung von M. S c h 1 e i n i t z.
Dresden. Bernhard Hartung Verlag 1922.
Das ist eine dankenswerte Schrift, die iiber das Leben utid
Schaffen des am 3. Januar 1872 in Miinchen geborenen Bildhauers
Georg Wrba trefflichen Aufschluß gibt. Der Verfasser schildert
ihn als einen „hervorragenden Bildner und Gestalter des Figür-
lichen“. Aber der Architekt und Bildhauer sind in Wrba „so ver-
schmolzen, daß man kaum sagen kann, wo die Grenzen des einen
und des anderen liegen“. Bevor der Bildhauer 1906 nach Dresden
ging, um Schillings Meisteratelier an der Kunstakademie zu iiber-
nehmen, war er in Berlin erfolgreich tätig gewesen. Der Ver-
fasser weist Wrba auch als Porträtisten den gebiihrenden Platz zu
und betont, daß der Künstler auch als Kleinplastiker bedeutsames
geleistet hat. Die dem Text beigefiigten Abbildungen bieten einen
willkommenen Überbiick über die Hauptwerke des Kiinstlers.
„Det? Kunftfammtct’“.
Adolph D o n a t h hat der v i e r t e n vermehrten Auflage
seiner „Psychologie des Kunstsammeln s“, die sich
jetzt im Druck befindet, den Haupttitel „D e r Kunstsammler“
gegeben, um den allgemeineren Charakter des völlig durchgearbei-
teten und um viel neues Material erweiterten Buches stärker zu
betonen. Die vierte, auch um zahlreiche neue Abbildungen ver-
mehrte Auflage von Donath’s „Der Kunstsammler. Psychologie des
Kunstsammelns“ erscheint im Herbst im Verlage von Richard Carl
S c h m i d t & Co. in Berlin.
Berfin W. 35
T. A. Kurfürft 9438
Bfinnes Hof 9
9-4
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erßittet Angeßote
latfet ein
erftrangiger alter und
zur Beficßtigung aiis-
moderner Meifter, aucß
erwäßiter Arßeiten aiter
großer Oßjeßte
und mocferner Meifter
An= u. Verfiaufsvermittfuncj ivircfdiskret ßebandeit u. gern fjonoriert 11
1
Redaktionsschluss für das 1. Juliheft: 7. Juli. — Redaktionsschluss für das 2. Juliheft: 22. Juli.
Herausgeber u. verantwortlicher Leiter: Adolph Donath, Berlin-Schöneberg. — Verlag „Der Kunstwanderer“, G. m. b H., Berlin.
Redaktion: Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 107. — Druck: Pflaume & Roth, Berlin SW. 68.
Dp. Fpitz Goldsehmidt Dp. Vietop Wallepstein
AIIC □ NCIIE □ GCPIÄLDE □ SKULPIIIREN □ BRONZEN
B E R L I N W 35 Schöneberger Ufer 36a (Privatstraße)
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