Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 3./4.1921/22
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0574
DOI Heft:
1./2. Juliheft
DOI Artikel:Donath, Adolph: Bodes 50jähriges Amtsjubiläum
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Friedrich-Museums. Und in dieser Meinung bestärkt
uns ein gleichfalls im Katalog von 1883 wiedergegebe-
nes „Promemoria“ von „hoher Hand“, das natürlich von
Bode selbst stammte und das die Frage der Erweite-
rung der Museen betraf sowie den Gedanken „wie die
schönen Sammlungen nicht nur am praktischsten und
übersichtlichsten, sondern auch am schönsten aufge-
stellt werden können“.
Der Museumsplan Wilhelm Bodes war dank aer
erfreulichen Energie seiner Persönlichkeit schnell ge-
reift: 1897 begann man mit dem Bau des Museums und
am 18. Oktober 1904 wurde es eröffnet. Und ein Jahr
darauf ern.annte man Bode zum Generaldirektor der
Berliner Museen. Aber in dem gleichen Jahre, da der
Grundstein für das Musemu gelegt wurde, hatte Wil-
helm Bode bei seinen nur der Allgemeinheit dienenden,
weitreichenden Zielen auch die Gründung des Kaiser
Friedrich-Museums-Vereins angeregt, der für die Ent-
wicklung des Museums von größter Bedeutung werden
sollte. Die jüngste Ausstellung des Vereins*) gab
Zeugnis von seiner eminenten, künstlerisch-intensiven
Tätigkeit.
Wilhelm von Bode hat sich durch seine hin-
gebungsvolle uneigennützige Arbeit für die Berliner
Museen und für die Privatsammlungen ein unvergäng-
liches Denkmal gesetzt. Doch der Weltruhm, den er
erlangte, gilt nicht bloß dem rastlosen Museumsorgani-
sator, sondern auch dem großen Kunstkenner. Denn
Bode ist einer der ersten Repräsentanten des inter-
nationalen Kennertums und unter den Kennern selbst
wohl der populärste Name. Daß Ludwig Justi, der
Direktor der Berliner Nationalgalerie, der seit seinem
Streit mit Karl Scheffler etwas gereizt zu sein scheint,
heute nichts besseres weiß, als im Cicerone gegen
Bodes Boticelli-Buch**) in einem Tone vorzugehen,
wie man ihn bisweilen in den sogenannten Literatur-
Cafes zu üben pflegt, ist eine recht traurige Angelegen-
*) Siehe: „Der Kunstwanderer“, 2. Juniheft 1922.
**) Propyläen-Verlag, Berlin.
heit. Aber die Kunstwissenschaft darf sicli glücklich
schätzen, daß Bode dieses Buch geschrieben hat. Und
daß er es im Laufe weniger Wochen in einem Zuge
niederschrieb, ist eine Tat, die Bewunderung fordert.
Bodes Boticelli-Buch wird ebenso grundlegend
sein, wie es seine „Holländischen Studien“ sind, die er
vor 40 Jahren herausgab und die er später durch seine
glanzvolle Rembrandt-Publikation erweiterte, ebenso
grundlegend wie seine Studien zur Plastik der Renais-
sance, die in ihm überhaupt ihren Wiedererwecker hat,
ebenso grundlegend wie seine Studien über Leonardo
da Vinci, die der 76 jährige im Friihjahr 1921, wenige
Monate nach Vollendung seines „Boticelli“ in den Druck
gab.***) Während er in seinem „Boticelli“ ein ab-
schließendes Wort über den Künstler sagt, indem er
den gesamten kritischen Boticelli-Apparat heranzieht
und temperamentvoll zergliedert — der Himmel erhalte
ihm noch lange sein Temperament! — faßt er in seinem
„Leonardo“ alle die bedeutsamen Aufsätze zusammen,
die er im Laufe der Jahrzehnte über den Meister ver-
öffentlichen konnte. Er vertritt mit Recht die Anschau-
ung, daß er durch seine Arbeiten über Leonardo die
Forschung über den großen Meister „wirklich geför-
dert“ hat, „mag auch die eine oder andere Ansicht sich
mit der Zeit als nicht genügend begründet oder selbst
als irrtümlich erweisen“.
Bodes Gegner belieben oft von seinem angeblich
starren Festhalten an plötzlich ausgesprochenen Mei-
nungen zu sprechen. Wir aber glauben, daß ein so
großer Kenner wie Bode, der nicht nur bahnbrechend
war für das Berliner, sondern das g e s a m t e Muse-
ums- und Sammelwesen, auch das Recht hat, sich gehen
zu lassen, wie es ihm eben ums Herz ist. Und heute,
da er vor der Feier seiner 50 jährigen Amtstätigkeit
steht, wollen wir es wieder und immer wieder heraus-
sagen, daß der Ruhrn der Reichshauptstadt Berlin als
internationalen Kunststätte keinem andern zu danken
ist als Bode.
***) G. Grotesche Verlagsbuchhandlung, Berlin.
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uns ein gleichfalls im Katalog von 1883 wiedergegebe-
nes „Promemoria“ von „hoher Hand“, das natürlich von
Bode selbst stammte und das die Frage der Erweite-
rung der Museen betraf sowie den Gedanken „wie die
schönen Sammlungen nicht nur am praktischsten und
übersichtlichsten, sondern auch am schönsten aufge-
stellt werden können“.
Der Museumsplan Wilhelm Bodes war dank aer
erfreulichen Energie seiner Persönlichkeit schnell ge-
reift: 1897 begann man mit dem Bau des Museums und
am 18. Oktober 1904 wurde es eröffnet. Und ein Jahr
darauf ern.annte man Bode zum Generaldirektor der
Berliner Museen. Aber in dem gleichen Jahre, da der
Grundstein für das Musemu gelegt wurde, hatte Wil-
helm Bode bei seinen nur der Allgemeinheit dienenden,
weitreichenden Zielen auch die Gründung des Kaiser
Friedrich-Museums-Vereins angeregt, der für die Ent-
wicklung des Museums von größter Bedeutung werden
sollte. Die jüngste Ausstellung des Vereins*) gab
Zeugnis von seiner eminenten, künstlerisch-intensiven
Tätigkeit.
Wilhelm von Bode hat sich durch seine hin-
gebungsvolle uneigennützige Arbeit für die Berliner
Museen und für die Privatsammlungen ein unvergäng-
liches Denkmal gesetzt. Doch der Weltruhm, den er
erlangte, gilt nicht bloß dem rastlosen Museumsorgani-
sator, sondern auch dem großen Kunstkenner. Denn
Bode ist einer der ersten Repräsentanten des inter-
nationalen Kennertums und unter den Kennern selbst
wohl der populärste Name. Daß Ludwig Justi, der
Direktor der Berliner Nationalgalerie, der seit seinem
Streit mit Karl Scheffler etwas gereizt zu sein scheint,
heute nichts besseres weiß, als im Cicerone gegen
Bodes Boticelli-Buch**) in einem Tone vorzugehen,
wie man ihn bisweilen in den sogenannten Literatur-
Cafes zu üben pflegt, ist eine recht traurige Angelegen-
*) Siehe: „Der Kunstwanderer“, 2. Juniheft 1922.
**) Propyläen-Verlag, Berlin.
heit. Aber die Kunstwissenschaft darf sicli glücklich
schätzen, daß Bode dieses Buch geschrieben hat. Und
daß er es im Laufe weniger Wochen in einem Zuge
niederschrieb, ist eine Tat, die Bewunderung fordert.
Bodes Boticelli-Buch wird ebenso grundlegend
sein, wie es seine „Holländischen Studien“ sind, die er
vor 40 Jahren herausgab und die er später durch seine
glanzvolle Rembrandt-Publikation erweiterte, ebenso
grundlegend wie seine Studien zur Plastik der Renais-
sance, die in ihm überhaupt ihren Wiedererwecker hat,
ebenso grundlegend wie seine Studien über Leonardo
da Vinci, die der 76 jährige im Friihjahr 1921, wenige
Monate nach Vollendung seines „Boticelli“ in den Druck
gab.***) Während er in seinem „Boticelli“ ein ab-
schließendes Wort über den Künstler sagt, indem er
den gesamten kritischen Boticelli-Apparat heranzieht
und temperamentvoll zergliedert — der Himmel erhalte
ihm noch lange sein Temperament! — faßt er in seinem
„Leonardo“ alle die bedeutsamen Aufsätze zusammen,
die er im Laufe der Jahrzehnte über den Meister ver-
öffentlichen konnte. Er vertritt mit Recht die Anschau-
ung, daß er durch seine Arbeiten über Leonardo die
Forschung über den großen Meister „wirklich geför-
dert“ hat, „mag auch die eine oder andere Ansicht sich
mit der Zeit als nicht genügend begründet oder selbst
als irrtümlich erweisen“.
Bodes Gegner belieben oft von seinem angeblich
starren Festhalten an plötzlich ausgesprochenen Mei-
nungen zu sprechen. Wir aber glauben, daß ein so
großer Kenner wie Bode, der nicht nur bahnbrechend
war für das Berliner, sondern das g e s a m t e Muse-
ums- und Sammelwesen, auch das Recht hat, sich gehen
zu lassen, wie es ihm eben ums Herz ist. Und heute,
da er vor der Feier seiner 50 jährigen Amtstätigkeit
steht, wollen wir es wieder und immer wieder heraus-
sagen, daß der Ruhrn der Reichshauptstadt Berlin als
internationalen Kunststätte keinem andern zu danken
ist als Bode.
***) G. Grotesche Verlagsbuchhandlung, Berlin.
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