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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

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Heft 2 (Novemberheft 1930)
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Hammelsbeck, Oskar: Um das ABC heutiger Erwachsenenbildung: Fragestellung und Ansatzpunkte
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0107

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XXXXIV.

Um das ABC heutlger Erwachsenenblldung

Fragestellung und Ansatzpunkte
Von Oskar Hammelsbeck

S^st Volksbildnngsarbeit überhaupk notwendig? Und wie notwendig ist sie?
^)(Io müssen wir uns fragen, wenn wir bedenken, daß es seiL sechzig Iahren
eine groß organisierLe verbreiLende Volksbjldung gibL und im IahrzehnL nach
dem Kriege die ArbeiL in kleinen unermüdlichen Kreisen vorwärLsgeLragen
worden ist. Ist denn eine spürbare TLirkung da und sollen wir uns unab-
lässig damiL befcheiden, daß nichL der lauLe Erfolg, sondern die unsichLbare
GewalL des Geistigen ihre sülle WirksamkeiL enLfalLeL?

Ieden, der veranLworLlich in der Volksbildung stehL, muß die Frage beun-
ruhigen, ob er in seinem Schasfen die WirklichkeiL auf seine SeiLe bringL
oder ob er sich in NichtigkeiLen verlierL und die Menschen — das Volk, um
dessen Bildung es gehL — miL hineinreißL in das Unwirkliche. Wo sind heuLe
die wirklichen AnsaHpunkLe für eine kulLurveranLworLliche
VolksbildungsarbeiL?

Wir wollen nach AnLworLen für diese enLscheidende Frage suchen und dabei
feststellen, wer überhaupL ein RechL hat, „Volksbildner" zu sein. Schauen
wir uns um, woher seiL eiuem halben Iahrhundert dieses RechL geholL wird,
so finden wir es auf der Straße liegen. Auf der immer breiLer werdenden Straße
der humanistischen Bildung, die sich von ihrem Gipfel in der GoeLhezeiL wie
eine Lawine über das 19. IahrhunderL ergossen haL. Die Volksfreunde nach
1870, die den Herausfall der breiten Massen aus der Volkskultur gewahrten,
gingen an eine leichte ArbeiL, an eine Verschwendung aus zweiter Hand, indem
sie mit vollen Armen weiterreichten und verstreuten, was ihr Bildungsbesitz
aus BätererbguL geworden war. Wir wollen diese erste Haltung in der
Bolksbildung gewiß nichL Ladeln; aber heute müssen wir ganz streng scheiden
zwischen den gutmütigen oder geschäftigen LeuLen, die etwas gelernL haben
und aus ihrer GebefreudigkeiL das RechL ableiten, in die Volksbildung zu
stürzen, uud den anderen, denen aller gute Wille zu dieser Tugend an der
wirklichen Erfahrung zerbrochen ist. Wir müssen in der Bolksbildung be-
greifen lernen, daß sie nichL im Ausüben geschehen kann. Alles 2lus-
übende ist unwirksam in der Bolksbildung. Auch so richtige Formulierungen,
die uns einen guten Sprung weiLergeholfen haben, wie „gestaltende" Volks-
bildung, im Gegensatz zu einer bloß verbreitenden, oder Bolksbildung als
„Bildung zum Äolk" sind als Theorien nnnütz und BermessenheiLen, wenn
danach gehandelL — ausgeübt — werden soll. Wir bleiben im AbstrakLen
und haben das KonkreLe nichL gefunden.

Nooemberheft 1930 (XXXXIV, 2)
 
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