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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

DOI Heft:
Heft 5 (Februarheft 1931)
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Rinn, Hermann: Georg Dietirch Callwen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0411

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Georg Dietrich Wilhelm Callwey f

Jn der NachL vom 2ch zum 2Z. Februar wurde der Verleger des Kunstwarks,
Georg D. W. Callwey, aus dem Leben gerufen. Am 22. Oktober i6z4 zu Hamm
in Westfalen geboren, kam er drei'ßigjährig nach München und wirkte hier seither,
rüstig, unermüdlich, schaffensfroh bis ans Ende. Seit 169/j ist fein Name unlösbar
mit den Namen Adenarius und Kunstwart verknüpft: eine Arbeits- und Geistes-
gemeinschaft von einer Jnnigkeit, die heute ihresgleichen sucht. Von all dem drang
wenig nach außen, und dieses Wenige nur gegen seinen Willen. Denn nichts scheute
er mehr als das Rampenlicht der breiten Offentlichkeit, nichts war ihm mehr zu-
wider, als das Genannt-, Gesehen-und Beschrieenwerden. Sein Verdienst aber um die
über mehr als ein Geschlecht und weit über Deutschland hinans reichende Wirkung
seiner Zeitschrift und seines VerlagS ahnt niemand, der ihm nicht nahestand. Er
hat ein Dezennium lang die härtesten Opfer für den Kunstwart gebracht. Und als,
nach dem endlichen Erfolg, wechselvolle Schicksale ihn vor schwere Entscheidungen
stellten, schwankte er keinen Augenblick, für die Sache, die er zu der seinen gemacht,
einzustehen und neue große Opfer auf sich zu nehmen. Das großmütige Vertrauen
und die Hilfe, die er dem neuen HerauSgeber bei der Umgestaltung der Zeitschrift
schenkte, wie er sie dem Freunde Avenarius geschenkt hatte, soll ihm unvergessen
bleiben. Nichtö war diesem Leben eigener als die beharrliche, unbeugsame Treue zu
sich selbst und zu seinem Werk. Er war ein echter Sohn der Roten Erde in seiner
unbedingten Zuverlässigkeit, seiner Charakterstärke, seiner schweigsamen Tapferkeit,
die ihn bis zur letzten Stunde nicht verließ. Der Mann mit den offenen, gescheiten,
grundgütigen Augen und dem entschieden geformten Westfalenkopf, mit der Ge-
diegenheit und Wahrhaftigkeit seineS Wesens, der Rechtschaffenheit und stillen
Noblesse des Herzens schien schon äußerlich auS einer seelenkräftigeren, echteren Zeit
in die unsere hereinzuragen. Er verschmähte alle Betriebsamkeit, alle Machen-
schaften. Aber es fehlte ihm nie der klare, feste Blick für die verwandelte Zeit,
noch das Bewußtsein, der Gegenwart verantwortlich zu sein. So geizte er nicht mit
Aufgeschlossenheit, Glauben, Bejahung und Wagemut und gab aus dem unver-
brauchten Schatz seiner Herkunft und Erfahrung, aus seiner sicheren, in Volkstum
und echter Deutschheit gewachsenen Menschlichkeit ein Maß von Bescheidenheit,
Opfermut und Uneigennützigkeit, das die gemeinsame Arbeit zu einem wahren Glück
werden ließ. Wir gedenken des besonnenen RechnerS, seines umsichtigen, unbestech-
lichen Verstandes, seiner Ausdauer in allen Enttäuschungen und Fährnissen, seiner
Arbeitöfreude, die ihn von früh morgens bis Lief in den Abend an den Schreibtisch
fesselte und erst recht bei guter Laune hielt.

Es ist ein schwerer Verlust für den Kunstwart und seine Sache. Aber wir hätten
ihn schlecht verstanden, wenn wir diesen Verlust nicht gefaßten Herzens trügen.
Vorbildlich und eine ernste Mahnung ist seine Auffassung, daß der Beruf des Der-
legers hohe geistige und sittliche Verpflichtung bedeute. Beispielhaft, wie er in allen
Erschütterungen an sich nicht irre wurde, wie er zu seiner Sache mit Herz und Gut
und Blut stand. Beispielhaft sein ganzes Leben und Wirken. Aber das fühlen wir allzu
schmerzlich, daß sein guter waltender Geist nur mehr als Vermächtnis unter uns ist.

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