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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

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Heft 8 (Maiheft 1931)
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Grimm, Hans: Forderung an die Literatur
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Krauss, Werner: Calderon als religiöser Dichter: Betrachtungen zu seinem 250. Todestag
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0564

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cher, daß alles, was Sache und Zusammeuhang zu versprecheu schien, die
eifrigeren Kaufer und besseren Leser auch bei uns fand. DLe Deukfchen, die nach
dem Kriege Widerßand in sich fnhlken — die AuslandsdeuLfchen und die Iugend
voran —, merkten, sie mnßLen sich jeHL selber Weg suchen, da doch alles anfge-
löst erfchien, da doch eine ParLei verneinLe, was die andere bejahLe, da die Un-
zahl ber ZeiLungen ein wundervolles Volk zum besten von ParLeiführern und zu
GelegenheiLen der BnrokraLen poliLifch und welLanfchaulich auseinander-
fchwäHLe, einen Weg zunächfi zur Überfchau, danach znr neuen kämpferifchen
EinheiL.

Ich glaube, daß von diesem Aufbruche her das LiLeraLenLum, das unser
SchrifLwerk beherrfchL und das unser SchrifLwerk spielerifch machLe, über-
wunden werden wird. SLaLL der WichLigLner in „VelleiLäLen" werden dann
Männer Bücher fchreiben, die wahrfcheinlich mehr geliebL und gehaßL und
gewiß nichL weniger leidenfchafLlich und fchwächlich gewesen sein werden zu
ihren eigenen SLunden, die aber darüber hinaus sich an die Dinge ihres
Volkes und an das große Wesen der WelL herangemachL haben und beides
nichL ließen, bis sie kämpfend von ihm gesegneL waren, und wenn es selbft ein
harLer und nichL gnadenvoller Segen wäre. 2lus solcher fchreibenden Kunft
wird dann unsere allergrößLe NvLwendigkeiL in diesen verwirrLen, chaoLifch
überhäufLen Tagen hervorgehen: die SynLhese, das Zusammendenken, die
Beziehung.

Nein, der Kunst wird hiermiL kein Zweck geseHL, sondern in der echLen Kunst
haL nie eine andere Bedeutung gelegen, als daß sie von neuem „dichLe", was
durch die MelheiL der Menfchen auseinandergeredeL, auseinandergelebL und
endlich auseinandergefchrieben wurde und was also zerflossen erfcheinL. Aber
der DichLer haL freilich eine Aufgabe, daß er durch die BerworrenheiL hin-
durchgehe und zunächst für sich zusammensehen lerne, sei er sonst fchwach oder
stark, mehr Tier oder mehr GoLL.

Calderon als religwser DichLer

Betrachtungen zu seinem uäo. TodeStag

Bon Werner Krauß

er Hinweis auf die LheaLralifche Dichtung der Spanier war eines der

'^-^wichLigsten VermächLnisse der Hamburgifchen DramaLurgie für die Zu-
kunfL unserer Schaubühne. Lessing entdeckte die Reize ihrer regellosen, doch
sinnreichen Gebilde, die aufs ergöHlichste von der „kalten EinförmigkeiL und
einfchläfernden WohlanständigkeiL" der französifchen Tragödien abftachen. Die
besonderen WachsLumsbedingungen des spanifchen TheaLers aufzuzeigen, lag
Lhm fern. Das Weltbild des Aufklärers besiHL keine zeitlichen Senkungen; es
entrollt sich an der Rampe der GegenwarL. Es versammelL vergangene
Rüstungen und exotifche Trachten auf dem KampfplaH der streitbaren Ver-
nunft. Shakespeare und Lope de Bega marfchieren als Bundesgenossen
gegen die verhaßte DikLaLur des französifchen Kunstgefchmacks.

Wenn Lessing dem spanifchen Drama eine äfthetifche AbsichL beizulegen ver-
suchte, so haL Herder die anonyme spanifche Romanzendichtung in den breiten
Strom gefchichtlichen Werdens übergeführt. Beide BeLrachLungsweisen ebne-
 
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