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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 44.1930-1931

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Heft 3 (Dezemberheft 1930)
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Muthmann, Peter: Alte und neue Jugendbücher
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Stoessel, Otto: Anna Croissant-Rust: (zum 70. Geburtstage)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8820#0235

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AnleiLung, die auch der Iugend zugänglich ist, gibt das Heftchen „Skizzieren auf
Wanderungen" von A. Rinneberg (Otto Maier).

Aber die Iugend soll nicht in technischen Interessen ersticken oder in uferloser Bastelei
versumpfen. Sie muß von der Märchenmelt und vom Spiel den llbergang zur
Menfchheit und zum Mitglied ihres VolkeS finden. Wir nennen noch drei Schrift-
steller, die dazu helfen können. Der erste ist Peter Rosegger. Wenn es je einen
Iugend- und Volksschriftsteller gegeben hat, dann ist er es getvesen. Die moralische
Kraft, die sein tapferes und toahrhaftes Gemüt ausströmt, ist ebenso groß wie die
ursprüngliche, ungekünstelte Erzählergabe, die in seinen ernsten und heiteren Werken
unablässig wirksam ist, auch da, wo es etwas umständlich und lehrhaft zugeht. Für
die Iugend gibt es eine dreibändige Auswahl „Kindheitswege des Waldbauern-
buben", „Mit Tieren und Menschen" und „Als Schneiderlein und Student"
(L. Staackmann), die unter dem Obertitel „Die schönsten Geschichten von P. R."
auS dem Gesamtwerk besonders das Anekdotische heraushebt und den Erzähler
Rosegger ins hellste Licht setzt. — Der zweite ist Albert SchweiHer mit den Schil-
derungen aus Lambarene, „Zwischen Wasser und Urwald" (C. H. Beck). Hier sind
nicht nur äußerst packende Berichte von der afrikanischen Umwelt und vom
Kampf eines vollkommen gebildeten Menschen (keines Händlers oder Abenteurers!)
mit der Natur, der Krankheit und den Unvollkommenheiten seiner Mitmenschen —
das menfchliche Gewicht des Buches, das auch der Iugendliche sofort herausfühlt, ist
ein Heilmittel gegen den gestaltlosen Weltschmerz, in den auch heute noch fast jeder
feiner angelegte junge Menfch nach gewissen Erfahrungen und Erlebnissen versinkt.
— Und dann soll die Iugend ein gutes Kriegsbuch lesen, damit daö Gedächtnis
an das, worum es igi/j—*6 ging und was ausgestanden und geleistet wurde, nicht
verfällt. Aber welches? Ich schlage Werner Beumelburg, „Sperrfeuer um
Deutfchland" vor (Stalling). Es sieht den Krieg als Ganzes, die Darstellung verzettelt
sich nicht in Einzelheiten oder auf einem bestimmten SchauplaH, sie ist kraftvoll und
würdig und voll dramatischer Spannung. Schon Fünfzehnjährige werden eindringen
können.

Wir meinen, daß die genannten Bücher die wahre Probe des guten Iugendbuches
bestehen könnten. Die könnte etwa so ausschauen: Der Weihnachtsabend ist vorüber,
die Gäste sind gegangen, die Kinder im Bett. Ganz ruhig ist es geworden, im Zimmer
nüscht sich der Duft von Süßigkeiten mit dem verbrannter Tannenzweige, draußen
steht bleich die Winterlandschaft. Vater und Mutter betrachten die Geschenke noch
einmal, sie mustern auch die Bücher; aus dem Blättern und Bilderbesehen wird
allmählich ein gespanntes Lesen — bis eines das Buch sinken läßt und das andere
anlächelt: „Ia, was liest denn du da?"... „Und du?" . . . Die Kinderbücher
konnten zu Erwachsenenbüchern werden. Peter M uthmann

Rnna Croissant-Rusi

(Zum 70. GeburtStage)

nna Croissant-Rust gehört der „Moderne" an, die zu Ende des vergangenen

'^^IahrhundertS als Naturalismus das Erdreich des Lebens und der Kunst wieder
umpflugte. Sie zählt zu den ersten dieser Bewegung, die sich jugendlich eifrig in
München unter Führung M. G. Conrads betätkgten; auch Ruederer gehörte dazu.
Als Hauptvertreter drangen alsbald die Norddeutfchen durch: Gerhart Hauptmann
und Halbe in seinen Anfängen, Liliencron und Richard Dehmel. Die persönlich und
künstlerifch grundverfchiedenen Einzelnen dieser Gesellschaft waren darin einig, daß
sie die künstlerischen, aber auch die moralifchen und sozialen Begriffe eines in Genuß
und Anspruch, in Herrfchaft und Triumph des „Reicheö" bequem gewordenen Bür-
gertums von Grund aus zu verändern fanden. Das „Makartbouquet", das Epigo-

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